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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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diesem Grund mochte sie selbst auch keine Kreditkarten benutzen.
    Bei der Scheidungsabfindung war Mal immerhin fair gewesen und half auch aus, wenn es um ihre Tochter ging, doch sie war zu stolz, ihn um mehr zu bitten. Ihre Mutter tat, was sie konnte, war aber selbst knapp bei Kasse. Im Augenblick hatte Lynn nur etwa tausend Pfund auf der hohen Kante, die sie das ganze Jahr über gespart hatte, um Caitlin ein schönes Weihnachtsfest zu bereiten. Dabei wusste sie nicht einmal, ob ihrer Tochter überhaupt etwas an Weihnachten lag. Oder an Geburtstagen. Oder an allem, was für sie selbst mit einem normalen Leben zu tun hatte.
    Sie war sich nicht sicher, ob sie es riskieren konnte, zur Arbeit zu fahren und Caitlin allein zu lassen. Sie war unglücklich hier und befand sich in einer ihrer seltsamen Stimmungen, eher zornig als verängstigt. Wenn Lynn sie allein ließ, würde ihre Tochter womöglich aus dem Krankenhaus weglaufen. Sie sah auf die Uhr. Zehn vor eins. Im Fernsehen befand sich der Mann jetzt in einem Haus, schnitt wütende Grimassen und rannte mitten durch die Haustür, wobei die gesamte Fassade umkippte. Lynn musste unfreiwillig grinsen. Sie hatte Zeichentrickfilme immer geliebt.
    Caitlin tippte wieder auf ihrer Tastatur herum.
    »Tut mir leid, Liebes. Ich bin eingeschlafen.«
    »Keine Sorge.« Caitlin grinste plötzlich, ohne die Augen vom Handy zu heben. »Alte Leute brauchen viel Schlaf.«
    Trotz ihres Kummers musste sie lachen. »Danke vielmals!«
    »Nein, ehrlich«, sagte Caitlin mit einem frechen Grinsen. »Das habe ich letztens im Fernsehen gesehen. Ich wollte dich schon wecken, es hätte dich sicher interessiert. Aber du weißt ja, alte Leute brauchen ihren Schlaf, also habe ich es seinlassen!«
    »Du freches Äffchen!« Lynn wollte sich bewegen, aber nun waren beide Beine eingeschlafen. Vor dem Fenster dröhnten die Baumaschinen. Die Tür ging auf, und die Transplantationskoordinatorin vom Vortag kam herein.
    Ausgeruht und bei Tageslicht erinnerte Shirley Linsell an eine englische Rose.
    »Hi, wie geht es uns heute?«
    Caitlin beachtete sie nicht, sondern tippte weiter ihre SMS.
    »Sehr gut!«, sagte Lynn, erhob sich entschlossen und hämmerte mit beiden Fäusten auf ihre tauben Beine ein. »Krampf!«, sagte sie zur Erklärung.
    Die Koordinatorin bedachte sie mit einem kurzen, mitfühlenden Lächeln und sagte: »Als Nächstes werden wir eine Leberbiopsie durchführen. Ich sehe, du hast zu tun. Bekommst du viele Nachrichten?«
    »Ich verschicke Anweisungen«, erwiderte Caitlin. »Sie wissen schon, was mit meinem Körper und meinen Sachen passieren soll.«
    Lynn las den Schock im Gesicht der Koordinatorin und bemerkte den abwartenden Ausdruck ihrer Tochter. So sah sie immer aus, wenn sie einen im Zweifel ließ, ob sie etwas ernst oder scherzhaft meinte.
    »Ich glaube, wir haben viele Möglichkeiten, um dir zu helfen, Caitlin.« Es klang freundlich, aber nicht gönnerhaft.
    Caitlin presste die Lippen aufeinander und schaute etwas wehmütig. »Ja, kann schon sein, egal. Ich sollte vorbereitet sein, oder?«
    Shirley Linsell lächelte. »Ich finde, du solltest positiv denken!«
    Caitlin wiegte den Kopf, als dächte sie ernsthaft darüber nach. Dann nickte sie. »Okay.«
    »Wir werden dir eine kleine örtliche Betäubung verabreichen, Caitlin. Dann entnehmen wir mit einer Nadel ein winziges Stück deiner Leber. Du wirst keinerlei Schmerzen haben. In einer Minute kommt Dr. Suddle, um dir mehr darüber zu erzählen.«
    Abid Suddle war Caitlins behandelnder Arzt, ein gutaussehender Afghane von siebenunddreißig und nach Lynns Dafürhalten der Einzige, in dessen Gegenwart sich ihre Tochter wohl fühlte. Aber er war nicht immer verfügbar, da die Ärzte auf der Station ständig rotierten.
    »Sie nehmen aber nicht zu viel weg, oder?«
    »Nur ein winziges bisschen.«
    »Ich weiß, sie ist im Eimer. Also brauche ich so viel wie möglich davon.«
    Die Koordinatorin schaute Caitlin sonderbar an, als überlegte sie erneut, ob dies ein Scherz sein sollte.
    »Wir entnehmen das absolute Minimum. Keine Sorge, es ist wirklich ganz wenig.«
    »Okay, sonst werde ich ganz schön sauer.«
    »Wir können es auch seinlassen«, versicherte ihr die Koordinatorin in sanftem Ton. »Wir unternehmen nichts gegen deinen Willen.«
    »Klar, das wäre dann also Plan B, was?«
    »Plan B?«
    Caitlin sprach mit unentwegtem Blick auf ihr Telefon. »Wenn ich mich entscheide, dass ich die ganzen Untersuchungen nicht haben will.« Ihr Gesicht

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