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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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Zeiten hier.»
    Auf Abels Stirn bilden sich tiefe Denkfurchen. «Das würde zumindest erklären, warum ich überhaupt auf die Idee gekommen bin, ein Universum zu erschaffen. Stell dir das mal vor: allein in einem leeren Raum. Und das auch noch für die Ewigkeit. Ohne Drinks. Ohne einen Film oder ein Buch. Und ohne jemanden, mit dem man mal ein bisschen quatschen kann. Ich gehe davon aus, dass ich mich zu Tode gelangweilt habe.» Er nippt nachdenklich an seinem Scotch.
    Intelligente Psychotiker wissen, dass sie nicht alle Details ihres Weltentwurfs erklären müssen. Es reicht schließlich völlig, wenn ihnen niemand das Gegenteil beweisen kann. Aber so leicht kommt Abel mir nicht davon.
    «Schon klar», sage ich. «Ist ja auch viel passiert seit dem Urknall.» Beiläufig füge ich hinzu: «Aber an das Paradies erinnerst du dich schon noch, oder?»
    «An die ersten Menschen, meinst du?»
    Ich nicke. «Oder so. Ja.»
    «Klar», antwortet Abel prompt. «Manchmal träume ich sogar noch davon, wie ich die ersten Menschen in ihren Höhlen besucht habe. Eine traumhafte Zeit war das damals.»
    «Du warst also mit den ersten Menschen unterwegs», stelle ich betont sachlich fest. «Darf ich fragen, wie du das angestellt hast?»
    «Na ja. Wie ich es seitdem immer angestellt habe. Manchmal bin ich als Mensch aufgetaucht, manchmal in Gestalt eines Tieres.»
    «Du kannst dich also verwandeln», vermute ich.
    Abel schüttelt den Kopf. «Es ist eher so, dass ich mir die Körper … leihe.»
    «So eine Art Seelenwanderung?»
    «Könnte man so sagen», bestätigt Abel.
    «Das heißt, du wechselst regelmäßig den Körper und bist auf diese Weise seit Anbeginn der Menschheit auf der Erde?» Interessante Theorie, denke ich. Und auch schwer widerlegbar.
    «Mit kleinen Pausen», erwidert Abel. «Wobei ich nicht ausschließen will, dass ich da auch wieder ein paar Sachen vergessen habe.»
    «Und wie muss ich mir das vorstellen? Im alten Ägypten warst du Steineschlepper an den Pyramiden von Gizeh? Im revolutionären Frankreich bist du mit dem Mob zur Bastille gezogen? Und als die Titanic sank, da hast du den Leuten in die Rettungsboote geholfen? Oder wie?»
    Abel wiegt den Kopf hin und her. «Also. Im alten Ägypten war ich beispielsweise ein Schoßhündchen, dann noch ein Schreiber und später eine mehrfache Mutter. Und als die Bastille gestürmt wurde, da habe ich als Dienstmädchen bei einer Familie in Manchester gearbeitet. Der Herr des Hauses war übrigens fürchterlich zudringlich. Wo ich gewesen bin, als die Titanic gesunken ist, da muss ich mal überlegen.» Er denkt angestrengt nach. «Vergessen», stellt er schließlich fest und schüttelt fassungslos den Kopf, als könne er selbst nicht glauben, dass er sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern kann, was er in irgendeiner Aprilnacht vor rund hundert Jahren gemacht hat.
    «Aber prinzipiell liegst du richtig», fährt er fort. «Ich habe mich ein paar hunderttausend Jahre durch die Menschheitsgeschichte gehangelt wie ein Affe, der sich von Ast zu Ast schwingt. Hat viel Spaß gemacht. Leider habe ich dabei übersehen, dass irgendetwas aus dem Ruder läuft.» Abel will sich erneut nachgießen, hält plötzlich inne, stellt die Flasche zurück und schiebt sie dann mitsamt dem leeren Glas von sich. «Ich könnte jetzt ganz gut ’nen Kaffee vertragen. Was ist mit dir?»
    Ich zucke mit den Schultern. «Ja. Wär schon toll. Allerdings ist es mitten in der Nacht. Ich fürchte, dass die hier …»
    Ein Klopfen unterbricht mich. Dass uns gleich darauf ein Servicemitarbeiter der Bahn unaufgefordert zwei Tassen Kaffee serviert, müsste mich eigentlich wundern. Aber inzwischen weiß ich ja, dass Abel einen Hang zu Showeinlagen hat. Ich vermute, er hat den Bahnmitarbeiter bestochen und ihm gerade eben heimlich eine SMS zukommen lassen. So hätte ich es gemacht.
    Ich lasse Abels kleine Showeinlage bewusst unkommentiert und nippe an meinem Kaffee. Rasch verfliegt die bleierne Müdigkeit. Ein Glück, denn ich will unsere Sitzung auf keinen Fall unterbrechen. Ich habe das Gefühl, wir sind an einem sehr wichtigen Punkt angelangt. Möglich, dass wir uns dem Trauma, das Abels Psychose ausgelöst haben könnte, mit großen Schritten nähern.
    «Du sagtest eben, dass irgendetwas aus dem Ruder gelaufen ist. Was genau hast du damit gemeint?»
    «Tja. Wenn ich das nur wüsste», entgegnet Abel. «Fakt ist, dass die Menschheit den falschen Weg eingeschlagen hat. Aber ich kann dir beim besten

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