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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Wie fühlst du dich? Ich weiß, es geht dir gut! Alles wird gut! Alles wird wieder gut!«
    Sie wartete kurz, setzte die Stöpsel wieder ein und ging um den weißen Drehtisch herum, auf dem mehrere Apparate standen, darunter die Pumpen, die die Medikamente dosierten, mit denen man ihn stabilisierte. Sie trat ans Fenster mit den blauen Jalousien. Vor dem Parkplatz hatte sich eine lange Schlange gebildet. Genau unter ihr befand sich ein modern gestalteter, gepflasterter Hof mit Bänken und Picknicktischen und einer großen, glatten Skulptur, die sie irgendwie unheimlich fand. Sie sah aus wie ein Gespenst.
    Sie weinte wieder. Als sie sich die Augen abwischte, ertönte schon wieder der Alarm, dieses Mal lauter als zuvor.
    Sie drehte sich um. Schaute auf die Wellenlinien des Monitors und wurde von einer plötzlichen, furchtbaren Panik ergriffen. »Schwester!«, rief sie und schaute sich verzweifelt um. Dann lief sie zum Schwesternzimmer. »Schwester! Schwester!«
    Der Alarm wurde immer lauter, klang ohrenbetäubend.
    Sie entdeckte den großen, fröhlichen Krankenpfleger mit dem kahlen Kopf, der um halb acht morgens seinen Dienst angetreten hatte. Er rannte zu Nat hinüber. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben.

28
    DAS BABY WAR SEIT einigen Stunden ruhig, doch nun weinte Simona. Sie lag zusammengerollt neben dem Heizungsrohr, Gogu fest an ihr Gesicht gedrückt. Sie schluchzte, schlief ein bisschen, wachte auf und schluchzte aufs Neue.
    Alle bis auf Valeria und das Baby waren unterwegs. In der knisternden Hi-Fi-Anlage sang Tracy Chapman »Fast Car«. Marianna hörte gern Tracy Chapman. Das Baby schien die Musik zu mögen und wurde still wie bei einem Schlaflied. Über ihnen auf der Straße war der Tag kalt und nass, der Regen würde sich bald in Graupel verwandeln, und auch hier unten wehte ein eisiger Luftzug. Die Flammen der Kerzen, Stalagmiten aus geschmolzenem Wachs, die aus dem Betonboden wuchsen, flackerten und ließen die Schatten tanzen.
    Da sie keinen Strom hatten, waren die Kerzen ihre einzige Lichtquelle und mussten sparsam verwendet werden. Manchmal kauften sie welche, wenn sie Diebesgut losgeworden waren oder den Leuten Bargeld aus Taschen und Handtaschen geklaut hatten, doch das meiste stahlen sie in den Mini-Supermärkten.
    Wenn ihre Lage besonders verzweifelt war, stahlen sie Kerzen aus orthodoxen Kirchen, was Simona überhaupt nicht mochte. Sie arbeitete dabei mit Romeo zusammen und lenkte die Umstehenden ab, während sie sich die dünnen, braunen Kerzen, die von Trauernden bezahlt und für ihre lieben Verstorbenen angezündet worden waren, in die Taschen stopften. Sie standen in großen dreieckigen Metallkästen; einer für die Lebenden und einer für die Toten.
    Sie hatte immer Angst, dass Gott sie dafür bestrafen würde. Und als sie jetzt schluchzend auf dem Boden lag, fragte sie sich, ob die Ereignisse der letzten Nacht Gottes Strafe gewesen waren.
    Sie war nie zur Kirche gegangen und hatte nie gelernt zu beten, doch die Aufseherin im Heim hatte ihr von Gott erzählt, dass er immer über sie wache und sie für böse Taten bestrafen würde.
    Hinter dem gelben Schein der Flammen, wo sich die Schatten nicht mehr bewegten, war nur Dunkelheit. Der Tunnel, durch den das Rohr verlief, endete an der Stelle, wo es an die Oberfläche führte und überirdisch durch den Vorort Crânga ş i verlief. Dort gab es ganze Elendssiedlungen, deren Hütten um das Rohr herumgebaut waren. Sie hatte selbst eine Zeitlang dort gelebt. Die Hütten waren winzig klein und eng, und es regnete herein.
    Sie war lieber hier unten. Es war viel geräumiger und trocken. Allerdings war sie nie gerne ganz allein hier gewesen, weil sie sich vor der Dunkelheit hinter den Kerzen fürchtete und den Mäusen, Ratten und Spinnen, die dort hausten. Und noch etwas anderem, weitaus Schlimmerem.
    Romeo erforschte gern die Dunkelheit, hatte aber nie etwas gefunden außer den Skeletten von Nagetieren und einem zerbrochenen Korb aus dem Supermarkt. Eines Tages hatte Marianna einen Mann mit nach unten gebracht. Sie hatte regelmäßig Männer hier, mit denen sie lautstark bumste und sich nicht darum kümmerte, wer ihr dabei zusah. Dieser Mann jedoch hatte allen Angst gemacht. Er hatte einen Pferdeschwanz, ein silbernes Kreuz um den Hals und eine Bibel bei sich. Er sagte, er wolle nicht mit ihnen schlafen. Er wolle ihnen von Gott und dem Teufel erzählen. Der Teufel lebe in der Dunkelheit jenseits der Kerzen, denn genau wie sie brauche er die Wärme

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