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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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drang blecherne Musik.
    Plötzlich stand Caitlin auf und taumelte umher, als wäre sie betrunken, dabei kratzte sie sich wie wild die Hände. Lynn hatte den ganzen Nachmittag mit ihr verbracht und wusste, dass sie nichts getrunken hatte. Es war ein Symptom ihrer Krankheit.
    »Setz dich, Liebes«, sagte sie besorgt.
    »Ich bin irgendwie müde. Müssen wir noch lange warten?«
    »Es ist wichtig, dass wir heute mit dem Gastroenterologen sprechen.«
    »Ja, klar, aber ich bin auch wichtig, oder?« Sie grinste schief.
    Lynn lächelte. »Du bist das Wichtigste auf der Welt«, sagte sie. »Wie fühlst du dich, von der Müdigkeit einmal abgesehen?«
    Caitlin hielt inne und schaute auf eine der Zeitschriften auf dem Tisch. Sie atmete tief ein und aus und sagte dann: »Mami, ich habe Angst.«
    Lynn stand auf und legte den Arm um sie. Anders als sonst wich Caitlin nicht aus, sondern drängte sich an ihre Mutter und umklammerte deren Hand.
    Sie war im letzten Jahr ein ganzes Stück gewachsen, und Lynn hatte sich noch nicht daran gewöhnt, zu ihr aufzuschauen. Sie hatte eindeutig die Größe ihres Vaters geerbt.
    Caitlin war wie immer nachlässig gekleidet, trug ein Stricktop in Grau und Rostrot über einem T-Shirt, als Kette ein Lederband mit kleinen Steinen, Jeans mit zerrissenem Saum und alte Turnschuhe ohne Schnürsenkel. Wegen der Kälte und vielleicht auch, um den geschwollenen Bauch zu verbergen, der sie schwanger aussehen ließ, trug sie einen kamelhaarfarbenen Dufflecoat, der aussah wie aus dem Secondhandladen.
    Caitlins kurzes schwarzes Stachelhaar lugte über das Band mit dem Azteken-Muster, das sie um den Kopf gewickelt hatte. Dazu diverse Piercings im Gothic-Look. Sie hatte einen Metallstecker im Kinn, ein Zungen-Piercing und einen Ring in der linken Augenbraue. Bei der Untersuchung würde der Arzt auch noch den Ring in der rechten Brustwarze, das Bauchnabel-Piercing und das Vaginal-Piercing entdecken, dessen Stechen, wie sie ihrer Mutter in einem seltenen Augenblick der Nähe schüchtern eingestanden hatte, ziemlich peinlich verlaufen sei.
    Es war wirklich ein Tag des Grauens, dachte Lynn. Seit sie am Morgen Dr. Hunters Praxis verlassen hatte, schien ein Erdbeben ihr ganzes Leben zu erschüttern.
    Jetzt klingelte auch noch das Handy. Sie schaute aufs Display. Es war Mal.
    »Hi, wo bist du gerade?«
    »Wir fahren durch die Schleuse in Shoreham. War ein beschissener Tag, haben eine Leiche aufgebaggert. Jetzt erzähl mir aber von Caitlin.«
    Sie belichtete von ihren Gesprächen mit Dr. Hunter und behielt dabei ihre Tochter im Auge, die im winzigen Wartezimmer auf und ab lief. Nacheinander griff sie nach den Zeitschriften, als könnte sie sich nicht entscheiden, mit welcher sie anfangen sollte.
    »In einer Stunde weiß ich mehr. Wir sind von Dr. Hunter direkt zum Gastroenterologen gefahren. Bist du jetzt länger zu erreichen?«
    »Mindestens vier Stunden. Vielleicht auch länger.«
    »Okay.«
    Dr. Grangers Arzthelferin, eine matronenhafte Frau in den Fünfzigern mit straffem Knoten, trat herein. »Sie können jetzt kommen.«
    »Ich rufe zurück«, sagte Lynn.
    Dr. Grangers Sprechzimmer war viel enger als das von Ross Hunter, es blieb kaum genügend Platz für die beiden Stühle vor dem kleinen Schreibtisch. An der Wand, gut sichtbar für alle Patienten, hingen gerahmte Fotos seiner lächelnden, perfekt wirkenden Frau und der drei ebenso perfekt lächelnden Kinder.
    Dr. Granger war ein hochgewachsener Mann Mitte vierzig mit großer Nase und schütterem Haar. Er trug einen Nadelstreifenanzug, ein blütenweißes Hemd und eine gepflegte Krawatte. Er wirkte immer ein bisschen distanziert, dachte Lynn, und könnte ebenso gut Rechtsanwalt sein.
    »Bitte nehmen Sie Platz.« Er schlug eine braune Mappe auf, in der ein Brief von Ross Hunter lag. Dann setzte er sich und las ihn durch.
    Lynn ergriff Caitlins Hand und drückte sie sanft. Ihre Tochter machte keine Anstalten, sie zurückzuziehen. Sie fühlte sich nicht wohl in Dr. Grangers Gegenwart. Sie mochte weder seine Kälte noch die übertriebene Zurschaustellung der Familienfotos. Sie schienen eine ganz bestimmte Botschaft zu vermitteln. Bei mir ist alles in Ordnung und bei dir nicht. Was ich dir sage, tangiert mein Leben nicht im Geringsten. Heute Abend fahre ich nach Hause und esse und sehe fern und sage meiner Frau vielleicht, dass ich mit ihr schlafen möchte. Aber du – na ja … du wachst morgen in deiner eigenen Hölle auf, während ich mich am Frühling und an

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