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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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das?«, fragte das Mädchen nervös. »Mum? Haben sie dir das schon gesagt?«
    »Du bist sehr krank, Liebes. Aber wenn du eine Transplantation bekommst, wird alles gut. Du wirst wieder gesund. Du kannst ein ganz normales Leben führen.«
    Caitlin schwieg. Sie steckte einen Finger in den Mund, was sie seit Jahren nicht getan hatte. Es piepste, dann quoll ein Blatt aus dem Faxgerät.
    »Ich war im Netz«, sagte Caitlin unvermittelt. »Ich habe nach Lebertransplantationen gegoogelt. Die kommen von Toten, oder?«
    »Meistens schon.«
    »Ich würde also die Leber eines Toten bekommen?«
    »Es besteht absolut keine Garantie, dass wir überhaupt eine Leber für dich finden.«
    Lynn schaute ihn wie betäubt an. »Was soll das heißen, keine Garantie ?«
    »Sie beide müssen verstehen«, sagte er in so sachlichem Ton, das Lynn ihn am liebsten geohrfeigt hätte, »dass es zu wenige Lebern gibt und Caitlin noch dazu eine so seltene Blutgruppe hat, was die Sache nicht einfacher macht. Alles hängt davon ab, ob ich ihren Fall mit Priorität durchbekomme, was hoffentlich gelingen wird. Aber ihr Zustand ist rein technisch gesehen chronisch, und Patienten mit akutem Leberversagen werden für gewöhnlich vorgezogen. Da muss ich sehr kämpfen. Zum Glück hast du den Vorteil, dass du jung und ansonsten gesund bist.«
    »Falls ich also überhaupt eine bekomme, werde ich den Rest meines Lebens mit der Leber einer toten Frau in mir verbringen?«
    »Oder eines Mannes.«
    »Na toll.«
    »Aber es ist viel besser als die Alternative, Liebes«, sagte Lynn und wollte wieder Caitlins Hand nehmen, doch diesmal stieß das Mädchen sie weg.
    »Sie kommt also von einem Organspender?«
    »Ja«, antwortete Neil Granger.
    »Ich würde also für den Rest meines Lebens mit dem Wissen herumlaufen, dass jemand gestorben ist und ich ein Stück von ihm bekommen habe?«
    »Ich kann dir Literatur darüber geben, Caitlin«, bot er ihr an. »Und wenn du ins Royal kommst, wirst du eine Menge Leute treffen, auch Sozialarbeiter und Psychologen, die mit dir eingehend darüber sprechen werden. Eins solltest du nicht vergessen. Die Angehörigen der Menschen, die gestorben sind, finden es oftmals sehr tröstlich, dass derjenige nicht sinnlos gestorben ist. Dass sein Tod einem anderen das Leben retten kann.«
    Caitlin überlegte kurz und sagte dann: »Super, ich soll also eine Lebertransplantation bekommen, damit jemand anders besser damit leben kann, dass Tochter, Ehemann oder Sohn gestorben ist?«
    »Nein, das ist nicht der Grund. Du sollst sie bekommen, damit ich dein Leben retten kann.«
    »Das Leben ist beschissen, was? Es ist wirklich beschissen.«
    »Der Tod ist noch beschissener«, erwiderte der Arzt.

13
    SUSAN COOPER HATTE ENTDECKT, dass man von diesem ganz bestimmten Fenster eine wunderbare Aussicht hatte. Hier, neben den Aufzügen im siebten Stock des Royal Sussex County Hospital, blickte man über die Dächer von Kemp Town bis zum Ärmelkanal. An diesem Tag war das Meer von einem strahlenden Blau gewesen, doch jetzt, um sechs Uhr an einem Novemberabend, hatte die Dunkelheit es in eine tintenschwarze Leere verwandelt, die sich jenseits der Lichter von Brighton ins Unendliche erstreckte.
    Sie stand da und schaute auf das schwarze Nichts. Ihre Hände ruhten auf der Heizung, nicht wegen der Wärme, sondern um ihren geschwächten Körper zu stützen. Schweigend und trostlos starrte sie durch ihr Spiegelbild und spürte die kalte Luft hinter der dünnen Scheibe. Sonst spürte sie kaum etwas.
    Sie war wie betäubt durch den Schock. Konnte nicht glauben, dass dies tatsächlich passiert war.
    Im Kopf hatte sie eine Liste der Leute zusammengestellt, die sie anrufen musste. Sie wagte gar nicht, Nats Bruder, seine Schwester in Australien und seine Freunde zu informieren. Seine Eltern waren beide mit Mitte fünfzig gestorben, sein Vater an einem Herzinfarkt und seine Mutter an Krebs, und Nat hatte immer gescherzt, er selbst werde auch nicht alt.
    Sie kehrte zur Intensivstation zurück und klingelte. Eine Krankenschwester ließ sie herein. Hier drinnen war es wärmer als im Flur. Die Temperatur lag ständig zwischen vierunddreißig und fünfunddreißig Grad, damit die Patienten in Schlafanzügen oder nackt im Bett liegen konnten, ohne eine Erkältung zu riskieren. Es war eine Ironie des Schicksals, dass sie selbst als Krankenschwester auf ebendieser Station gearbeitet hatte. In diesem Krankenhaus hatten sie und Nat sich kennengelernt, kurz nachdem er seine Stelle als

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