Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und kurz ist unser Leben

Und kurz ist unser Leben

Titel: Und kurz ist unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
Bandgerät hat gestreikt, und der
Text ist weg.»
    «Jede Mechanik streikt hin und
wieder.»
    «In beiden Fällen?»
    «In beiden Fällen.»
    «Sie müssen sich also ganz auf
den Diensthabenden verlassen.»
    «Genau.»
    «Atkinson?»
    «Ah... ja...»
    «Ist das nicht der, der
inzwischen nicht mehr für den Publikumsverkehr eingesetzt wird?»
    «Äh... ja...»
    «Wegen seiner Schwerhörigkeit?»
    «Das ist kein Spaß, Morse.
Schwerhörige sind bedauernswerte Menschen.»
    «Soll ich mal mit ihm reden?»,
fragte Morse mit einem merkwürdig in die Breite gehenden Lächeln.
    «Ich habe schon — ähem...»
    «Der Anrufer hat sich bei Ihnen
zu Hause gemeldet, nicht?»
    Strange rutschte unbehaglich in
seinem Sessel hin und her, dann nickte er langsam.
    «Ich denke, Sie stehen gar
nicht im Telefonbuch.»
    «Richtig gedacht.»
    «Woher hatte er dann Ihre
Nummer?»
    «Keine Ahnung.»
    «Die Nummer dürften eigentlich
nur Ihre Freunde kennen, Angehörige vielleicht...»
    «...und Leute aus dem
Präsidium», ergänzte Strange.
    «Worauf wollen Sie hinaus?»
    «Haben Sie meine Nummer?»
    Morse ging in die Diele und kam
mit einem Telefonverzeichnis aus weißem Plastik zurück. Er drückte den
Buchstaben S und hielt die Liste der Namen und Nummern seinem Vorgesetzten
unter die jetzt mit einer Halbbrille bewehrte Nase. «Hat sich nicht geändert,
oder?»
    «Am Anfang steht jetzt noch eine
5, aber das wissen Sie ja.» Strange sah den Chief Inspector scharf an.
    «Ja. Das ist bei meiner Nummer
genauso.»
    «Was meinen Sie, soll ich mein
Telefon überwachen lassen?»
    «Wäre nicht schlecht für den
Fall, dass er sich nochmal meldet.»
    «Was er bestimmt tut.»
    «Wetten, dass es ein Spinner
ist?»
    «Müsste schon ein sehr gut
informierter Spinner sein.» Strange deutete auf das Blatt, das noch bei Morse
auf der Sessellehne lag. «Einer, der genau Bescheid weiß. Ein Insider? Ein,
zwei Punkte sind nie an die Presse gegeben worden, es sind Sachen, die nur die
Polizei wissen kann.»
    «Und der Mörder», ergänzte
Morse.
    «Und der Mörder», wiederholte
Strange.
    Morse sah sich noch einmal an,
was sich Strange in einer zu seiner Figur passenden überdimensionierten
Krakelschrift notiert hatte:
     
    Anruf
1
    Die
Puppe aus Lower Swinstead — Slipp rauf und runter wie’n Jojo — jede Menge
zahlende Kunden und ein paar nicht zahlende wie mich... Weit seid ihr in dem
Fall nicht gekommen mit eurer Inkompetens. Als Vorspeise habt ihr überlegt,
ob’s einer von den Hiesigen war, als Hauptgericht habt ihr eure Zeit mit dem
Ehemann vertrödelt, und Nachtisch gab’s nicht, weil das Geld alle war, stimmt’s
oder hab ich Recht? Idioten, einer wie der andere. Nein, unterbrechen Sie mich
nicht. (Leitung plötzlich tot.)
     
    Anruf
2
    Also,
dass Sie mich diesmal nicht unterbrechen, klar? Wenn ich auch nur einen Ton
höre... Die Lady war angestochen wie’n altes Dartbrett, daran hab ich mich auch
beteiligt, und zwar nicht zu knapp, aber zu tun hab ich mit der ganzen Sache
nichts. Wolln Sie’nTipp haben? In vierzehn Tagen kommt einer aus dem Knast,
einer von den Hiesigen. Ist das deutlich genug? Damals habt ihr den Fall
vermurkst, und dass ihr jetzt noch ‘ne Chance kriegt, ist verdammter Dusel.
(Leitung plötzlich tot.)
     
    Morse sah auf und stellte fest,
dass der Blick seines Vorgesetzten noch immer unverwandt auf ihn gerichtet war.
    « schreibt
sich mit z am Ende.»
    «Heißen Dank.»
    «Und hat, soviel
ich weiß, nach wie vor nur ein p.»
    Strange lächelte grimmig. «Und
Yvonne Harrison hat, soviel ich weiß, auf dieses Kleidungsstück häufig ganz
verzichtet.» Er rappelte sich aus dem Sessel hoch. «Am Montag bei mir im Büro.
Gleich früh.»
    «Neun?»
    «Halb zehn?»
    «Halb zehn.»
    «Jetzt überlasse ich Sie wieder
Ihrem Schubert. Warum eigentlich nicht Wagner? Genau richtig für ein paar
ruhige Urlaubstage, der Ring. Besonders die Solti-Aufnahme.»
    Morse sah seinem Besucher nach,
der leise wankend zu dem frech auf dem «Parkplatz nur für Anwoner» stehenden
Dienstfahrzeug ging. (Natürlich hatte Morse den Vorsitzenden des Mietervereins
längst auf den Rechtschreibfehler hingewiesen.)
    Er schloss die Wohnungstür,
blieb einen Moment stehen und bestätigte durch ein fast unmerkliches Nicken die
schlichte Wahrheit um die Beziehung zweier Männer, die sich von ihrer besten
wie von ihrer schlechtesten Seite in- und auswendig kannten.
    Spiel, Satz und Sieg für
Strange.
    Oder doch nicht?
    Denn etwas an dem, was

Weitere Kostenlose Bücher