Und hinter dir die Finsternis
müssen, brachte mich dazu, die verschiedensten Hypothesen darüber aufzustellen, durch welchen Umstand er wohl mit Peter zusammengekommen war.
Vielleicht war er der Sohn von jemandem, der für Peters Vater gearbeitet hatte. Schließlich war ich selbst die Tochter von jemandem, der für Peters Vater gearbeitet hatte. Oder ein Freund vom College, dem man angeboten hatte, im Familienunternehmen anzufangen. Schließlich hatte auch Nelson Rockefeller seinem Zimmergenossen in Dartmouth, einem Stipendiaten aus dem Mittleren Westen, ein solches Angebot gemacht. Der Mann wurde am Ende Multimillionär.
Als der Abend begann, sagte ich zunächst ein paar einleitende Sätze und übergab dann das Wort an Peter. Nichts an seinem Verhalten deutete auf den großen Druck hin, unter dem er stehen musste, als er die Gäste willkommen hieß und über die Wichtigkeit unseres Alphabetisierungsprojekts sprach. »Es ist eine gute Sache, für diesen Zweck Geld zu spenden«, sagte er, »aber es ist genauso wichtig, dass Menschen – Menschen wie Sie und ich – sich freiwillig melden und ein bisschen Zeit opfern, um anderen zu helfen, lesen zu lernen. Wie Sie vermutlich wissen, bin ich sehr viel auf Reisen unterwegs, doch ich würde mich gern auf meine Weise als Freiwilliger für das Programm einsetzen. Ich schlage also vor, den heutigen Abend zu einem jährlich wiederkehrenden Ereignis in meinem Haus zu machen.« Als die Menge Beifall klatschte, wandte er sich zu mir: »Wären Sie damit einverstanden, Kathryn?«
War das der Augenblick, an dem ich mich in ihn verliebte, oder war es schon vorher um mich geschehen gewesen? »Das wäre wunderbar«, antwortete ich, und mein Herz schmolz dahin. Gerade an diesem Tag hatte wieder ein kurzer Artikel im Wirtschaftsteil der New York Times gestanden, in dem die Frage aufgeworfen wurde: »Muss Peter Carrington demnächst seinen Hut nehmen?«
Peter streckte mir seinen erhobenen Daumen entgegen und ging, lächelte im Vorbeigehen den Leuten zu, gab ein paar von ihnen die Hand und verschwand im Flur, der zu
seiner Bibliothek führte. Ich bemerkte jedoch, dass er sie nicht betrat. Ich vermutete, dass er entweder über die hintere Treppe dem Trubel zu entkommen suchte oder sogar das Haus ganz verließ.
Ich war den ganzen Tag über in und außerhalb des Hauses unterwegs gewesen, um die Leute von der Catering-Firma und dem Blumengeschäft bei ihren Vorbereitungen zu überwachen und darauf zu achten, dass beim Umräumen der Möbel nichts beschädigt oder zerkratzt wurde. An diesem Tag schloss ich Freundschaft mit dem Ehepaar Barr. In der Mittagspause saßen wir bei einer Tasse Tee und einem schnellen Sandwich in der Küche, und sie erzählten mir von Peter Carrington, so wie sie ihn von früher kannten: von jenem zwölfjährigen Jungen, der nach dem Tod seiner Mutter auf das Elite-Internat Choate geschickt wurde, vom zwanzigjährigen Princeton-Studenten, der immer wieder wegen des Verschwindens von Susan Althorp verhört wurde, vom achtunddreißigjährigen Ehemann, dessen schwangere Frau tot im Schwimmbecken gefunden wurde.
Es war zu einem nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Hilfe zu verdanken, dass der gesamte Abend reibungslos und zur Zufriedenheit aller verlief. Ich wartete, bis die letzten Gäste sich auf den Weg gemacht hatten, alles geputzt und aufgeräumt und die Möbel wieder an ihren Platz gerückt waren, bevor ich mich auf den Heimweg machen wollte. Peter tauchte nicht wieder auf, obwohl ich bis zuletzt darauf hoffte, und in Gedanken grübelte ich schon über eine Möglichkeit nach, wie ich ihn bald wieder zu Gesicht bekäme. Ich hatte keine Lust, so lange zu warten, bis es Zeit wurde, den Empfang des nächsten Jahres zu planen.
Doch dann, unabsichtlich und ganz bestimmt gegen ihren Willen, brachte Maggie uns zusammen. Ich hatte sie zum Empfang gefahren, daher wartete sie natürlich auf mich, um mit mir wieder nach Hause zu fahren. Doch als Gary Barr uns an der Haustür verabschiedete, blieb sie mit der
Schuhspitze an der leicht erhöhten Schwelle hängen, stürzte und schlug hart auf dem Marmorfußboden des Vestibüls auf.
Ich schrie auf. Maggie ist für mich Mutter, Vater, Großmutter, Freundin und Mentorin zusammen. Sie bedeutet mir alles. Und sie ist dreiundachtzig Jahre alt. In den letzten Jahren mache ich mir zunehmend Sorgen um sie, da ich der unausweichlichen Tatsache ins Auge blicken muss, dass sie nicht unsterblich ist. Auch wenn ich weiß, dass sie noch einiges an Gegenwehr leisten
Weitere Kostenlose Bücher