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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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kleinen, verschlissenen Streifen Kunstpelz, an ihr Gesicht drückte. Er war das Einzige, das sie mitgenommen hatte.
    Noch nie im Leben hatte sie sich so allein gefühlt wie auf dem Rücksitz der schwarzen Limousine mit den getönten Scheiben, dem üppigen Ledergeruch und dem Parfum der deutschen Frau. Die Frau telefonierte ununterbrochen und schaute bisweilen besorgt aus dem Rückfenster in die Dunkelheit. Sie fuhren langsam auf einer matschigen Straße, auf der man Salz gestreut hatte. Der Verkehr floss zäh dahin. Alle paar Minuten schaute sie auf den Nacken des Mannes, der das Auto steuerte.
    Sein Haar war so kurz geschnitten, dass es nur noch als heller Flaum seinen Kopf bedeckte. Eine Schlangentätowierung mit gespaltener Zunge ringelte sich seitlich aus dem weißen Hemdkragen. Simona hatte sie angeschaut, als die Frau die Innenbeleuchtung einschaltete, um sich Notizen zu machen.
    Sie zitterte. Sie fürchtete sich, obwohl die Frau bei ihr war und sich um sie kümmerte.
    Er war der Fahrer des Mannes, der sie am Gara de Nord vor der Polizei gerettet und vergewaltigt hatte. Der Fahrer, der auf dem Heimweg noch Sex mit ihr haben wollte. Den sie gebissen und verletzt hatte.
    Im Rückspiegel trafen sich ihre Augen. Er starrte sie an. Signalisierte, dass er noch nicht fertig mit ihr sei. Er habe nichts vergessen. Sie wollte nicht mehr in den Spiegel schauen, doch seine Augen waren da und bohrten sich in ihre.
    Endlich beendete die Frau ihr Telefonat.
    »Wann kommt Romeo?«, fragte Simona verzweifelt.
    »Bald, meine Liebe!« Die Frau tätschelte sie mit dem Lederhandschuh. »Bald seid ihr wieder zusammen. England wird dir gefallen. Du wirst dort sehr glücklich sein. Bist du aufgeregt?«
    »Nein.«
    »Das solltest du aber. Ein neues Leben!«
    Bei sich dachte Marlene Hartmann: Besser gesagt, drei neue Leben.
    Es war im Grunde eine Schande, Herz und Lunge zu verschwenden, aber sie hatte in Großbritannien niemanden auf der Liste und wollte nicht das Risiko eingehen, abzuwarten, bis ein passender Empfänger auftauchte. Vor allem nicht, wenn die Polizei herumschnüffelte. Außerdem würden sich die Organe nicht lange genug halten, um nach Übersee gebracht zu werden. Wie bei einer Lebertransplantation war es auch in diesen Fällen am besten, wenn Spender und Empfänger möglichst nah beieinander waren, so dass zwischen Tod und Transplantation so wenig Zeit wie möglich verging. Das Mädchen war zu klein, um die Leber zu teilen, aber eine brachte auch schon einen netten Gewinn.
    Nieren hielten sich bei angemessener Lagerung etwa vierundzwanzig Stunden. Sie hatte zwei Kunden, einen in Deutschland, einen in Spanien. Sie hätte auch Haut, Augen und Knochen des Mädchens verkaufen können, doch die Gewinnspanne dafür war niedrig, und es lohnte sich nicht, sie zu exportieren. Der Reingewinn bei den Nieren würde hunderttausend Euro betragen, bei der Leber hundertdreißigtausend.
    Sie war sehr glücklich.

94
    ROY GRACE SCHAFFTE es gerade noch rechtzeitig zur Besprechung um halb sieben.
    Er kam eilig herein und las im Gehen die Tagesordnung, wobei er in der anderen Hand eine Kaffeetasse balancierte.
    »Erfolgreiche Reise, Roy?«, erkundigte sich Norman Potting. »Haben Sie es den Krauts gezeigt? Ihnen klargemacht, wer den Krieg gewonnen hat?«
    »Danke, Norman. Ich glaube, das wissen die inzwischen.«
    Potting hob einen Finger. »Die sind ganz schön hinterhältig. Genau wie die Japse. Sehen Sie sich doch nur unsere Autoindustrie an! Jedes zweite Auto kommt aus Deutschland!«
    »DANKE, NORMAN!«, wiederholte Grace mit lauter Stimme. Nach dem langen Tag, der noch nicht vorbei war, fühlte er sich müde und gereizt. Er musste die Tagesordnung lesen, bevor sich alle gesetzt hatten.
    Potting zuckte mit den Schultern.
    Grace las schweigend weiter, während die letzten Kollegen hereinkamen.
    »So, dies ist die sechzehnte Besprechung der Operation Neptun. Wir haben eine weitere Leiche gefunden, die womöglich eine Verbindung zu unserem Fall aufweist.« Er schaute zu Glenn. »Könnte unser Seemann wider Willen uns auf den neuesten Stand bringen?«
    Branson lächelte mit grimmiger Miene. »Sieht aus, als hätten wir Jim Towers gefunden. Da er von Kopf bis Fuß eingewickelt ist, konnte man nicht erkennen, ob an ihm eine Operation vorgenommen wurde. Wir müssen also auf die Autopsie warten. Heute Abend geht das nicht mehr, aber gleich morgen früh.«
    »Wurde er schon offiziell identifiziert?«, wollte Lizzie Mantle wissen.
    »Anhand eines

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