Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
Vom Netzwerk:
«Du begleitest mich doch diesmal, oder? Ich verspreche dir auch, dass ich die Flüge vom ehrlich verdienten Geld deines Vaters bezahlen werde.»
    Mutter ist nun wieder ganz die Alte. Mit der ihr eigenen Selbstverständlichkeit hat sie sich gerade zum Oberhaupt der Karibikmission erklärt.
    Ich überschlage kurz, dass die Anwesenheit eines Psychologen angesichts der komplizierten Familienzusammenführung in Havanna hilfreich sein könnte. Andererseits will ich Abel jetzt nicht im Stich lassen, schließlich habe ich mein Wort gegeben, ihm zu helfen.
    «Ich muss hier noch ein paar Dinge regeln», antworte ich. «Außerdem sollten wir nicht riskieren, dass die Polizei Jonas auf die Spur kommt. Ich glaube zwar nicht, dass sie dich beschatten. In meinem Fall wäre ich mir da allerdings nicht so sicher.»
    «Liefert Kuba denn überhaupt aus?», will Mutter wissen. Gerade klingt sie wie eine professionelle Fluchthelferin.
    «Eigentlich nicht, aber es soll ja schon vorgekommen sein, dass Leute verschleppt werden, damit man sie in einem anderen Land vor Gericht stellen oder einbuchten kann. Ich habe keine Ahnung, wie viele Feinde Jonas sich mit seinen Betrügereien gemacht hat. Aber wenn ich bedenke, dass es um drei Milliarden geht, dann werden es nicht wenige sein.»
    Mutter nickt ernst. «Da ist was dran», sagt sie.
    «Ich besuche ihn einfach, wenn Gras über die Sache gewachsen ist», schlage ich vor. «Kann ein paar Wochen dauern, aber wir haben ja Zeit.»
    «Wann, glaubst du, wird die Presse Wind von dem Fall bekommen?», fragt sie, diesmal im Tonfall einer hartgesottenen Anwältin.
    Ich zucke mit den Schultern. «Sehr bald, vermute ich.»
    «Gut», sagt sie entschlossen und klappt die Fotoalben zu. «Ich kümmere mich um die Reisevorbereitungen, und du treibst diese Hanna auf.»
    Hanna aufzutreiben klingt leichter, als es ist. Sie geht nicht ans Handy, leider kann man ihr aber auch keine Nachricht hinterlassen.
    Am späten Nachmittag habe ich ihre Nummer so oft gewählt, dass ich sie bereits auswendig kenne. Gegen Abend beschleicht mich eine seltsame Ahnung. Ich erinnere mich an Abels Rat, auf mein Bauchgefühl zu hören, und beschließe, zu jenem Haus zu fahren, auf dessen Dach ich Hanna gesehen habe. Wenn sie in einer anderen Welt Selbstmordgedanken hegt, wer sagt dann, dass das in diesem Leben anders ist?
    Es dauert fast zwei Stunden, bis ich das betreffende Haus gefunden habe. Die Straßen in diesem Stadtteil ähneln sich, außerdem war es dunkel, als Abel mich hierhergebracht hat.
    Mit klopfendem Herzen erreiche ich die Tür zum Dach. Rein logisch betrachtet ist es äußerst unwahrscheinlich, dass ich Hanna tatsächlich hinter dieser Tür antreffe. Ich drücke die Klinke herunter und öffne. Ein lautes Knarren. Im gleichen Moment erstarre ich.
    Hanna. Sie steht am Rande des Daches. Das Knarren der Tür hat sie aus ihren Gedanken gerissen. Wir schauen uns direkt in die Augen, und ich kann ihre bleierne Traurigkeit sehen. Ein kleiner Schritt nur trennt sie vom dunklen Abgrund. Ihr Mantel flattert im Wind.

[zur Inhaltsübersicht]
    Gott ruft
    «Tun Sie es bitte nicht», rufe ich flehentlich und strecke Hanna ganz langsam meine Hand entgegen.
    Sie scheint mich anzusehen, doch ihr Blick ist in die Ferne gerichtet. Ich weiß nicht einmal, ob sie meine Anwesenheit bereits bemerkt hat. Ist sie vielleicht betrunken? Oder hat sie Drogen genommen? Sie wendet sich ab und schaut wieder in die Tiefe.
    «Ich weiß, wo Jonas ist. Und ich kann Sie zu ihm bringen», sage ich und warte ab, ob meine Worte irgendeine Reaktion bewirken.
    Eine Weile, die mir wie eine Ewigkeit vorkommt, geschieht nichts. Dann streckt sie, ohne mir den Kopf zuzuwenden, langsam ihren linken Arm aus, als würde sie nach meiner Hand greifen wollen. Da ich einige Meter von ihr entfernt stehe, werte ich das als Aufforderung, näher zu kommen.
    Vorsichtig gehe ich auf sie zu, den Arm ausgestreckt und bereit, ihre Hand zu ergreifen. Es weht ein eiskalter Wind hier oben. Außerdem ist es spiegelglatt. Überall unter dem Schnee lauern gefrorene Wasserlachen. Eine falsche Bewegung oder ein unüberlegter Schritt könnten ausreichen, um das Gleichgewicht zu verlieren.
    Ich muss mich überwinden, immer weiter zum Rand des Daches vorzurücken. Als ich endlich ihre Hand erreiche, zittern mir die Knie.
    «Kommen Sie jetzt bitte ganz vorsichtig zu mir», sage ich.
    Sie verharrt kurz, dann wird ihr Händedruck fester. Im selben Moment reißt sie mich mit einer Kraft, die

Weitere Kostenlose Bücher