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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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Willen nicht sagen, was genau schiefgelaufen ist. Und ich weiß auch nicht, wann es schiefgelaufen ist.»
    «Manche behaupten, der Sündenfall hat die Menschen aus dem Paradies gekegelt.»
    «Ach Quatsch!» Abel schüttelt energisch den Kopf. «Ich habe niemals irgendjemandem irgendetwas verboten. Schon gar nicht, Äpfel zu essen.»
    «Der Sündenfall ist ja auch nur eine Metapher», erwidere ich. «Außerdem bist du nicht der Einzige, der glaubt, dass die Menschheit auf dem Holzweg ist. Es gibt eine Menge Organisationen, die Menschenrechtsverletzungen, Kriege, Umweltverschmutzung und andere Untaten anprangern und zu verhindern versuchen.»
    «Ich weiß», erwidert Abel. «Ich hab oft genug solche Bewegungen unterstützt. Und zwar quer durch die ganze Menschheitsgeschichte. Leider ohne Erfolg. Und jetzt frage ich mich, ob es uns weiterbringen würde, wenn wir wüssten, wann genau der Mensch das Maß für die Dinge verloren hat.»
    Er registriert mein fragendes Gesicht und ergänzt: «Ist dir das etwa noch nicht aufgefallen? Der Mensch weiß nie, wann er genug hat. Das gilt praktisch überall. Beim Essen, beim Arbeiten, beim Saufen, beim Geld. Wer ein gutes Leben hat, will ein besseres, und wer ein besseres bekommt, will ein noch besseres. Arme Schlucker wollen Millionäre werden. Und Millionäre Milliardäre. Und wer Milliardär ist, will unter den Milliardären derjenige sein, der am meisten Geld hat.» Er blickt in seine nun leere Kaffeetasse.
    «Ich hab mal gelesen, dass man mit dem Geld der in New York lebenden Milliardäre alle Obdachlosen des Big Apple zu Millionären machen könnte. Witzig, oder?»
    Auch ich nehme den letzten Schluck von meinem Kaffee. «Meinst du, wir kriegen noch so zwei Tassen?»
    «Also, ich hab noch», antwortet Abel und zeigt mir seine randvolle Tasse. Er wirft einen Blick auf den Tisch und fügt hinzu: «Aber du doch auch.»
    «Nein. Ich hab gerade …» Ich will sagen: ausgetrunken, verstumme jedoch, weil auch meine Tasse wieder bis zum Rand gefüllt ist.
    Abel nippt unschuldig an seinem Kaffee. Ich mustere ihn kritisch, was ihm nach einer Weile ein kleines Grinsen abringt.
    «Ich hätte geschworen, eine wundersame Kaffeevermehrung haut jemanden wie dich bestimmt nicht aus den Socken», sagt er. «Dieser Trick ist zwar nicht ganz so simpel, aber für einen fortgeschrittenen Zauberer wie mich durchaus machbar.»
    Er macht ein ernstes Gesicht und sieht mir nun direkt in die Augen. «Es besteht also weiterhin überhaupt kein Grund daran zu zweifeln, dass ich lediglich ein psychisches Problem habe, nicht wahr, Dr. Jakobi?»
    Seine Provokation schwebt im Raum. Schweigen.
    «Okay», sage ich, leicht gereizt. «Reden wir Klartext.»
    Abel nickt kampflustig, während ich fortfahre: «Wenn du wirklich Gott bist, warum änderst du dann nicht einfach all die Dinge, die dir gegen den Strich gehen? Du hast diese Welt doch angeblich erschaffen. Also muss es doch auch möglich sein, dass du sie ganz oder teilweise wieder abschaffst. Wo also ist dein Problem?»
    «Oh. Darf ich das als zarten Hinweis darauf verstehen, dass wir uns langsam mal meinen tatsächlichen Problemen zuwenden?», fragt Abel spitz.
    «Ich dachte, das tun wir schon die ganze Zeit», erwidere ich in etwas entspannterem Tonfall, um die Situation nicht weiter aufzuladen.
    «Mitnichten», entgegnet Abel sachlich. «Dazu müsstest du nämlich zumindest in Erwägung ziehen, dass ich die Wahrheit sage. Ich fürchte, du wirst mir nicht helfen können, wenn du meine Geschichte weiterhin nur als Teil einer Psychose begreifst.»
    Intelligenten Psychotikern ist praktisch jedes Mittel recht, ihrem Weltbild Geltung zu verschaffen. Ich hab das schon in anderen Fällen erlebt. Insofern kommt Abels Bitte für mich nicht völlig überraschend.
    Er lehnt sich zurück und schaut aus dem Fenster. Ich folge seinem Blick, nippe an meinem Kaffee und betrachte die umherwirbelnden Flocken. Der Schneefall ist stärker geworden.
    Wir schweigen eine Weile.
    «Ich soll also ernsthaft glauben, dass du Gott bist», stelle ich fest.
    «Du sollst es nur in Erwägung ziehen. Mehr nicht», antwortet Abel. «Ich meine, da draußen gibt es eine Menge Leute, die an mich glauben, obwohl sie deutlich weniger Indizien für meine Existenz haben als du.»
    «Ich bin Wissenschaftler», erwidere ich. Der Satz war als wirksame Verteidigung gedacht, klingt jedoch wie eine faule Ausrede.
    Abel bemerkt es. «Wissenschaftler», wiederholt er süffisant. «Soso. Und was weiß man

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