Und kurz ist unser Leben
Ernährung, ihren
Alkoholgenuss erzählen. Das Einzige, womit man Sie nicht hinters Licht führen
kann, ist das Gewicht.»
«Und der Blutdruck.»
Turner schenkte seiner
Schülerin ein mildes Lächeln. «Mein Vertrauen in unsere Blutdruckmessungen ist
nicht so grenzenlos wie das Ihre.»
«Aber nicht alle schwindeln uns
doch an.»
«Das nicht, nein. Aber seien
wir ehrlich — wer verstellt sich nicht hin und wieder? Wir sagen alle gern,
dass es uns großartig geht, auch wenn wir uns erbärmlich fühlen, nicht wahr?»
«Mag sein.»
«Und unsere Hauptaufgabe ist
es», erklärte Turner ruhig, aber bestimmt, «aufklärend zu wirken und unsere
Patienten anzuleiten, mit einer potenziell sehr gefährlichen Erkrankung
umzugehen.»
Sarah sagte nichts. Sie wirkte
ein bisschen deprimiert.
«Eine stattliche Zahl unserer
Patienten», fuhr er fort, «sind professionelle Lügner. Einige kenne ich seit
Jahren, und sie kennen mich. Dass wir einander beschwindeln, spielt keine
Rolle, weil wir wissen, was wir wechselseitig von unseren Märchen zu halten
haben... Aber genug davon.» Turner warf einen Blick in die vor ihm liegende
Akte. «Wie ich sehe, haben Sie für Montag David Mackenzie auf Ihrer Liste. Ich
werde dazukommen. Ich glaube, einmal hat er mir gegenüber sein korrektes
Geburtsdatum angegeben, ansonsten aber improvisiert er munter drauflos. Sie werden
Ihren Spaß an ihm haben.»
Wieder blieb Sarah stumm. Sie
schickte sich zum Gehen an, als Turner plötzlich zu einem unerwarteten Thema
wechselte. Oder war es vielleicht gar nicht so ganz unerwartet?
«Ich habe natürlich die
Zeitungsartikel gelesen... Und in der Abteilung wurde darüber gesprochen.»
Sarah nickte.
«Wäre es Ihnen sehr wichtig,
wenn sich herausstellen würde, wer Ihre Mutter umgebracht hat?»
«Ja, was glauben Sie denn?»
Das klang fast aufsässig, aber
Turner wies sie nicht zurecht. Er wusste selbst, dass es keine besonders
gescheite Frage gewesen war.
«Dann können wir nur hoffen,
dass die Zuständigen diesmal mehr Glück haben.»
«Und mehr Verstand.»
«Vielleicht geben sie diesmal
Morse den Fall.»
Sarah sah ihn voll an.
«Morse?»
«Sie kennen ihn nicht?»
«Nein.»
«Haben aber vielleicht schon
von ihm gehört?» Turner betrachtete sie forschend, und sie zögerte einen
Augenblick.
«Ich glaube, Mutter hat mal
erzählt, dass sie ihn gepflegt hat», sagte sie dann.
«Würden Sie ihn gern kennen
lernen, wenn er das nächste Mal kommt?»
«Bitte?»
«Wussten Sie nicht, dass er
zuckerkrank ist?»
«Wir haben hier jede Menge
Diabetiker.»
«Gottlob nicht allzu viele von
seiner Sorte. Er muss sich viermal am Tag eine hohe Dosis spritzen. Wie er mir
sagte, ist es ihm gelungen, die Menge so einzustellen, dass sie sich seiner
erheblichen täglichen Alkoholzufuhr genau angleicht. Und wenn ich erheblich
sage, dürfen Sie das ruhig wörtlich nehmen... Außerdem neigt er dazu, wenn er
eine Aufstellung seiner Blutzuckerwerte mitbringen soll, einfach den
derzeitigen Stand zu nehmen und rückwärts zu extrapolieren. Das kann er aus dem
Effeff.»
«Begreift er denn nicht, was
für einen Raubbau an seinem Körper er da treibt?»
«Sie können ihn ja fragen. Ich
setze ihn auf Ihre Liste.»
«Nur wenn Sie versprechen, dass
Sie dazukommen und ein bisschen aufpassen.»
«Das wäre Morse garantiert
nicht Recht.»
«Wie alt ist er?»
«Zu alt für Sie.»
«Junggeselle?»
«Kann man wohl sagen... Viel zu
unabhängig für die Ehe. Na ja, das wär’s wohl. Ich wünsche Ihnen ein schönes
Wochenende. Haben Sie was Aufregendes vor?»
«Nicht sehr aufregend, aber
wichtig. Morgen haben wir eine Sitzung in Hook Norton, im Pear Tree Inn. Wir bereiten den nächsten Protestmarsch vor.»
«Die Bewegung, die sich für die
Aufrechterhaltung ländlicher Traditionen einsetzt, nicht? Fuchsjagden...»
«Unter anderem.»
«...Leibeigene und
Herrenvolk...»
Sarah schüttelte verärgert den
Kopf. «Das sind so die Kommentare, die wir von den intellektuellen Schwätzern
in der Stadt gewöhnt sind.»
«Pardon.» Turner hob
kapitulierend die rechte Hand. «Sie haben schon Recht, ich weiß so gut wie
nichts über Fuchsjagden, und sicher kann man auch Positives darüber sagen. Aber
bitte sprechen Sie Morse nicht darauf an. Zufällig kamen wir bei seinem letzten
Besuch auf das Thema — es war in den Nachrichten gewesen —, und ich weiß noch,
was er gesagt hat.»
«Was denn?», fragte sie kalt.
«Erstens, dass er nicht viel
von dem Argument hält, dem Fuchs
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