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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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der Heizungsrohre.
    Er erzählte ihnen auch, dass der Teufel sie ständig beobachte und sie wegen ihrer Sünden verdammt seien. Sie sollten aufpassen, wenn sie schliefen, denn er könne aus der Dunkelheit hervorkriechen und einen von ihnen schnappen.
    »Valeria, will Gott mich bestrafen?«, rief sie plötzlich.
    Valeria ließ das Baby weiter in seinem Bett aus einer Patchworkjacke schlafen und kam zu Simona herüber. Sie musste sich ducken, damit sie ihren Kopf nicht an den Nieten stieß, die aus den Stahlträgern ragten, die die Straße über ihnen stützten. Sie trug dieselben Kleider wie immer, die smaragdgrüne Steppweste über dem farbenfrohen Jogginganzug. Das braune Haar hing strähnig um ihr gehetztes Gesicht. Sie legte den Arm um Simona.
    »Nein, nicht Gott hat dich bestraft. Es war ein böser Mensch, sonst nichts.«
    »Ich will nicht mehr so leben. Ich will weg von hier.«
    »Wohin willst du denn gehen?«, fragte Valeria.
    Simona zuckte hilflos mit den Schultern und begann wieder zu schluchzen.
    »Ich will nach England«, verkündete Valeria und lächelte sehnsüchtig. Ihr Gesicht schien zum Leben zu erwachen. Sie nickte. »England. Wir sind jetzt in der EU. Wir können da hin.«
    Simona weinte noch ein bisschen und fragte dann: »Was ist denn EU?«
    »Irgend so ein Ding. Es bedeutet, dass Leute aus Rumänien nach England können.«
    »Ist es denn besser in England?«
    »Vor einer Weile habe ich Mädchen getroffen, die dahinwollten. Sie hatten einen Job als Erotiktänzerinnen bekommen. Da ging es um viel Geld. Vielleicht könnten wir auch Erotiktänzerinnen werden.«
    Simona zog die Nase hoch. »Ich kann aber nicht tanzen.«
    »Es gibt sicher auch noch andere Jobs, in Kneipen oder Restaurants. Vielleicht sogar in einer Bäckerei.«
    »Dann möchte ich gerne dorthin. Am liebsten gleich jetzt.« Sie schniefte wieder. »Kommst du mit? Vielleicht du und ich und Romeo. Und natürlich das Baby.«
    »Es gibt Leute, die Bescheid wissen. Ich muss jemanden finden, der uns helfen kann. Meinst du, Romeo kommt auch mit?«
    Da erklang hinter ihnen Romeos Stimme.
    »Hi! Ich bin wieder da und habe etwas mitgebracht!«
    Er sprang mehrere Leitersprossen hinunter und kam zu ihnen herüber, tropfnass und keuchend, die Kapuze auf den Kopf. »Ich bin gerannt, total weit. Sie haben mich beobachtet, an mehreren Stellen. Die kennen uns jetzt. Ich musste weit laufen. Aber ich hab’s bekommen!« Seine riesigen Augen strahlten, als er die Hand in die Jacke steckte und die rosa Plastiktüte herauszog.
    Ein heftiger Hustenanfall überkam ihn, dann nahm er eine eckige Plastikflasche mit Farbverdünner aus der Tüte und schraubte den Deckel ab. Simona schaute zu, sie konnte an nichts anderes mehr denken.
    Er goss ein bisschen Flüssigkeit in die Tüte, hielt sie oben zu und gab sie ihr vorsichtig.
    Sie setzte sie an den Mund, blies hinein, als wollte sie einen Luftballon aufblasen, atmete tief durch den Mund, atmete aus und wieder ein. Ein drittes Mal. Ihr Gesicht entspannte sich. Sie lächelte abwesend. Ihre Augen verdrehten sich und wurden glasig.
    Für kurze Zeit war der Schmerz verschwunden.
    *
     
    Der schwarze Mercedes fuhr langsam die Straße entlang, die Reifen zischten durchs Wasser, die Scheibenwischer bewegten sich in stetem Rhythmus. Er fuhr an einem kleinen, heruntergekommenen Minisupermarkt vorbei, einem Café, einer Metzgerei, einer orthodoxen Kirche mit Baugerüst, einer Waschanlage, in der Männer einen weißen Lieferwagen abspritzten, und einer Hundemeute, denen der Wind das Fell zerzauste.
    Auf dem Rücksitz des Autos saßen zwei Leute, ein gepflegt wirkender Mann Ende dreißig, der einen schwarzen Mantel über einem grauen Rollkragenpullover trug, und eine etwas jüngere Frau mit attraktivem, offenem Gesicht und blondem Haar. Sie war mit einer Lederjacke, einem weiten Pullover, engen Jeans und schwarzen Wildlederstiefeln bekleidet und trug eine Menge Modeschmuck. Sie sah aus, als wäre sie einmal ein zweitklassiger Rockstar oder eine ähnlich zweitklassige Schauspielerin gewesen.
    Der Fahrer hielt vor einem schäbigen Hochhaus, an dem vor jedem zweiten Fenster Wäsche hing und ein Dutzend Satellitenschüsseln aus den nackten Mauern wuchsen. Er stellte den Motor ab. Dann deutete er auf ein gezacktes Loch zwischen Gehweg und Straße.
    »Da lebt sie.«
    »Es werden vermutlich mehrere von ihnen dort unten sein«, sagte der Mann auf dem Rücksitz.
    »Ja. Auf die eine müssen Sie aufpassen«, warnte ihn der Fahrer. »Die

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