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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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umsonst …«
    Und immer noch und immer wieder die verschiedenen Versionen über den Verbleib des Jungen, dachte Manuel. Was ist wahr, was ist Lüge? Nora Hill hat Valerie Steinfeld erzählt, Heinz sei nach Los Angeles geflogen, um dort zu studieren. Und ihr Mann hätte in England eine andere Frau geheiratet …
    Manuel fragte: »Und Paul Steinfeld? Was geschah mit dem? Wissen Sie das auch?«
    »Ja«, sagte Tilly Landau. »Das weiß ich auch …«

59
    »Wydalo mi sie, ze swiat – obojetny dotad na moje sprawy – zwrocil …« erklang eine junge Frauenstimme aus dem Lautsprecher des großen ›Minerva 405‹. Ohne Decke über sich und dem Apparat, saß Valerie Steinfeld auf dem Sofa des Teekammerls. Sie hatte BBC ziemlich laut eingestellt. Martin Landau rumorte vorne im Laden, der wegen der Mittagspause noch geschlossen war. Man schrieb den 18. Mai 1945, es war 13 Uhr 20, und in Wien hatte bereits vor mehr als zwei Monaten ein herrlicher Frühling begonnen. Sommerlich warm war es auf den Straßen, zwischen Ruinen und Trümmern blühten Sträucher, Bäume und viele Blumen. Schon der Kampf um Wien war bei solch herrlichem Wetter zu Ende gegangen. In größter Eile hatte man die Toten, Zivilisten, deutsche und russische Soldaten, dazu viele Pferdeleichen, in den Parks vergraben müssen, denn sie verwesten rasch. Valerie war sehr mager, ihr Rücken leicht gekrümmt. »… sie nagle ku mnie«, sprach die junge Frauenstimme, dann wurde sie leiser, und während sie weiter ertönte, erklang jene Männerstimme, die Valerie Steinfeld seit Jahren mit klopfendem Herzen hörte, die Stimme, die Paul zu ihr brachte, ihren einzigen Trost in den schweren und dunklen Jahren, die hinter ihr lagen bis zu der bangen Gegenwart, in der sie ohne Nachricht von Heinz lebte, ohne zu wissen, ob er noch existierte, ob er verwundet, gefangen, getötet worden war.
    In dieser Sendung der BBC redeten viele Stimmen in vielen Sprachen. Reporter des Senders waren in Deutschland unterwegs gewesen und hatten zwei Dutzend von den Millionen Flüchtlingen und Zwangsverschleppten interviewt, welche nun über die Landstraßen zogen. Die Aufnahmen waren nach London gebracht und zusammengestellt worden. Valerie lauschte dem Stimmenbabel, denn immer wieder, nach den ersten Worten eines Fremden, ertönte die Stimme ihres Mannes, der, während der Interviewte leise weitersprach, seine Worte übersetzte, wie auch jetzt: »Es war, als hätte die abgekehrte Welt sich umgewandt und würde mich plötzlich ansehen. Das Grün auf den Wiesen war in eine jähe Helle gerückt, als sei es aus einem Hintergrund hervorgekrochen …«
    Draußen klopfte jemand lange und laut gegen die verschlossene Eingangstür, Valerie hörte es deutlich. Dann erklang Martins Stimme. Er rief etwas. Das Klopfen ging weiter. Valerie kümmerte es nicht. Sie lauschte der Stimme ihres Mannes: »Die Rinde der Baumstämme begann silbern zu leuchten …«
    Im Verkaufsraum ertönte das Glockenspiel. Martin hatte also die Eingangstür geöffnet. Jetzt hörte Valerie ihn und einen Fremden sprechen.
    Immer noch lauschte sie der Stimme aus London, die übersetzte, was die junge Polin sagte: »Der Himmel war nicht mehr fern. Er hatte sich in warmer Vertrautheit seiner Erde zugekehrt, belichtete ihre Weiten, beschattete ihre Gründe, folgte dem Flug der Vögel und trat in die Kelche der Blumen ein. Es war die Freiheit …«
    Während der letzten Worte hatte Valerie Schritte näherkommen gehört. Nun blickte sie auf. Im Eingang des Teekammerls stand ein sowjetischer Offizier.
    Der Russe nahm seine Tellerkappe ab und verbeugte sich. Er war knapp vierzig Jahre alt und hatte ein ernstes Gesicht mit großen, dunklen Augen.
    Valerie drehte den Tonregler des Apparates zurück, so daß die Stimme aus London ganz leise wurde, und stand auf.
    »Der Herr Major will dich unbedingt sofort sprechen«, erklärte Martin Landau, hinter dem Russen stehend, die linke Schulter hochgezogen, sehr unruhig. »Er sagt, es ist dringend.«
    »Ja, es ist dringend.« Der Offizier sprach fließend deutsch mit russischem Akzent. »Ich heiße Mossjakow, Frau Steinfeld. Ich habe in der deutschen Abteilung von Radio Moskau gearbeitet. Jetzt bin ich als Kontrolloffizier bei Radio Wien. Wir bauen das Sendenetz wieder auf. Ich komme gerade aus Salzburg. Dort habe ich mit amerikanischen und englischen Rundfunkoffizieren und ein paar Reportern von BBC gesprochen.«
    »Und?« Valeries Gesicht war unbeweglich wie eine Maske.
    »Einer der

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