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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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schaukelte ganz fürchterlich. Glenn holte tief Luft und atmete den Geruch von fauligem Fisch, Lack und Abgasen ein, gelegentlich auch einen Hauch von Desinfektionsmittel. Einen Geruch, den jeder Polizist mit dem Tod gleichsetzte. Ihm wurde schwindlig. Die See verschwamm vor seinen Augen.
    »Ich hoffe, Sie haben auch den Smoking dabei«, bemerkte Jon Lelliott. »Sie werden ihn brauchen, wenn Sie heute Abend beim Captain’s Dinner am Tisch sitzen wollen.«
    »Natürlich habe ich ihn dabei.« Das Sprechen fiel ihm zunehmend schwer. Außerdem war ihm eiskalt.
    »Schauen Sie auf den Horizont, Glenn, wenn Ihnen schlecht ist«, riet Tania freundlich.
    Er versuchte es. Allerdings konnte er unmöglich erkennen, wo der graue Himmel endete und die graue, wogende See begann. Sein Magen schlug Purzelbäume. Sein Verstand wollte sich konzentrieren, mit wenig Erfolg.
    Zwischen ihm und dem Skipper Jonah, der auf einer gepolsterten Bank saß und das Steuerrad hielt, befand sich der Bildschirm des Echolots.
    »Dies sind die Anomalien, die wir gestern aufgezeichnet haben«, erklärte Tania Whitlock.
    Sie holte sie auf den kleinen blauen Bildschirm. In der Mitte verlief eine senkrechte Linie, die von dem Towfish-Echolot stammte, das hinter dem Boot hergezogen wurde. Sie deutete auf zwei kleine, kaum sichtbare schwarze Schatten.
    »Dies könnten Leichen sein«, sagte sie.
    Glenn war sich nicht sicher, was er sich anschauen sollte. Die Schatten waren winzig, nicht größer als eine Ameise.
    »Meinen Sie die da?«
    »Ja, wir sind noch etwa eine Stunde entfernt. Kaffee?«
    Er schüttelte den Kopf. Eine Stunde, dachte er. Scheiße. Noch eine ganze Stunde muss ich das ertragen. Er wusste nicht, ob er irgendetwas hinunterbringen würde. Wieder versuchte er, auf den Horizont zu schauen, aber das machte die Sache nur noch schlimmer.
    »Nein, danke.«
    »Wirklich? Sie sehen ein bisschen mitgenommen aus.«
    »Hab mich nie besser gefühlt!«, beteuerte Glenn.
    Zehn Sekunden später sprang er vom Hocker, taumelte an die Reling und erbrach sich heftig. Die Lasagne aus der Mikrowelle und den Whisky vom letzten Abend. Dazu die einzelne Scheibe Toast vom Morgen.
    Zum Glück für sich und alle, die sich in seiner Nähe befanden, stand er im Windschatten.

33
    NACH EINER WEILE erwachte Glenn vom Rasseln der Ankerkette. Der Motor war verstummt, das Deck vibrierte nicht mehr. Er spürte die Bewegungen des Bootes. Es hob und senkte sich, und er schaukelte von links nach rechts. Er hörte das Knarren eines Seils. Eine Winde quietschte. Jemand öffnete zischend eine Getränkedose. Statisches Knistern im Funkgerät. Dann Tanias Stimme.
    »Hotel Uniform Oscar Oscar. Hier ist Suspol, Suspol an Bord der MS Scoob-Eee, Küstenwache Solent bitte kommen.« Suspol war der nautische Funkruf für die Sussex Police.
    Er hörte die knisternde Antwort. »Küstenwache Solent. Küstenwache Solent. Kanal siebenundsechzig. Over.«
    Dann wieder Tania. »Hier spricht Suspol. Wir haben zehn Seelen an Bord. Unsere Position ist zehn Seemeilen südöstlich des Hafens Shoreham.« Sie gab die Koordinaten durch. »Wir befinden uns in unserem Tauchgebiet und fangen jetzt an.«
    Wieder die knisternde Stimme. »Wie viele Taucher haben Sie dabei, Suspol?«
    »Neun Taucher an Bord. Zwei gehen runter.«
    Glenn merkte beiläufig, dass ihm jemand eine Decke oder Plane umgelegt hatte, ihm war nicht mehr so kalt. In seinem Kopf drehte sich alles. Er wollte überall sein, wirklich überall, nur nicht hier. Plötzlich sah er Arf, der auf ihn herunterblickte.
    »Wie geht es Ihnen, Glenn?«
    »Nicht so toll«, antwortete eine körperlose Stimme, die ihn an seine eigene erinnerte.
    Arf hatte ein freundliches, onkelhaftes Gesicht, das im Schatten der schwarzen Baseballkappe lag. Darunter lugten flaumige weiße Haarsträhnen hervor, die wie Watte aussahen.
    »Es gibt zwei Arten von Seekrankheit«, erklärte Arf. »Wussten Sie das?«
    Glenn schüttelte schwach den Kopf.
    »Bei der ersten hat man Angst, man könnte sterben.«
    Glenn schaute ihn erwartungsvoll an.
    »Bei der zweiten hat man Angst, man könnte nicht sterben.«
    Um ihn herum ertönte Gelächter.
    Es gab noch eine dritte Art, dachte Glenn. Man war schon gestorben, konnte aber seinen Körper nicht verlassen.
    *
     
    Tania trug ihren Trockenanzug und schnitt gerade die Ecken des weißen Leichensacks ab, den sie mit nach unten nehmen wollte. So konnte das Wasser im Falle einer Bergung abfließen. Da diese Säcke wie auch andere Teile der

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