Und hinter dir die Finsternis
den Büros der Staatsanwaltschaft auf, nachdem die übrigen Mitarbeiter schon längst nach Hause und ins Wochenende geeilt waren. Als Krause den Anruf erhielt, hatte sie Moran gebeten, die Fallakten von Susan Althorp herauszusuchen. Sie wollten noch einmal die Aussagen durchgehen, die Botschafter Althorp zu dem Zeitpunkt des Verschwindens seiner Tochter gemacht hatte.
Der Botschafter hatte Krause angerufen, um ein Gespräch nachgesucht und gesagt, er könne erst so spät kommen, weil sein Anwalt ihn begleiten würde.
»Wir haben es immer für möglich gehalten, dass er es gewesen sein könnte«, sagte Moran, »obwohl es nicht sehr naheliegend schien. Aber nachdem seine Frau jetzt tot ist, hat er vielleicht das Bedürfnis, ein Geständnis abzulegen. Denn warum sollte er sonst seinen Anwalt mitbringen wollen?«
Pünktlich um acht Uhr wurden Althorp und sein Anwalt in das Zimmer der Staatsanwältin geführt. Krauses erster Eindruck war, dass Althorp krank aussah. Die rötliche Gesichtsfarbe, die sie von ihrer letzten Begegnung in Erinnerung hatte, wirkte nun eher teigig, das ganze Gesicht schien eingefallen.
Er sieht aus wie jemand, der gerade einen Faustschlag in den Magen bekommen hat, dachte sie.
»Meine Frau wurde zu Grabe getragen«, begann Althorp unvermittelt. »Ich kann sie nicht länger beschützen. Nach der Beerdigung habe ich meinen Söhnen etwas anvertraut, was ich zweiundzwanzig Jahre lang für mich behalten habe. Daraufhin hat einer von ihnen mir erzählt, was Susan ihm an Weihnachten vor ihrem Tod anvertraut hatte, und diese neue Information wirft alles Bisherige über den Haufen. Ich glaube, dass es einen furchtbaren Justizirrtum gegeben hat, und ich trage meinen Teil der Verantwortung dafür.«
Krause und Moran starrten ihn an. Verblüfftes Schweigen herrschte im Raum.
»Botschafter Althorp möchte eine Aussage machen«, sagte sein Anwalt. »Sind Sie bereit, Sie aufzunehmen?«
77
ELAINE LIESS KEINERLEI Bemerkung über die Veränderungen im Wohnzimmer fallen, was ich so interpretierte, dass sie ihr nicht besonders zusagten. Sie bewahrte tapfer Haltung, obwohl ich mir vorstellen konnte, wie es in ihrem Inneren aussah. Noch vor einem halben Jahr wusste sie nicht einmal, dass ich existierte. Sie hatte die fünf Jahre, die sie mit Peters Vater verheiratet war, in diesem Haus gelebt, und nach dessen Tod war sie geblieben und hatte das Regiment geführt, bis Peter Grace Meredith geheiratet hatte. Jetzt gehörte es mir.
»Damals hat sich alles verändert. Mrs. Elaine ist in das andere Haus umgezogen, und Mr. Peter hat uns gebeten, zurückzukommen«, hatte Jane Barr mir erzählt. »Mrs. Grace Carrington hat die Leute vom Personal, die sie besonders mochte, in die New Yorker Wohnung mitgenommen. Dort wohnte und amüsierte sie sich eigentlich die meiste Zeit. Obwohl es also eine neue Hausherrin gab, hatte Mrs. Elaine eigentlich immer noch das Sagen hier im Herrenhaus, auch wenn sie gar nicht mehr hier wohnte.«
In den Jahren, die auf Graces Tod folgten, war Elaine de facto wieder zur Hausherrin des Anwesens geworden. Und dann war ich aufgetaucht und hatte alles verdorben.
Ich war mir darüber im Klaren, dass sie Peters nächststehende Angehörige wäre, wenn es mich nicht gäbe. Folgerichtig
wäre es nur natürlich gewesen, wenn er sich Trost suchend an sie gewandt hätte, als er ins Gefängnis musste. Und Peter war großzügig.
Vincent Slater verhielt sich äußerst kühl mir gegenüber, vielleicht hatte er aber auch Angst vor mir. Ich war mir da nicht sicher. Entweder war er der Ansicht, ich hätte Peter hintergangen, indem ich Nicholas Greco engagiert hatte, oder er befürchtete, dass Greco etwas herausfinden würde, was ihn belasten könnte. Greco hatte die Möglichkeit einer »unheiligen Allianz«, wie er es genannt hatte, zwischen Vince und Barr angedeutet. Ich hatte noch keine Zeit gefunden, über diese Möglichkeit nachzudenken.
Ich muss zu Richard Walkers Gunsten sagen, dass er derjenige war, der den Abend rettete. Er unterhielt uns mit Anekdoten aus der Zeit, als er Anfang zwanzig war und bei Sotheby’s arbeitete, und erzählte von dem älteren Kunstkenner in London, der ihn jetzt eingestellt hatte. »Es ist wirklich ein unheimlich netter Kerl«, sagte Richard, »und der Zeitpunkt für diesen Schritt ist geradezu ideal. Ich kann aus dem Mietvertrag für die Galerie aussteigen und kriege sogar noch einen Zuschlag, weil ich die Räume sofort aufgebe. Derweil kümmert sich ein Makler um
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