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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Martin mit hinein in diesen Irrsinn! Du bringst ihn dazu, einen Meineid zu schwören, zu lügen, du, du …«
    Martin stand langsam auf. Er sagte, die Augen ins Leere gerichtet, ruhig und sehr deutlich: »Es wird keine Lüge sein, Tilly. Es wird kein Meineid sein.
Ich bin wirklich der Vater von Heinz

    Tilly taumelte gegen eine alte Kommode zurück.
    »Was … was?« krächzte sie.
    Es ist das Aufbegehren gegen eine lebenslange Bevormundung, dachte Valerie. Sie hat ihm nun einmal zu oft gesagt, daß er lebensuntüchtig, verloren und hilflos ist ohne ihren Schutz. Er will es nicht mehr hören.
    Er will beweisen, was er tun kann –
ohne sie!
Welch ein Glück ich habe …
    »Jawohl!« rief Martin Landau, plötzlich verblüffend sicher und entschlossen. »Jawohl, ich bin der Vater von Heinz! Ich habe Paul mit Valerie betrogen!«
    »Du hast …« Tilly hielt sich eine Hand vor den Mund.
    Triumphierend rief ihr Bruder:
»Betrogen!
Damals, in dem Jahr, bevor Heinz geboren wurde, war Paul doch dauernd verreist. Wir liebten uns schon lange …«
    »
Du
hast Valerie geliebt?«
    »Jawohl, das habe ich! Und sie mich. Wir wußten es, seit sie schwanger wurde, daß ich der Vater sein
mußte!
Valerie hatte immerhin die größte Mühe, Paul von seinem Argwohn abzubringen! Es ist ihr nie ganz gelungen. Bis zuletzt, bis zu seiner Emigration, hatte Paul Zweifel. Er hat sie oft ausgesprochen, ihr gegenüber …« Martin Landau improvisierte wild drauflos.
    Beide Frauen starrten ihn nun an.
    Mein Gott, dachte Valerie, mein Gott, wer kann sagen, daß er einen anderen Menschen kennt?
    Martin schrie seiner entsetzten Schwester ins Gesicht: »Mein Sohn ist Heinz! Und das sage ich jetzt vor Gericht! Und das beschwöre ich jetzt, damit du es weißt! Und damit du noch etwas weißt: In dieser Sache lasse ich mir nicht das Geringste von dir vorschreiben,
nicht das Geringste!
Das bin ich Heinz schuldig! Diese Sache geht allein Valerie und mich und unsern Jungen an! Hast du verstanden?« Er schwieg erschöpft, aber mit einem Ausdruck wilder Entschlossenheit im Gesicht.
    Ottilie Landau wurde blaß. Sie sah ihrem Bruder fest in die Augen. Er erwiderte den Blick ohne zu blinzeln. Endlich wandte Tilly den Kopf zur Seite. Sie konnte nicht fassen, was da geschehen war. Martin, dieser Angsthase, dieser Neurotiker, dieser ewig geängstigte Mann, der des Nachts schrie vor Furcht in seinen Träumen –
das
sollte Martin sein? Ihr Bruder war das, der da vor ihr stand?
    »Martin …«, begann Valerie, doch er unterbrach sie streng: »Sei ruhig! Tilly mußte es einmal erfahren. Jetzt weiß sie es. Und jetzt weiß sie, was ich tun werde. Sie muß sich damit abfinden. Ich werde mit dir um unseren Sohn –
jawohl, um unseren Sohn! –
kämpfen. Kämpfen werde ich, bis wir gesiegt …« Er preßte plötzlich eine Hand an das Herz, taumelte zu seinem Stuhl zurück und ließ sich schwer darauffallen.
    »Die Tropfen«, stöhnte er. »Schnell!«
    Tilly rannte davon.
    Valerie sprang auf und stützte den nach Atem Ringenden, der abgehackt flüsterte: »Keine Angst … auf … mich … kannst du … rechnen … eisern …«

21
    »Ein Anfall eben«, sagte Martin Landau. »Ging vorüber, natürlich. Ich hatte schon so viele. Ich bin sicherlich bereits hundertmal fast gestorben. Man gewöhnt sich daran.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Zehn nach fünf. Es tut mir leid, Herr Aranda, aber ich muß zurück in die Buchhandlung. Schnell. Sie wissen doch … Tilly …«
    »Natürlich.« Manuel erhob sich mit ihm. Die Sonne war untergegangen, im Salon des Appartements wurde es dämmrig. Der Ostwind hatte nachgelassen. Vereinzelt fielen schon wieder Schneeflocken. »Ich danke Ihnen sehr, Herr Landau.«
    »Keine Ursache. Das ist ein guter Treffpunkt«, sagte der kleine Buchhändler, während Manuel ihm in den Mantel half. »Ich komme wieder hierher und erzähle weiter.«
    »Wann?«
    »Tja, morgen ist Samstag, da geht es nicht. Sonntag auch nicht. Aber Montag immerhin! Montag, wieder um drei?«
    »Sehr gut.« Manuel berührte die Schulter des zierlichen Mannes. »Ich muß mich bei Ihnen entschuldigen, Herr Landau.«
    Der kicherte.
    »Weil Sie mich für einen feigen Schwächling gehalten haben? Entschuldigen Sie sich nicht. Ich bin ein feiger Schwächling! Nur damals … ja, das war immerhin die beste Zeit in meinem Leben, dieser Prozeß! Damals war ich einmal,
einmal
in meinem Leben anders!« Er sagte leise: »Valeries wegen … und dann … Wissen Sie, ich

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