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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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unvermittelt.
    »Was ist damit?«, fragte Lynn genervt.
    »Man kann sie umgehen.«
    »Und wie?«
    »Na ja, ich hab mich mal im Netz schlaugemacht. Man kann eine Leber kaufen.«
    »Eine Leber kaufen?«
    »Klar, ist total abgefahren.«
    »Ich glaube, ich kann dir nicht ganz folgen. Wie meinst du das, eine Leber kaufen ?«
    »Bei einem Händler.«
    »Einem was?«
    »Einem Organhändler.«
    Lynn schaute ihn an und dachte zuerst, das wäre seine spezielle Art von Humor. Er sah aber vollkommen ernst aus. Zum ersten Mal erlebte sie, wie Luke sich für ein Thema erwärmte.
    »Was bitte ist ein Organhändler?«
    »Jemand, der einem jedes Organ besorgt, das man haben will. Im Netz. Sie verkaufen alles. Herz, Lunge, Hornhaut, Haut, Teile von Ohren, Nieren – und auch eine Leber.«
    Lynn sah ihn fassungslos an. »Meinst du das ernst? Man kann eine Leber im Internet kaufen?«
    »Es gibt jede Menge Seiten dazu«, fuhr Luke fort. »Und – das wird Sie interessieren – ich habe auch ein Forum gefunden, in dem es um Wartelisten für Organe geht. Angeblich ist die Situation bei Lebertransplantationen in manchen Ländern noch schlimmer als in Großbritannien. In den USA sterben etwa neunzig Prozent der Leute auf der Liste, bevor sie eine neue Leber bekommen. Da machen sich unsere zwanzig Prozent doch gar nicht so übel.«
    Außer meine eigene Tochter ist unter diesen zwanzig Prozent, dachte Lynn und sah ihn eindringlich an. Außer sie ist einer von den drei Menschen, die jeden Tag in Großbritannien sterben, weil sie nicht rechtzeitig eine Transplantation bekommen.
    Sie war krank vor Sorge und von Zorn erfüllt. Sie dachte nach. Dachte an Shirley Linsell. Den plötzlichen Wechsel von Herzlichkeit zu Kälte. Vermutlich war Caitlin nur eine Patientin unter vielen. In ein oder zwei Jahren würde sie nicht einmal mehr ihren Namen wissen. Dann wäre ihre Tochter nur noch ein Teil der Statistik.
    Dieses Risiko wollte sie nicht eingehen.
    »Ich fahre zur Apotheke. Und wenn ich zurückkomme, möchte ich, dass du mir die Seiten dieser Organhändler zeigst«, sagte sie.
    *
     
    Im Zeitschriftenladen neben der Apotheke kaufte sie ein Päckchen Zigaretten. Dabei fiel ihr Blick auf die Schlagzeile des Argus: KANALLEICHEN STELLEN POLIZEI WEITERHIN VOR RÄTSEL. Sie schaute auf die geschönten Fotos der drei toten Teenager. Las von der Spekulation, sie könnten Organspender gewesen sein. Las die Aussagen von Detective Superintendent Roy Grace, wer immer das auch sein mochte.
    Etwas Dunkles regte sich in ihr. Nachdenklich ging sie zum Wagen zurück. Ihre Hände zitterten.

55
    VOR EINIGEN JAHREN, als er noch Detective Sergeant war, hatte Roy Grace einen Einbruchsfall bei einem kleinen Weinhändler in der Queens Park Road bearbeitet. Das Geschäft befand sich in der Nähe der Rennbahn und des architektonisch grausamen Brighton and Hove General Hospital.
    Der Besitzer, Henry Butler, ein sympathischer junger Mann mit rasiertem Kopf und tadelloser Ausdrucksweise, schien sich mehr um die Qualität der gestohlenen Weine als um den eigentlichen Einbruch zu sorgen. Während die Spurensicherung ihrer Arbeit nachging, Oberflächen einstäubte und besprühte, um Fingerabdrücke zu sichern, jammerte Butler, dass die große Gemeinde der Unterwelt von Brighton einfach keinen Geschmack besäße.
    Die Philister hätten mehrere Kisten seiner billigsten Plörre gestohlen und die guten Weine zurückgelassen. Grace hatte ihn sofort sympathisch gefunden, und wann immer er für eine besondere Gelegenheit einen guten Tropfen benötigte, suchte er das Geschäft auf.
    Um vier Uhr am Dienstagnachmittag, nach einer raschen und verspäteten Mittagspause, hielt er im absoluten Halteverbot vor dem kleinen, unauffälligen Laden, der sich The Butlers Wine Cellar nannte. Er sauste hinein und traf Henry Butler an, der sich zum rasierten Kopf einen goldenen Ohrring und ein Ziegenbärtchen stehen ließ.
    Die Tür fiel mit einem Klingeln hinter Grace ins Schloss, und sofort umfing ihn der vertraute säuerliche Weingeruch, der sich mit dem frischen Holzduft der Kisten mischte.
    »Guten Tag, Detective Superintendent Grace!«, sagte Butler und legte seine Zeitschrift beiseite. »Wie schön, Sie zu sehen. Alle Verbrechen aufgeklärt? Können Sie jetzt mein Angebot genießen?«
    »Schön wär’s«, sagte Grace lächelnd. »Wie läuft das Geschäft?«
    Butler deutete achselzuckend auf den leeren Verkaufsraum. »Ich würde sagen, mit Ihnen ist der Tag gleich besser geworden. Womit kann ich

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