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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ist nicht ohne.«
    Nun, da die Scheibenwischer ausgeschaltet waren, wurde das Fenster rasch undurchsichtig, die Passanten zu schemenhaften Gestalten. Gut so. Mit den getönten Scheiben machte sie das nahezu unsichtbar. Die anderen Autos in dieser Gegend waren verbeulte Wracks. Jeder würde den glänzenden S-Klasse-Mercedes bemerken und sich fragen, was er hier wollte und wer sich darin befand.
    »Okay, gehen wir«, sagte die Frau.
    Der Wagen fuhr weg.
    Tief unter dem Asphalt schlief das Baby. Valeria las eine Zeitung, die schon mehrere Tage alt war. Tracy Chapman sang wieder »Fast Car«. Romeo hielt sich die Plastiktüte an den Mund, atmete ein und aus.
    Simona lag auf ihrer Matratze, war jetzt ganz ruhig und träumte von England. Sie sah einen großen Uhrturm, der Big Ben hieß. Sie ließ Eiswürfel in ein Glas fallen und goss Whisky darüber. Lichter zogen an ihr vorbei. Sie befand sich in einem riesengroßen Raum mit Gemälden und Statuen. In diesem Raum war es trocken.
    Als sie viel später aufwachte, war ihre Entscheidung gefallen.

29
    LYNN BECKETT ERWACHTE mit einem Ruck. Einen Moment lang wusste sie nicht, wo sie war. Ihr rechtes Bein war taub, und ihr Rücken tat weh. Verwirrt starrte sie auf einen Fernseher, der an einem Metallarm hoch an der Wand angebracht war und in dem gerade ein Zeichentrickfilm lief. Ein Mann war an ein Katapult gefesselt, das vor einer Mauer stand. Kurz darauf flog er durch die Mauer hindurch, wobei er eine säuberliche Kontur seines Körpers hinterließ.
    Dann fiel es ihr wieder ein, und sie begann sanft ihren Oberschenkel zu massieren, um die Blutzirkulation anzuregen. Sie war in Caitlins Privatzimmer in der Leberabteilung des Royal South London Hospital. Sie musste eingeschlafen sein. Es roch nach Essen. Kartoffelpüree. Außerdem nach Desinfektionsmitteln und Bohnerwachs. Dann sah sie Caitlin neben sich liegen, im Nachthemd, mit zerzaustem Haar und wie immer mit ihrem Handy beschäftigt. Sie las gerade eine Nachricht auf dem Display. Durch das Fenster sah man einen Baukran und die Porenbetonsteine und Eisenstreben eines halbfertigen Gebäudes.
    Letzte Nacht hatte sie hier geschlafen, neben ihrer Tochter. Irgendwann war die Haltung auf dem Stuhl so unerträglich geworden, dass sie ins Bett geklettert und mit ihrer Tochter in Löffelstellung weitergeschlafen hatte.
    Sie waren sehr früh aufgewacht. Man hatte Caitlin zu einer weiteren Untersuchung geholt und ihr danach Blut abgenommen. Um neun Uhr hatte Lynn, die sich ungewaschen und schlechtgelaunt fühlte, ihre strenge, aber freundliche Chefin Liv Thomas angerufen und Bescheid gesagt, dass sie nicht wisse, wann sie wieder arbeiten könne. Liv hatte sich verständnisvoll gezeigt, aber vorgeschlagen, Lynn solle gegen Ende der Woche Überstunden machen, damit sie ihr Soll erreichte. Lynn hatte erwidert, sie wolle ihr Bestes tun.
    Auf jeden Fall brauchte sie das Geld. Der Aufenthalt hier kostete ein Vermögen. Drei Pfund am Tag für Telefon und Fernsehen. Fünfzehn Pfund am Tag für den Parkplatz. Das Essen in der Kantine. Und immer die Angst, ihre Arbeitgeber könnten die Nase voll haben und sie entlassen. Sie hatte die gesamte bescheidene Abfindung, die sie bei der Scheidung von Mal erhalten hatte, für die Anzahlung auf das Haus verwendet, in dem sie jetzt mit Caitlin wohnte. Ihre Tochter sollte ein richtiges Zuhause haben, in dem sie so normal und sicher wie nur möglich aufwuchs. Aber es war eine ungeheure finanzielle Belastung, bis heute. Zudem brauchte sie jetzt auch noch Geld, weil ihr Auto dringend in die Inspektion musste.
    Ihre Arbeit wurde gut bezahlt, war aber leistungsabhängig wie bei einem Verkäufer. Sie musste eine bestimmte Stundenzahl erbringen, um das Soll zu erreichen, und dem besten Mitarbeiter winkte eine wöchentliche Prämie. Normalerweise verdiente sie sehr viel mehr als eine durchschnittliche Sekretärin oder Empfangsdame in Brighton and Hove. Sie konnte von Glück sagen, da sie keine einschlägige Ausbildung besaß. Waren jedoch die üblichen Rechnungen und das Benzin, Caitlins Gitarrenunterricht und die Kleinigkeiten wie Handy, Laptop und Kleidung bezahlt, dazu noch der eine oder andere Luxus wie der Pauschalurlaub in Sharm el Sheikh, blieb nur sehr wenig übrig. Außerdem musste sie ständig Caitlins Kreditkartenkonto ausgleichen, das diese bis zum Anschlag ausnutzte. Die acht Jahre, die Lynn bei einem Inkassobüro gearbeitet hatte, hatten in ihr eine krankhafte Angst vor Schulden ausgelöst, und aus

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