Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)
setzen, Jakob?»
Ich nehme Platz, sie ergreift meine Hand.
«Es tut mir leid», sage ich nach einem kurzen Schweigen. «Ich wollte es dir schonend beibringen, aber …»
Mit einem Kopfschütteln bringt sie mich zum Verstummen. «Schon gut, Jakob. Du musst mir nichts erklären. Ich bin froh, dass ich diese Reise gemacht habe, sonst würde ich bestimmt noch immer glauben, dass Jonas ein ehrlicher Mann ist.» Sie kann ihre Enttäuschung nicht verbergen. «Als ich vor der Baustelle stand, wo eigentlich sein Luxusapartment hätte sein müssen, da dachte ich noch, dass ich einen Fehler gemacht habe. Aber nachdem sich die Adresse seiner Bank als Schnellrestaurant entpuppt hatte, da war mir klar, dass an deiner Geschichte was dran sein musste.» Mit einer raschen Handbewegung wischt sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
So geknickt wie jetzt habe ich sie seit Vaters Tod nicht mehr erlebt. Dabei ist es eines ihrer eisernen Prinzipien, nie eine Schwäche zu zeigen. Sie hasst nichts auf der Welt mehr, als bemitleidet zu werden.
Ich spüre, dass ich ebenfalls den Tränen nahe bin, und versuche deshalb, mich zweckoptimistisch zu geben. «Mutter, ich weiß zwar nicht genau, warum Jonas das gemacht hat, aber ich glaube, dass er unter einem immensen Druck stand», fabuliere ich wild drauflos, um meinen missratenen Bruder zu verteidigen. «Hört man doch immer wieder, dass Investmentbanker tricksen müssen, damit sie ihre Jobs nicht verlieren.»
Was ich mir da zusammenphantasiere, klingt ein bisschen so, als müssten sämtliche Investmentbanker auf diesem Planeten mit gestohlenen Milliarden jonglieren, um nicht in der Gosse zu landen. Das ist natürlich eine maßlose Übertreibung, aber wenn die eigene Mutter in einem emotionalen Ausnahmezustand schwebt, dann heiligt der Zweck die Mittel. Das würden sogar einige namhafte Psychologen unterschreiben. Gerade will ich deshalb mit meiner Verteidigungsrede fortfahren, da trifft mich ihr nächster Satz wie ein Hammerschlag.
«Er hat es ganz sicher auch meinetwegen getan», sagt sie leise.
«Wie … wer … jetzt?», frage ich überfordert.
«Jonas. Er hat ganz sicher auch meinetwegen getrickst», erklärt sie mit sichtlichem Unbehagen. «Die Sache ist die: Dein Vater hat zu Lebzeiten zwar ganz gut verdient, aber er hat mir auch keine Reichtümer hinterlassen. Ich versuche trotzdem, sein Andenken zu bewahren, indem ich meinen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachkomme. Das ist leider nicht ganz billig. Außerdem verschlingt dieses Anwesen Unsummen. Als vor ein paar Jahren das Dach erneuert werden musste, da hätte man allein von den Reparaturkosten bequem eine hübsche Wohnung kaufen können.»
«Jonas hat dir Geld geliehen», stelle ich verdattert fest.
«Geschenkt ist wohl der richtige Begriff. Es war uns beiden klar, dass ich es ihm nie würde zurückzahlen können. Aber er wollte partout verhindern, dass ich das Haus verliere. Er weiß, wie viel es mir bedeutet.»
«Hast du ihm das Haus etwa überschrieben?», frage ich in der bangen Erwartung, dass sie nun nickt.
Sie sieht mich mit einen halb fragenden und halb strafenden Blick an.
«Ich will das nicht wissen, weil ich mir um mein Erbe Sorgen mache», erkläre ich. «Ihr solltet beide endlich mal begreifen, dass mir Geld nicht wichtig ist. Aber ich war dabei, als ein paar schwerbewaffnete Beamte Jonas’ Wohnung auf den Kopf gestellt haben. Sein gesamter Besitz wird beschlagnahmt. Und die Suche nach seinem Vermögen hat gerade erst begonnen. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis man dieses Haus ebenfalls einkassiert.»
Sie wirkt erstaunt. «Ich habe es ihm angeboten», sagt sie. «Sogar mehrmals.» Rasch fügt sie hinzu: «Das hätte ich natürlich auch noch mit dir besprochen. Aber Jonas wollte das Haus nicht. In diesem Punkt ließ er überhaupt nicht mit sich reden. Er wollte, dass ihr beide eines Tages das Anwesen erbt. Und er hat außerdem immer gesagt, dass es eine gute Reserve ist, falls alles anders kommt, als man denkt.»
«Es scheint so, als hätte er gewusst, dass sein System eines Tages auffliegt», stelle ich fest. «Dein Jüngster ist ein richtiges Schlitzohr.»
Sie nickt und muss nun doch ein wenig lächeln.
«Weißt du, wohin er sich abgesetzt hat?», fragt sie.
«Kuba», erwidere ich. «Aber ich habe keine Ahnung, wo genau er sich da herumtreibt. Vielleicht war es auch nur eine Zwischenstation, und er ist längst sonst wo auf der Welt.»
«Hast du Kontakt zu ihm?»
Ich
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