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Und keiner wird dich kennen

Und keiner wird dich kennen

Titel: Und keiner wird dich kennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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Tag – und ähnliche Floskeln hinaus hat er es noch nicht gebracht.
    »Wäre schon ein sehr mieses Gefühl, wenn ich Leonie, Mara und Simone nie wiedersehen könnte«, meint Lila. »Aber ich würde es überleben.«
    Maja sieht, dass in ihren Augen Tränen schimmern. In Offenbach hat Lila kaum jemanden kennengelernt, doch den Kontakt zu ihrer »Mädels-Clique« in Marburg hatte sie weiter gepflegt. Diese »Mädels«, vor allem ihre Sandkastenfreundin Leonie, die ziemlich schräge Boutiquenbesitzerin Mara und ihre ehemalige Kollegin Simone haben sie in der schlimmen Zeit so gut es ging unterstützt. Ob sie erraten werden, was geschehen ist, wenn sie gar nichts mehr von Lila hören? Oder werden sie einfach nur denken, sie sei eine schlechte Freundin?
    Maja hält noch immer ihr ausgeschaltetes Handy fest, sie denkt an all die Nummern und Adressen, die darauf gespeichert sind. Wie es wohl wäre, all diese Nummern und Adressen zu löschen? Allein der Gedanke daran ist scheußlich.
    Britta. Koray. Patrick. Jana. Martina. Cheyenne. Wie viel würde es ihr ausmachen, sie alle nie wiederzusehen? Viel. Aber sie kennt sie erst seit drei Jahren. Zur Abwechslung ist Maja froh, dass sie in Offenbach keine beste Freundin gefunden hat.
    Nur der Gedanke daran, dass sie Lorenzo aufgeben soll, reißt ihr das Herz in Fetzen. Der Brief, den sie ihm geschrieben hat, brennt in ihrer Tasche, sie hat noch keinen Briefkasten gefunden, in den sie das Ding heimlich schmuggeln könnte. Wahrscheinlich macht Lorenzo sich jetzt gerade furchtbare Sorgen, wo sie abgeblieben ist. Schon jetzt sehnt sie sich so stark nach ihm, dass es fast wehtut. Wenn sie ihn wiedersieht, wird sie jede seiner Sommersprossen einzeln küssen.
    Noch immer geht Lila im kleinen Zimmer hin und her, sie tastet nach ihren Kippen, lässt sie dann aber doch stecken. Besser so. Wahrscheinlich fliegen sie alle drei mitsamt Gepäck hochkant raus, wenn Lila hier drinnen qualmt.
    »Es wäre heftig, noch mal ganz neu anzufangen – aber ich weiß wirklich nicht mehr, was wir anderes tun sollen«, sagt Lila. Sie streift Elias mit einem Blick und sagt dann: »Elias, ich habe wirklich furchtbaren Durst, könntest du mir aus dem Bad einen Schluck Wasser holen? Becher stehen da.«
    Elias nickt und tappt auf Socken aus dem Zimmer. Grimmig blickt Maja ihre Mutter an – was genau darf Elias nicht hören?
    Etwas leiser fährt Lila fort: »Wir sind in Lebensgefahr, das müssen wir uns klarmachen. Ist dir das klar, Maja? Ich würde es nicht ertragen, wenn euch etwas passieren würde ...«
    Auf einmal begreift Maja, was er Lila vor Gericht angedroht hat. Dass er ihre Kinder töten wird ... und ihre Kinder, das sind Elias und sie. Der Gedanke hat etwas Unwirkliches.
    Schon ist Elias zurück und Lila bedankt sich lächelnd für das Wasser. Sie stürzt es herunter und sagt: »Wenn wir unsere Namen behalten, ist die Chance leider groß, dass er uns findet, auch wenn wir noch mal umziehen.« Sie legt den Arm um Elias. »Ich weiß nicht, wie er es macht. Vielleicht per Computer, ihr wisst ja, das ist sein Spezialgebiet.«
    »Wir könnten versuchen, ihn zu töten«, schlägt Elias vor, ohne eine Miene zu verziehen, und Maja und Lila bleibt der Mund offen stehen. Solche Sprüche hat Maja von ihrem Bruder noch nicht oft gehört, er ist eigentlich ein sanfter Typ – manchmal vielleicht zu sanft, um sich auf dem Schulhof zu behaupten.
    »Besser nicht, Schatz«, versucht Lila zu scherzen. »Wir bekämen Ärger dadurch.«
    Maja stellt sich vor, wie es Lorenzo gehen würde, wenn sie, seine Freundin, tot wäre. Blutüberströmt auf dem Boden, weil Robert Barsch sie mit einem Messer in der Hand vor der Schule abgefangen hat. Würde er neben ihr niederknien, ohne auf das Blut zu achten? Ihren Kopf in seinen Schoß betten? Weinen ganz sicher, Lorenzo weint auch schon bei traurigen Filmen, obwohl er sein Bestes tut, es zu verbergen.
    »Was ist eigentlich mit der Schule?«, fragt Maja.
    »Du gehst erst mal nicht mehr hin«, sagt Lila entschlossen. »Ich melde euch beide morgen krank.«
    »Scheiße!«, rutscht es Maja heraus. »Morgen ist doch Probe.« In zehn Tagen hat ihre Theateraufführung Premiere; Lorenzos Freund Cedric hat das Stück geschrieben und Maja hat eine wichtige Nebenrolle. Hatte , muss sich Maja korrigieren. Langsam wird ihr klar, dass es damit nichts werden wird. Und ihr Jugendforscht -Projekt kann sie auch abschreiben, in ein paar Tagen sind die Schimmelkulturen alle außer Kontrolle und

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