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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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dahin.
    Sie hatten schon mehrfach angehalten und Löcher in der Straße überprüft, doch bisher schienen alle unbewohnt zu sein. Sie machten kehrt und kamen wieder an dem Minisupermarkt, dem Café, der Metzgerei und einer eingerüsteten orthodoxen Kirche vorbei. Zwei große Hunde rissen gierig einen Müllbeutel auf.
    Raluca auf dem Rücksitz hatte sich nach ihrem Schuss beruhigt. Nun aber beugte sie sich vor und rief aufgeregt: »Mr Ian! Da drüben, sehen Sie! Halten Sie an!«
    Zuerst konnte er nur ein wüstes Gelände mit Schrottautos erkennen, daneben einige deprimierende Hochhäuser, an denen Satellitenschüsseln wie Seepocken klebten.
    Er schwenkte abrupt hinüber, holperte durch ein Schlagloch und kam schlitternd zum Stehen. Der Fahrer des altersschwachen Lastwagens hinter ihm hupte wütend und donnerte vorbei, wobei er um ein Haar den Opel gestreift hätte.
    Raluca zeigte auf drei Gestalten, die aus einem gezackten Loch im Boden aufgetaucht waren. Angesichts der Lichtverhältnisse und der Schneedecke war nicht auszumachen, ob es sich um den Straßenrand oder den Gehweg handelte. In der Nähe des Loches konnte Tilling einen improvisierten Hundezwinger aus alten Zaunlatten erkennen. Darin lag ein Hund, der auf etwas herumkaute und sich nichts aus dem Wetter zu machen schien. In der Nähe stand ein großer schwarzer Mercedes mit laufendem Motor, aus dessen Auspuff dicke Wolken aufstiegen, daneben waren drei Personen zu sehen.
    Eine hochgewachsene, elegante Frau mit Pelzmütze, langem dunklem Mantel und Stiefeln, die ein verwirrt aussehendes Mädchen mit braunen Haaren an der Hand hielt, das eine Wollmütze, eine blaue Steppweste über einem verschlissenen bunten Jogginganzug und Turnschuhe trug, die für dieses Wetter hoffnungslos ungeeignet waren. Dann noch ein Junge in Kapuzenpulli und Jeans, der ebenfalls Turnschuhe anhatte. Er stand neben dem Loch und schaute den beiden verloren nach, als die Frau das Mädchen zum Wagen führte.
    Es drehte sich um und winkte niedergeschlagen. Der Junge winkte zurück und rief etwas. Dann winkte das Mädchen auch dem Hund, aber der beachtete sie nicht.
    Der Wind ließ den Schnee in Wirbeln aufsteigen.
    »Das ist sie!«, schrie Raluca. »Das ist Simona!«
    Ian Tilling stürzte aus dem Wagen. Der Schnee peitschte ihm wie Schrotkugeln ins Gesicht. Andreea sprang aus der Beifahrertür, gefolgt von den beiden anderen.
    Der nächste Lastwagen donnerte gefährlich nah an ihnen vorbei, sie mussten einen Augenblick warten. Dann sprintete Tilling durch den Schneematsch und brüllte aus voller Kehle: »Stopp! Stopp!«
    Die Frau und das Mädchen waren gute fünfzig Meter vor ihm und hatten das Auto fast erreicht.
    »Stopp!«, brüllte er noch einmal. Dann, an den Jungen gewandt: »Halte sie auf!«
    Als die Frau seine Stimme hörte, drehte sie sich um, riss die hintere Wagentür auf, stieß das Mädchen hinein und sprang hinterher. Der Mercedes fuhr los, noch bevor sie die Tür geschlossen hatte.
    Tilling rannte dem Wagen noch etwa hundert Meter hinterher, bevor er ausrutschte und der Länge nach hinfiel. Er rappelte sich schnaufend auf und lief zurück zu seinem Opel. Er winkte den dreien zu, wieder einzusteigen. Da bemerkte er, dass der Junge eine verkrüppelte Hand hatte.
    »War das Simona?«
    Nichts.
    »Sag schon, war das Simona?«
    Der Junge schwieg.
    »Bist du Romeo?«
    »Kann schon sein.«
    »Hör zu, Romeo, Simona schwebt in Lebensgefahr. Wo will sie hin?«
    »Die Dame bringt sie nach England.«
    Fluchend sprang Tilling hinters Steuer, gab Gas und fuhr in die Richtung, die der Mercedes genommen hatte.
    Nach wenigen Minuten wurde ihm klar, dass sie seine Spur verloren hatten.
    Dann hatte er eine andere Idee.

93
    SCHON VERMISSTE SIMONA Romeo und Artur. Der traurige Gesichtsausdruck des Hundes, als sie ihm den Knochen gegeben hatte – als wüsste er, dass es ein Abschied für immer war.
    Sie hatte Artur versprochen, eines Tages wiederzukommen. Hatte ihre Arme um seinen räudigen Hals geschlungen und ihn geküsst, doch er schaute sie nur ungläubig an. Als gäbe es verschiedene Arten von Abschied und als kenne er den Unterschied ganz genau. Der Hund hatte den Knochen in seinen Zwinger geschleppt, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Sie konnte ohne den Hund leben, das war ihr klargeworden. Der Hund war ein Überlebenskünstler und würde irgendwie durchkommen. Aber sie konnte nicht ohne Romeo leben. Ihr Herz schrie nach ihm. Tränen rollten ihr über die Wangen, während sie Gogu, den

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