Und hinter dir die Finsternis
Verschwinden ihrer Tochter zu untersuchen.«
»Sie können davon ausgehen, dass zumindest in Englewood jeder davon gehört hat«, entgegnete Walker.
»Sind Sie oft in Englewood, Mr. Walker?«
»Ich weiß nicht genau, was Sie unter ›oft‹ verstehen. Ich wohne in Manhattan, in der East Seventy-third Street. Wie Sie sicherlich wissen, besitzt meine Mutter Elaine Carrington ein Haus auf dem Anwesen der Carringtons, und ich bin dort öfter zu Besuch. Daneben fährt sie auch häufig nach Manhattan.«
»Waren Sie an dem Abend, an dem Susan Althorp verschwand, auf dem Anwesen der Carringtons?«
»Ich war auf der Party, zusammen mit etwa zweihundert anderen Leuten. Drei Jahre zuvor hatte meine Mutter den Vater des jetzigen Peter Carrington geheiratet. Der eigentliche Anlass für die Party war, dass Carrington senior damals siebzig wurde. Er war sehr empfindlich, was den großen Altersunterschied zwischen ihm und meiner Mutter betraf – sechsundzwanzig Jahre, um genau zu sein –, daher wurde die Party nicht zum Geburtstagsfest erklärt.« Walker hob eine Augenbraue. »Wenn Sie nachrechnen, werden Sie feststellen, dass der alte Carrington sich ganz auf junge Frauen spezialisiert hatte. Er war neunundvierzig, als Peter geboren wurde. Peters Mutter war also auch sehr viel jünger als er.«
Greco nickte und blickte sich um. Walkers Büro war nicht besonders groß, doch es war geschmackvoll eingerichtet mit einem blau-rot gestreiften Sofa, cremeweißen Wänden und einem tiefblauen Teppich. Das über dem Sofa hängende Bild, auf dem alte Männer abgebildet waren, die um einen Tisch saßen und Karten spielten, gefiel ihm weit besser als die Ansichten von Elend und Verkommenheit, die er in der Galerie gesehen hatte. In einer Eckvitrine standen mehrere Fotos von Walker auf dem Polo-Spielfeld sowie ein silberner Teller mit einem Golfball in der Mitte und einer eingravierten Inschrift. »Ein Hole-in-one?«, fragte er und deutete mit dem Finger auf den Teller.
»In Saint Andrew’s«, antwortete Walker nicht ohne Stolz.
Greco registrierte, dass sich Walker in Erinnerung an diese Heldentat sichtlich entspannte, was genau in seiner Absicht lag. Er lehnte sich zurück und sagte: »Ich versuche, mir eine ungefähre Vorstellung von der Persönlichkeit Susan Althorps zu bilden. Was hatten Sie für einen Eindruck von ihr?«
»Nun ja, zunächst muss ich sagen, dass ich sie nur oberflächlich gekannt habe. Sie war damals achtzehn oder neunzehn. Ich war vierundzwanzig, hatte eine Vollzeitstelle bei Sotheby’s und wohnte in der Stadt. Außerdem, um ganz aufrichtig zu sein, war ich nicht besonders gut auf den Ehemann meiner Mutter, Peter Carrington IV., zu sprechen, was im Übrigen auf Gegenseitigkeit beruhte.«
»Worüber sind Sie aneinandergeraten?«
»Aneinandergeraten wäre zu viel gesagt. Er bot mir einen Einsteigerjob in einer Maklerfirma an, die ihm gehörte. Dort könnte ich nach einer Weile richtig Geld verdienen, statt von der Hand in den Mund zu leben, meinte er. Als ich das Angebot ablehnte, hat er mir das sehr übel genommen.«
»Ich verstehe. Haben Sie Ihre Mutter dennoch häufiger besucht, als sie in seinem Haus lebte?«
»Natürlich. Jener Sommer vor zweiundzwanzig Jahren war sehr warm, und es gab jede Menge Poolpartys. Meine
Mutter liebte es, Leute einzuladen. Ihre Freunde waren regelmäßig bei ihr zu Gast. Peter und Susan studierten beide in Princeton, und ihre Freunde von der Uni waren ebenfalls häufig da. Ich wurde normalerweise aufgefordert, noch ein oder zwei Gäste mitzubringen. Es war eine schöne Zeit.«
»Wurden Peter und Susan für ein Paar gehalten?«
»Sie sind ziemlich oft zusammen ausgegangen. Ich hatte den Eindruck, dass sie gerade dabei waren, sich ineinander zu verlieben, oder besser gesagt, dass er sich in sie verliebte.«
»Sie meinen, es war eher eine einseitige Geschichte?«, hakte Greco in freundlichem Ton nach.
»Ich meine gar nichts. Sie war anderen gegenüber sehr aufgeschlossen und kontaktfreudig. Peter ist eher ein stiller Typ. Doch wenn ich an den Wochenenden zu Besuch kam, war sie praktisch immer da, spielte Tennis oder lag am Pool.«
»Haben Sie am Abend der Party im Carrington-Haus übernachtet?«
»Nein. Ich war früh am nächsten Morgen zu einem Golf-Vierer verabredet und bin nach dem Dinner gegangen. Den sich anschließenden Tanz habe ich ausgelassen.«
»Susans Mutter ist felsenfest davon überzeugt, dass Ihr Stiefbruder für den Tod ihrer Tochter verantwortlich ist.
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