Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
Milchglashalbkugeln über ihnen brannten.
    »Es werden bald alle Zimmer besetzt sein«, sagte die Frau mit dem schönen Gesicht voller Menschenverachtung.
    »Wo kommen diese Mädchen her?«
    »Zum Teil wohnen sie hier, zum Teil in der Stadt. Wenn ich mehr oder eine bestimmte brauche, telefoniere ich. Ich bin an einigen Nachtlokalen beteiligt. Georg holt, was verlangt wird, mit dem Wagen.«
    »Georg?«
    »Der Diener. Mein Liebhaber – Sie dachten es sich natürlich.
Nicht?
Seltsam. Schon seit sechs Jahren. Er ist einer von den Schlechten. Mit einem Dummen könnte ich es auf die Dauer nicht ertragen. Bedient mich ganz hervorragend, wirklich. Und ist völlig verrückt nach mir. Freilich, er hat schon alles gehabt, so wie er aussieht und gebaut ist. Eine Gelähmte mit Geld hatte er noch nicht. Welch ein Reiz …«
    Sie öffnete eine weitere Tür. Das Zimmer war in schwülstigstem Stil eingerichtet, vollgeräumt mit Möbeln der Jahrhundertwende. Ein großes Ölgemälde zeigte einen jungen Mann, der vor einem etwas älteren kniete. Beide waren nackt. Der Jüngere liebte den Älteren.
    »Auch dafür ist gesorgt«, sagte Nora Hill. »Ich habe selten solche Kunden, aber ich habe sie. Und auch ein paar wirklich verläßliche Knaben. Das ist wichtig. Die meisten sind doch ein erpresserisches Gesindel. Die ich habe, nicht. Verdienen sehr viel bei mir. Das ist natürlich teurer als das andere. Knaben haben mir noch nie Verdruß bereitet. Mädchen schon häufig. Ach, aber wo gibt es einen Beruf ohne Ärger?«
    Sie war weitergeeilt …
     
    »Cheerio!«, sagte Nora Hill nun und hob das Glas. Sie saß vor dem prasselnden Feuer des Kamins, Manuel gegenüber. Beide tranken. Nora Hill sagte: »Also: Ich kannte Valerie Steinfeld. Ich kannte sie gut. Ich bin in der Lage, Ihnen zu erzählen, was sie getan hat. Es ist keine Geschichte aus Tausendundeiner Nacht. Es ist eine arge, lebensgefährliche Geschichte. Was haben Sie?«
    »Wieso?«
    »Ihr Blick. Sie dachten: Umsonst wird diese Frau mir nichts erzählen!« Manuel zögerte. »Natürlich dachten Sie das. Und es stimmt auch.«
    »Ich verstehe«, sagte Manuel und stellte sein Glas hin. Ein Stück Holz im Kamin krachte laut, es klang wie ein Schuß.
    »Nein, Sie verstehen nicht, junger Freund. Keine Erpressung! Kein Geld! Ich habe genug. Auch nicht Ihre Dokumente.«
    »Was für Dokumente?«
    »Herr Aranda!« Sie sah ihn ironisch an.
    »Sie wissen …«
    »Natürlich. Aber ich sage Ihnen doch, ich will das Manuskript nicht haben.«
    »Was denn?«
    »Ich erzähle Ihnen alles, was ich von Valerie Steinfeld weiß. Ich helfe Ihnen, das Geheimnis um den Tod Ihres Vaters zu lüften. Sie müssen sich nicht …«

30
    »… auf mich verlassen, das versteht sich. Sie werden heute nacht auch nicht Valerie Steinfelds ganze Geschichte zu hören bekommen. Nicht, weil ich Sie enervieren will. Sondern damit Sie Gelegenheit haben, Stück um Stück nachzuprüfen, ob ich Ihnen die Wahrheit erzähle.«
    »Großartig macht sie das«, sagte Gilbert Grant.
    »Unser Goldkind«, sagte Fedor Santarin und spielte mit seinem Brillantring.
    Der Amerikaner und der Russe saßen in einem Zimmer, eingerichtet wie das eines kleinen Mädchens. Teddybären und Puppen lagen herum, desgleichen Spielzeug, niedliche Kleidchen, Baby-Doll-Nachthemden, bunte Haarschleifen und Kinderschuhe. Grant hatte die Füße auf einen Tisch gelegt. Die Hüftflasche voll Bourbon hielt er in der Hand. Von Zeit zu Zeit nahm er einen großen Schluck. Sein Gesicht war rot wie immer, die Augen tränten wie immer. Santarin hatte sich abends noch einmal rasiert. Er saß auf dem niederen Bettchen. Wieder sprach er höflicherweise englisch.
    Grant wischte sich den Mund ab und fragte: »Aber wird sie es auch durchhalten?«
    »Sie
muß,
Gilbert, seien Sie beruhigt. Mord verjährt in Österreich erst nach zwanzig Jahren. Wir haben noch viele Jahre Zeit.«
    Unterdessen hatte Nora Hill, die drei Zimmer entfernt von den beiden saß, weitergesprochen. Ihre Stimme kam aus einem Lautsprecher. Der hing an einem Nagel, welcher auch ein Bild von Schneewittchen und den Sieben Zwergen am Kopfende des Bettchens trug.
    »… Sie sollen sich davon überzeugen, daß es die Wahrheit ist, die ich berichte.«
    Manuel Arandas Stimme erklang: »Wie fange ich das an?«
    »Indem Sie zu all den anderen Leuten gehen, die in diesen Fall verwickelt sind, und sie auffordern,
ihre
Geschichte zu erzählen.«
    »Die erzählen nichts. Ich habe das schon versucht.«
    »Oh«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher