Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und meine Seele ließ ich zurueck

Und meine Seele ließ ich zurueck

Titel: Und meine Seele ließ ich zurueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérôme Ferrari
Vom Netzwerk:
nicht, aber ich brauchte es Ihnen auch gar nicht zu sagen, nicht wahr, denn Sie wussten es ja genau, auch wenn Sie nichts davon hatten hören wollen. Es war nachts, mon Capitaine. Die Mondsichel strahlte am Sternenhimmel, ein Dromedarjunges saugte am Wegesrand der langen Wüstenstraße mit zitternd mageren Beinen an seiner Mutter. Sie hatten die Maschinengewehrschützen oben auf einem Hang sich aufstellen lassen und als die Männer der Katiba vorbeikamen, haben Sie das Feuer eröffnen lassen. Die Gruppe, die ich befehligte, hat, als sie fliehen wollten, von hinten angegriffen und wir haben ein Dutzend Gefangene gemacht. Ich habe sie gefragt, wer ihr Offizier war, sie haben auf einen Leichnam gewiesen und ich habe sie am Wegesrand auf die Knie gehen heißen. Sie haben nicht gefleht, sie haben keine Fragen gestellt. Wahrscheinlich wussten sie, dass dies das Beste war, was ihnen passieren konnte. Sie sind vornüber umgekippt, mit dem Gesicht in den Sand. Ich habe das Dromedarjunge markerschütternde Schreie ausstoßen hören. Seine Mutter war von einer Salve getroffen worden und es beugte sich zu dem großen, regungslosen Körper hinunter, es versuchte, die Zitzen zu erreichen, um noch weiterzusaugen, schaffte es aber nicht und hob seinen langen Hals Richtung Mond und schrie. Ich ließ es ebenfalls erschießen. Ich wollte es nicht Hungers sterben lassen. Als ich wieder bei Ihnen war, hatten Sie mich gefragt, wie viele Gefangene wir hätten, und ich habe Ihnen geantwortet, dass wir keine Gefangenen hatten. Ich habe noch hinzugefügt, dass ich den Leichnam des Offiziers brauchen würde, und Sie gaben mir zu verstehen, dass ich gehen möge, und hatten dabei zur Seite geschaut, als wäre das Einzige, was Ihnen wirklich wichtig war, meine Gewissheit, von Ihnen verachtet zu werden. Tatsächlich aber war ich es, der Sie verachtete, mon Capitaine, mehr denn je in jener Nacht. Am nächsten Morgen bin ich mit dem Leichnam des ALNOffiziers zurück ins Dorf und habe diesen vor den Augen der versammelten Dorfbewohner auf den Platz geworfen und zu ihnen gesagt, dass derjenige, der sie bedroht habe, tot ist und mit ihm all seine Männer, dass ich jedoch am Leben bin und allein die Lebenden zu fürchten seien. Sie haben sich der Leiche genähert und sein Gesicht betrachtet und ich schwöre Ihnen, mon Capitaine, dass ich trotz ihrer Furcht und ihrer Verzweiflung einen Augenblick lang ihre Anerkennung gespürt habe. Ich habe ihre Furcht und ihre Verzweiflung benötigt, mon Capitaine, ich habe sie benötigt, um den Sieg erlangen zu können, den man uns mit ihrer schändlichen Komplizenschaft gestohlen hatte und für den uns all diese Leute auf immer dankbar gewesen wären. Ich habe sie nicht vergessen, wissen Sie, und als mich Jahre später der Taxifahrer vor dem Saint-George fragte, wo sich das Haus meiner Familie denn befände, habe ich dieses Dorf südlich von Bechar genannt und er hat mir geantwortet, dass er nicht verstanden habe, dass es so weit entfernt gelegen sei und dass er mich nicht dorthin bringen könne, nicht wegen der Distanz, er habe bereits weitere Routen gefahren und hätte mit mir auch für mehrere Tage in den Süden fahren können, er hätte mir einen Fixpreis dafür gemacht, sondern aufgrund der Gefahr. Es gab viele Scheinabsperrungen und er sagte zu mir, dass genau in der Nähe meines Dorfes einer ganzen Hochzeitsgesellschaft, die auf den Weg nach Taghit war, die Kehle durchgeschnitten worden sei, sogar den Musikern, ob ich davon gehört habe?, und ich habe zu ihm gesagt Ja, davon habe ich gehört, ich kannte die Straße sehr gut, auf der es geschehen war. Vielleicht haben die ihre Absperrung am gleichen Ort errichtet, an dem unsere Maschinengewehrschützen die Katiba dezimierten, die werden in ihren gestohlenen Uniformen gewartet haben, und die Braut, die Zohra hieß, Hayet oder Sabah, es ist mir unmöglich, es zu erinnern, dachte wohl, dass die unaufhörlichen Polizeikontrollen den Augenblick des Festes verzögern würden und damit auch den der Zweisamkeit, die Leute hörten nicht auf zu singen, mon Capitaine, sie sangen Ich liebe Dich, Sara, lass mich in Deinem Herzen fortbestehen, und die Braut sah, dass die Polizisten keine ordnungsgemäßen Schuhe trugen, die Autos wurden langsamer, alle Augen starrten auf die ungleichen Schuhe, irgendwer stieß einen Schrei aus, während eine einzelne Stimme das Ende sang Für Dich würde ich sterben, Sara, und sie alle haben in diesem Moment gewusst, dass sie Taghit niemals

Weitere Kostenlose Bücher