Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
Mosaikmustern verziert.
    Nora Hills Haus lag im äußersten Westen der Stadt, fast unmittelbar vor der Mauer des Lainzer Tiergartens. Vom Ring immer westwärts fahrend, hatte Manuel ohne große Mühe hergefunden. Er war zahlreichen Schneepflügen begegnet, auch an der Peripherie. Selbst die einsame Straße, die zu Nora Hills Villa emporstieg, war schon einmal freigeräumt worden.
    Hier gab es sehr viel freies und noch unbebautes Gelände. Prächtige Villen standen in großen Gärten. Gleich hinter ihnen begann der Wald. Nora Hills Rundbau lag in einem alten, wilden Park. Ein hoher Zaun aus spitzen Eisenstäben umgab ihn von allen Seiten. Beim Tor stand ein Gärtnerhaus. Auf Manuels Läuten hin war ein vermummter Riese aus diesem Gebäude getreten und hatte ihn nach Namen und Begehr gefragt. Danach war er in das Häuschen zurückgeschlurft.
    »Muß erst telefonieren.«
    Er kam gleich darauf wieder und öffnete die Flügel des großen Tores. »Immer geradeaus. Da vorne ist ein Parkplatz.«
    Der Parkplatz war groß und von Schnee freigeräumt. Auf ihm standen Luxuswagen mit in- und ausländischen Nummern. Manuel zählte vierzehn Autos. Als er aus dem Mercedes stieg, warf ein fauchender Ostwind, der schmerzhaft Schneekristalle in sein Gesicht schleuderte, ihn fast um. Aus der Dunkelheit erklang das mächtige Brausen des Sturms in den Bäumen des Parks. Manuel hielt sich an seinem Wagen fest und sah die Rundmauer des phantastischen Hauses an, das von vielen alten, gelbverglasten Eisenlaternen mit hohen Schneehüten umgeben wurde. Hinter der Villa erblickte er mehrere kleine Gebäude. Wohnungen der Angestellten wahrscheinlich, dachte Manuel. Der Sturm raste, Äste ächzten und knarrten, die Luft war erfüllt von vielen Geräuschen. Schnee fiel noch immer, aber nicht mehr stark. Es war sehr kalt geworden. (Clairon, auf dem Zentralfriedhof, ruhte nun schon unter einer weißen, kalten Decke von elf Zentimeter Höhe. Man sah nichts mehr von seinem Leichnam.) Der Park muß groß sein, dachte Manuel. Die letzte Villa, an der ich vorbeigefahren bin, liegt mindestens zwei Kilometer entfernt.
    »Guten Abend, Herr Aranda.«
    Manuel fuhr herum.
    Hinter ihm stand ein Mann im Smoking, der aussah wie ein Freistilringer. Er hielt einen geöffneten Schirm.
    »Darf ich mir erlauben, Sie zum Haus zu begleiten …«
    Dieses Haus …
    »Und wieder auf den Hintern!«
    Huiiitt! pfiff die Peitsche. Der Atem der schwarzhaarigen Gloria mit den Lederstiefeln, die schlug, ging nun keuchend, ihre Brüste hoben und senkten sich, das Gesicht war verzerrt. Yvonne, an das Seil gefesselt, schrie wieder auf. Der Körper bäumte sich vor.
    »Elf …«
    »Und noch einmal der Bauch!« kommandierte Nora Hill, mit der Krücke stampfend. Die Enden der Peitsche flogen durch die Luft und klatschten laut, als sie die weiße Haut trafen.
    Diesmal stöhnte das Mädchen am Seil nur noch.
    »Zwölf …«
    Dann sackte Yvonnes Kopf nach vorn, als sei sie ohnmächtig geworden. Manuel sah, schattenhaft, Bewegung auf den Fauteuils, auf den Sofas. Ein Geruchsgemisch von Zigaretten- und Zigarrenrauch, Parfüm, Erregung, Schweiß und Frauen hing schwer in der Luft.
    »Hinaus mit ihr!« sagte Nora Hill.
    Das Seil, das aus der Finsternis der Decke kam, senkte sich nun. Gleichzeitig glitt die rothaarige Yvonne zur Erde, wo sie zusammengekrümmt reglos liegenblieb. Die dunkle Gloria band ihre Fessel los. Yvonnes Arme fielen auf den Boden. Sie rührte sich nicht. Zwei Kellner in schwarzen Hosen, weißen Hemden und kurzen roten Jacken sprangen ins Licht und zerrten das nackte Mädchen zwischen sich fort – ins Dunkel. Gloria reckte sich mit weit gespreizten Beinen und vorgestrecktem Unterleib noch einmal. Als ein gelbes Licht anstelle des blauen aufflammte und die Halle heller erleuchtete, war auch sie verschwunden.
    Männer wurden von halbnackten Mädchen umschlungen, betastet, geküßt, gestreichelt. Manuel sah jetzt, daß nicht nur sie, sondern auch die Männer verschiedenen Rassen angehörten.
    In dem Moment, in dem das hellere gelbe Licht anging, trat ein hagerer Mann mit hohen slawischen Backenknochen und sehr bleicher Haut zu Manuel. Der Mann trug einen Smoking und hatte einen kleinen Schnurrbart. Sein schwarzes Haar glänzte vor Öl.
    »Herr Aranda?«
    »Ja.«
    »Mein Name ist Enver Zagon«, sagte der Mann mit stark östlich gefärbtem Deutsch. Er redete gehetzt. »Ich muß Sie sprechen! Es geht um den Tod Ihres Vaters …«
    »Was wissen Sie davon? Wer sind

Weitere Kostenlose Bücher