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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Assistenzarzt angetreten hatte.
    Sie spürte eine Bewegung in ihrem Körper. Das Baby trat. Ihr Baby. Sechster Monat. Ein Junge.
    Als sie am Schwesternzimmer vorbeiging, neben dem eine Beinprothese verlassen auf einem Stuhl lag, hörte sie, wie ein Vorhang geschlossen wurde. Sie schaute hin, und ihr Herz zog sich zusammen. Eine Krankenschwester schloss gerade den blauen Vorhang um Bett 14, in dem Nat lag. Er sollte vor neugierigen Blicken geschützt werden. Sie würden bald mit neuen Untersuchungen beginnen, und Susan wusste nicht, ob sie den Mut finden würde, dabei zu sein. Sie hatte beinahe den ganzen Tag an seinem Bett gesessen und wusste, dass sie auch jetzt für ihn da sein musste. Mit ihm sprechen musste und die Hoffnung nicht aufgeben durfte.
    Er hatte offene und geschlossene Schädelbrüche erlitten. Sollte er überleben, würde er aufgrund der Verletzung der Halswirbelsäule vom Hals abwärts gelähmt sein. Angesichts dessen waren der Bruch des rechten Schlüsselbeins und des Beckens geradezu lächerlich.
    Sie hatte seit Jahren nicht gebetet, doch an diesem Tag wiederholte sie schweigend immer wieder dieselben Worte: Bitte, Gott, lass Nat nicht sterben. Bitte, Gott, lass es nicht zu.
    Sie kam sich furchtbar nutzlos vor. Trotz ihrer Erfahrung als Krankenschwester konnte sie gar nichts tun. Nur mit ihm reden. Reden und reden und reden, während sie auf eine Antwort wartete, die nicht kommen würde. Aber vielleicht hatte sich sein Zustand ja verändert …
    Sie ging an einem Mann um die vierzig vorbei, dessen Gesicht weiß wie Alabaster war, mit Schläuchen in Mund und Nase und einem Gewirr von Drähten an Brust und Kopf. Ihr erfahrener Blick sagte ihr, dass er kürzlich eine Bypass-Operation gehabt hatte. Auf dem Tisch neben dem Bett lag eine große, fröhliche Genesungskarte. Immerhin war er auf dem Weg der Besserung, dachte sie, und würde das Krankenhaus vermutlich auf eigenen Beinen verlassen, statt hinausgetragen zu werden.
    Anders als Nat.
    Sein Zustand hatte sich im Laufe des Tages stetig verschlechtert, und obwohl sie sich noch an eine verzweifelte und zunehmend irrationale Hoffnung klammerte, spürte sie die furchtbare Unausweichlichkeit.
    Alle paar Minuten vibrierte ihr Handy, wenn eine neue Nachricht eingegangen war. Einigen Leuten hatte sie geantwortet. Ihrer Mutter. Nats Bruder, der am Morgen da gewesen war und auf dem neuesten Stand bleiben wollte. Seiner Schwester in Sydney. Ihrer besten Freundin Jane, die sie am Morgen völlig aufgelöst angerufen hatte, als die Ärzte ihr gesagt hatten, dass Nat womöglich nicht überleben werde. Die anderen Anrufe ignorierte sie. Sie wollte sich nicht ablenken lassen, sondern nur für Nat da sein und ihre ganze Willenskraft auf sein Überleben richten.
    Ständig schlug irgendein Monitor Alarm. Es roch nach sterilen Chemikalien, dann und wann zog ein Hauch von Eau de Cologne vorbei, unterlegt mit einer Herznote warmer Elektrogeräte.
    In dem Raum hinter dem Vorhang stand ein Bett, dessen Rückenlehne in einem Winkel von dreißig Grad geneigt war. Nat sah aus wie ein Alien, verbunden und verdrahtet, mit Schläuchen in Mund und Nase. In seinem Schädel befand sich eine Sonde, um den Innendruck zu messen, und eine weitere war an einem Finger angebracht. Aus Armen und Bauch drang ein Gewirr von intravenösen Zugängen und Schläuchen mit Beuteln, die an Ständern hingen. Er lag mit geschlossenen Augen da, umgeben von den Monitoren und Maschinen, die ihn am Leben hielten. Rechts von ihm standen zwei Computerbildschirme, am Fußende ein Wagen mit einem Laptop, auf dem sämtliche Werte abzulesen waren.
    »Hallo, Liebling«, sagte sie. »Da bin ich wieder.« Sie warf einen Blick auf den Bildschirm des EEG.
    Keinerlei Reaktion.
    Der Schlauch in seinem Mund führte in einen kleinen Beutel mit einem Abflusshahn, der zur Hälfte mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt war. Susan las die Etiketten auf den anderen Beuteln: Mannitol, Pentastarch, Morphium, Midalozam, Noradrenalin. Die Medikamente stabilisierten ihn. Waren lebenserhaltend. Damit er nicht einfach davonglitt, das war alles.
    Dass er noch lebte, verrieten nur das regelmäßige Heben und Senken der Brust und die Lichtblitze auf den Computerbildschirmen.
    Sie schaute von den Schläuchen zu den Handrücken ihres Mannes und dem blauen Plastikarmband, auf dem sein Name stand. Sie betrachtete die Geräte, von denen sie einige gar nicht kannte. In den letzten fünf Jahren hatte es viele technologische Neuerungen

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