Und hinter dir die Finsternis
Halten Sie das für möglich?«
Eine Spur von Verärgerung lag in Richard Walkers Blick, als er Greco direkt ins Gesicht schaute. »Nein«, entgegnete er knapp.
»Und Grace Carrington? An dem Abend, an dem sie ertrank, waren Sie ebenfalls zu Gast bei den Carringtons. Meines Wissens waren Sie sogar derjenige, der bei dem Dinner gefeiert werden sollte, nicht wahr?«
»Peter war sehr oft verreist. Grace war eine sehr gesellige Frau und hasste es, allein zu sein. Sie lud immer Leute zum Essen ein. Als ihr zu Ohren kam, dass ich demnächst Geburtstag hätte, beschloss sie, das Dinner an jenem Abend zu meiner Geburtstagsfeier zu erklären. Wir saßen nur zu
sechst am Tisch. Peter kam erst dazu, als der Abend sich bereits dem Ende zuneigte. Er kam gerade aus Australien, und sein Flug hatte Verspätung.«
»Soviel ich weiß, hat Grace an diesem Abend viel getrunken.«
»Grace hat immer viel getrunken. Sie hatte schon einige Entziehungskuren hinter sich, aber es hat nie sehr lange vorgehalten. Als sie dann nach acht Jahren Ehe endlich schwanger wurde, haben wir uns alle Sorgen gemacht, dass das Kind Schaden nehmen könnte.«
»Hat nicht irgendjemand an jenem Abend versucht, sie vom Trinken abzuhalten?«
»Sie war eine Meisterin darin, ihr Trinken zu kaschieren. Die Leute dachten, sie würde Mineralwasser trinken, dabei war es reiner Wodka. Als Peter nach Hause kam, hatte sie schon ordentlich einen sitzen, und das hat ihn natürlich rasend gemacht. Aber als er ihr das Glas aus der Hand riss, es auf den Teppich ausleerte und sie anbrüllte, versetzte ihr das doch einen ziemlichen Dämpfer. Ich erinnere mich, dass sie, als er die Treppe hinaufstürmte, gesagt hat: ›Das war’s dann wohl. Die Party ist aus.‹«
»›Die Party ist aus‹ könnte auch mehr bedeuten als nur das Ende einer Party«, warf Greco ein.
»Ganz richtig. Grace sah sehr traurig und müde aus. Meine Mutter und ich waren die Letzten, die gegangen sind. Grace sagte noch, sie würde sich ein bisschen auf die Couch legen. Ich glaube, sie wollte einer weiteren Konfrontation mit Peter aus dem Weg gehen.«
»Haben Sie und Ihre Mutter sich gemeinsam verabschiedet?«
»Ja, wir sind zum Haus meiner Mutter hinübergegangen. Am nächsten Morgen hat die Haushälterin angerufen. Sie war völlig aufgelöst, weil sie gerade die Leiche gefunden hatte.«
»Glauben Sie, dass Grace Carrington unglücklich in das Becken gestürzt ist oder Selbstmord begangen hat?«
»Auf diese Frage kann ich nur so antworten: Grace wollte dieses Kind und sie wusste, dass Peter es auch wollte. Ist es überhaupt denkbar, dass sie sich unter diesen Umständen das Leben nehmen wollte? Nein, es sei denn, sie wäre endgültig verzweifelt über ihre Unfähigkeit, mit dem Trinken aufzuhören, und hätte panische Angst bekommen, dass sie ihr ungeborenes Kind bereits geschädigt haben könnte.«
Nicholas Grecos Stimme klang noch eine Spur freundlicher, als er in beiläufigem Ton fragte: »Glauben Sie, dass Peter Carrington wütend genug war, um beim Tod seiner Frau etwas nachzuhelfen, vielleicht nachdem sie auf der Couch bewusstlos geworden war?«
Diesmal war er sich ganz sicher, dass der ärgerliche Ton in Richard Walkers Stimme nur vorgetäuscht war: »Das ist nun wirklich absolut lächerlich, Mr. Greco.«
Das ist nicht das, was er sich wirklich denkt, überlegte Greco, als er sich von seinem Sessel erhob. Aber es ist das, was ich glauben soll .
8
PETER CARRINGTON UND ICH heirateten in der Lady Chapel der St. Patrick’s Cathedral, wo vor dreißig Jahren meine Mutter und mein Vater ihre Ringe tauschten.
Ironischerweise ist ausgerechnet Maggie der Katalysator gewesen, der uns zusammengebracht hat.
Der Empfang zugunsten des Alphabetisierungsprojekts auf dem Anwesen der Carringtons war ein großer Erfolg. Das Haushälterehepaar, Jane und Gary Barr, hatten in Zusammenarbeit mit mir und der Catering-Firma für einen perfekten Ablauf gesorgt.
Elaine Walker Carrington und Peters Stiefbruder Richard setzten sich groß in Szene und versprühten vornehmen Charme bei der Begrüßung der Gäste. Ich war überrascht, wie unähnlich sich Mutter und Sohn in ihrem Aussehen waren mit Ausnahme dieser wunderbaren Augen. Irgendwie hatte ich erwartet, dass Elaine Carringtons Sohn ein bisschen wie Douglas Fairbanks junior aussehen würde, aber davon konnte keine Rede sein.
Vincent Slater war allgegenwärtig, hielt sich jedoch im Hintergrund. Meine unstillbare Neigung, immer alles herausfinden zu
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