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Und immer wieder Liebe Roman

Titel: Und immer wieder Liebe Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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Papier, von gelesenen Büchern und dem Staub, der sie bedeckt. An den roten Damasttapeten siehst du das Ölbild von J.P.M.: Er ist ein massiger Mann, der in seinem Frack irgendwie zugeknöpft aussieht. Er hat buschige Brauen, Augen wie Kohle und eine Nase, die an eine knollige Kartoffel erinnert (der mitleidige Künstler hat sie in einer zarten Fleischfarbe gemalt). Wir wandern weiter ins Ostzimmer, wo Hunderte Folianten hinter feinen Eisengittern verschlossen stehen. Wir steigen die kleine Holztreppe in die dritte Galerie hinauf und fühlen uns dort oben wie in einer Theaterloge, die von den Tropfen des herrlichen Kronleuchters erhellt wird. Ich denke an die Scala und Giuseppe Piermarini, an die Leidenschaft, der wir all das zu verdanken haben, an die Langlebigkeit der Materialien, die dem Traum Gestalt verleihen. Marmor, Holz, Metall, Gips. Und schau: Mitten im Raum steht ein gewaltiger Kokon aus schneeweißem Leinen, der Tausende Bücher einhüllt und daneben Dutzende blauer Leinenschachteln, die von den Kuratoren der Morgan Library erfasst wurden. Der Holzboden mit seinen Mosaikintarsien muss das gesamte Gewicht dieses kollektiven
Wissens tragen. Die Sammlungen wurden für uns Architekten nicht auseinandergerissen, man hat sie hier vor J.P.M.s Marmorkamin aufgestapelt, vor dem Kamin des Mannes, den eine übergroße Nase in Melancholie hat versinken lassen. Wir steigen die Wendeltreppe hinab wie Morgan und stehen in einem Tresor aus Leder und Pergament, Papier und Tinte. Der Kokon, der nie zu wachsen aufhört, ist hier, um sich von einem Architekten bestaunen zu lassen, der nie der Faszination der Bücher erlegen ist. Bis er eine Buchhandlung betrat.
    Spürst Du meinen Kuss auf der rechten Schulter?
    Federico
     
    P.S. Hinter dem Gitter, rechts vom Schreibtisch, habe ich ein wenig zwischen den Büchern geschnüffelt, die noch verpackt werden müssen. Der erste Name, auf den ich auf dem Rücken eines ledergebundenen Buchs gestoßen bin, war Emma von einer gewissen Jane Austen.
     
     
    Was für ein genussreicher Vormittag! Bevor ich ins Geschäft kam, hatte ich auf der Post meine papierene Ausbeute gesichert. Im Laden habe ich den Brief schnell gelesen und dabei ein Brioche verschlungen; später werde ich ihn mir noch einmal in Ruhe zu Gemüte führen. Ich war mit ihm in der Morgan Libraryund habe den riesigen Kokon bewundert, der Kodizes und kostbare Bücher wie Schätze schützt (wie gut ich den alten J. P. M. verstehe!). Nicht einmal über Federicos Formulierung »eine gewisse Jane Austen« konnte ich mich empören: Seine Ignoranz zeigt doch nur, wie folgenlos die von Alice so heftig beschworene virtuelle Welt tatsächlich ist. Ich lasse mich in die englische bergère sinken, lege meine Füße auf den Sitzpuff und widme mich den spitzen
Bögen, in denen mein Name sorgsam auf einen safranfarbenen Umschlag geschrieben ist. Zwischen all den Rechnungen war er mir sofort ins Auge gefallen.
     
    Sehr geehrte Frau Emma,
    ich bin mittlerweile zu alt, um mich um meine Bibliothek zu kümmern. Vor einigen Tagen habe ich einen Artikel über Ihre Buchhandlung gelesen und war erstaunt über das elegante Ambiente auf der Fotografie. Es hat mich an die Schriftstellerin Liala erinnert, die mich viele Jahrzehnte lang zum Träumen gebracht hat. Viele Leute sind der Ansicht, dass sie Literatur für dumme Frauen schreibt, das weiß ich wohl. Ich bin ihr aber auch nach all den Jahren noch dankbar, die seit jenen über den Seiten verträumten Nachmittagen vergangen sind, und es macht mich traurig, mir vorzustellen, wie ihre Romane auf dem Flohmarkt landen. Da kam mir die Idee, dass Lust&Liebe vielleicht das ideale Zuhause für sie wäre. Ich würde sie Ihnen natürlich schenken, müsste Sie aber bitten, die Bücher abholen zu lassen. Ich komme kaum noch heraus und könnte sie auch gar nicht transportieren, obwohl mir das einen Besuch in Ihrer schönen Buchhandlung ermöglichen würde.
    Mit bestem Dank im Voraus für eine Antwort,
    Angela Donati
     
     
    »Das kauft heute doch niemand mehr – also wirklich, Romane von Liala! Wo sollen wir die denn hinstellen? Der Laden platzt aus allen Nähten.«
    »Wir könnten einen Nostalgiewinkel einrichten, da würde die Sammlung von Signora Donati sich gut machen. Unter dem Motto: ›Zwei Mal gelesen, doppelt geliebt‹. Wie könnten wir ein so höfliches Angebot ablehnen?«

    »In den Schlampenwinkel stellen wir dann auch noch Carolina Invernizio: zwei sympathische Alte, die an die ewige Liebe

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