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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Wir setzen unser Unterhaltungskonzert fort. Sie hören einen bunten Melodienreigen von Paul Lincke, Walter Kollo und Nico Dostal …«
    Ein Walzer erklang.
    »Wo willst du dich freiwillig melden?« fragte Martin Landau mit krächzender Stimme.
    »Bei der Waffen- SS ! Ich will in einen Elite-Verband!« sagte Heinz, unvermittelt scharf. »Jetzt geht es um alles bei uns, das ist euch doch klar. Jeder muß sein Äußerstes geben. Die Waffen- SS  – das war schon immer mein Traum. Hast du etwas dagegen, Onkel Martin?«
    »Ich? Aber wieso? Ich dachte nur …«
    »Na also«, sagte Heinz. »Ich danke dir noch einmal für alles, Mami.«
    Valerie gab keine Antwort. Sie starrte auf die Scherben des zerbrochenen Glases und den Wein, der in den Teppich sickerte.
    »Jesus, Maria und Josef«, stammelte die Agnes und bekreuzigte sich.

58
    »Waffen- SS !« sagte Manuel Aranda entsetzt.
    Tilly Landau nickte.
    »Mit dem Buben war nicht mehr zu reden. Kaum, daß wir ein paar Worte sagten, da fing er schon an zu schreien und zu toben. Nein, nichts zu machen. Wir gingen bald fort, mein Bruder und ich …«
    »Wie reagierte Frau Steinfeld?« fragte Manuel.
    »Sie hatte große Auseinandersetzungen mit dem Buben in den nächsten Tagen. Streit! Streit! Streit! Das war die Zeit, in der die beiden sich auseinanderlebten, damals begann das Zerwürfnis.« Tilly schlürfte ihre heiße Schokolade. »Er setzte seinen Willen durch. Schon Ende September erhielt er den Gestellungsbefehl. Er verbat sich, daß ihn jemand zur Bahn begleitete – sein Ausbildungslager war irgendwo bei Preßburg. Valerie stand am Rande eines totalen Zusammenbruchs. Sie hatte ganz zum Schluß noch einen Riesenkrach mit dem Sohn gehabt, sie waren im Bösen auseinandergegangen …«
    »Und was geschah mit dem Jungen?«
    »Nach der Ausbildung schickten sie ihn sofort an die Front. Ungarn.« Manuel fragte leise: »Und verlor er das Leben – noch in diesen letzten Monaten?«
    Tilly sah erstaunt auf.
    »Das Leben? Nein. Wieso?« Sie zuckte die Schultern. »Natürlich, die Gefahr war sehr groß. Sie können sich nicht vorstellen, wie Valerie damals litt. Heinz schrieb kaum, und zuletzt gingen seine wenigen Briefe auch noch verloren … Nein, nein, er hatte Glück, er kam durch, er entging sogar der Gefangenschaft. Seine Einheit wurde plötzlich nach Oberösterreich verlegt, an Wien vorbei. Und als in Oberösterreich die Amerikaner kamen, tauchte Heinz bei Bauern unter und versteckte sich eine Weile. Im Juni erhielt Valerie Nachricht von ihm. Er wollte nicht mehr nach Hause.«
    »Nicht mehr nach Hause?«
    »Nein. Er war doch mit der Mutter zerstritten. Wir konnten alle nicht begreifen, was diese Zeit und dieser Prozeß und dieses elende Ariertum im Kopf des Buben angerichtet hatten. Er wollte auch nicht mehr nach Wien, weil hier die Russen saßen, er fürchtete, doch noch gefangengenommen zu werden. So arbeitete er bei den Bauern, und als dann die Kanadier sagten, sie würden Einwanderer aufnehmen, meldete er sich sofort. Er wollte weg aus Österreich, weg aus Europa! Valerie bettelte ihn an, zu bleiben. Damals gab es immer Leute, die unterwegs waren und Briefe mitnahmen. Sie flehte ihn an, wieder gut zu sein. Er antwortete verbittert. Für ihn war eine Welt zusammengebrochen. Er hatte sich doch so sehr mit der deutschen Seite identifiziert, er war – schrecklich, das zu sagen – ein richtiger, fanatischer Nazi geworden, der Heinz. Und da beging Valerie dann den großen Fehler …«
    »Fehler?«
    »Sie schrieb ihm die Wahrheit. Daß alles Lügen gewesen seien. Daß er in Wahrheit ein Mischling war.«
    »Das schrieb sie ihm?«
    »Ja, so hat es mir Martin erzählt. Alles, was ich Ihnen jetzt berichte, habe ich von Martin. Er war damals immer mit Valerie zusammen im Geschäft, nicht wahr? Ich sah sie monatelang nicht. Ich mußte doch das Haus in Hietzing hüten. Und krank wurde ich dann auch. Martin, der hat mir erzählt, wie das war …« Tilly löffelte Schlagobers. »Dieser Brief von Valerie löste bei dem Buben erst den richtigen Kurzschluß aus. Denn da schrieb er der Mutter, daß er nichts mehr mit ihr oder einem von uns zu tun haben wollte! Und dann, mit einem der ersten Transporte, emigrierte er tatsächlich nach Kanada. Schrecklich, schrecklich das alles für Valerie. Noch schrecklicher: Ein Jahr später kam Heinz in Quebec bei einem Autounfall ums Leben. Valerie war zu der Zeit überhaupt kein richtiger Mensch mehr. Umsonst, was sie getan hatte, alles

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