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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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freundlich war und ihm jeden Tag Fleischfetzen, Innereien und Knochen zusteckte.
    »Wie heißt du?«, wollte sie wissen.
    »Romeo.«
    Der Junge betrachtete sie abschätzig. Eine reiche Touristin. Fette Beute! Er holte einen ranzigen Schweinefuß aus der Tüte, und die Kiefer des Hundes schlossen sich augenblicklich darum.
    Die Frau lächelte. »Wohnst du in der Gegend?« Dabei wusste sie genau, dass er das tat und wo.
    Er nickte und ließ sie nicht aus den Augen. Schaute auf ihre Handtasche. Sie war aus gerüschtem Leder und mit Ketten und Schnallen und einer riesigen Messingschließe verziert. Er nahm Maß und überlegte, was alles dort drin sein mochte. Ein Portemonnaie mit Bargeld, ein Handy. Vielleicht auch ein iPod, den er verkaufen konnte. Er schaute sich um, sie schien allein unterwegs zu sein. In der Nähe parkten keine schicken Autos, aus denen sie ausgestiegen sein konnte.
    Er würde sich die Tasche schnappen und weglaufen!
    Doch im Augenblick trug sie sie am Riemen über der Schulter und hatte den linken Arm durch die Kette geschlungen. Außerdem hielt sie die Tasche mit der Hand fest, als wüsste sie, was dies für eine Gegend war. Er musste sie ablenken.
    »Woher kommen Sie?«, fragte er.
    »Ich bin aus Deutschland. Aus München. Warst du schon mal in Deutschland?«
    »Nein.«
    »Möchtest du gerne mal hin?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »In welches Land würdest du gerne reisen, wenn du es dir aussuchen dürftest?«
    Erneutes Schulterzucken. »Vielleicht nach England.«
    Ihre Augen wurden groß. »Wieso gerade England?«
    Der Hund hatte den Schweinefuß aufgefressen und sah Romeo erwartungsvoll an.
    »Da gibt es Arbeit. In England kann man reich werden. Man kann eine schöne Wohnung bekommen.«
    »Ehrlich?« Sie tat überrascht.
    »Das habe ich gehört.« Romeo schaute in die Plastiktüte, ob sie wirklich leer war, und warf sie weg. Der Wind trug sie davon. Sofort rannte ein anderer Hund, eine missgebildete braunweiße Kreatur, hinterher und schlug die Pfoten hinein.
    Die Frau hielt ihre Tasche noch immer fest umklammert.
    »Hättest du gern ein Flugticket nach England? Ich könnte dir eins besorgen, wenn du wirklich dorthin möchtest. Ich könnte dir auch einen Job besorgen.«
    Ihre Blicke trafen sich. Sie hatte schöne Augen, wie blauer Stahl. Sie lächelte, wirkte aufrichtig. Er schaute wieder auf die Handtasche. Sie schien zu wissen, was er vorhatte, und ließ ihre Hand, wo sie war.
    »Was für einen Job?«
    »Was möchtest du machen? Was kannst du denn?«
    Ein LKW ruckelte langsam vorbei, ganz nah am Straßenrand. Romeo schaute auf die großen, schmutzigen Räder, den schwarzen, rostigen Unterboden und die Wolken, die aus dem Auspuff quollen. Wenn er es machen wollte, wäre jetzt der richtige Moment. Schubsen, Tasche packen, weglaufen!
    Doch auf einmal interessierte er sich mehr für das, was die Frau zu sagen hatte. Was er konnte? Vor einer Weile war ein Junge bei ihnen gewesen, der von seinem Bruder erzählt hatte. Er arbeitete als Cocktailkellner in London und verdiente über 400 Lei am Tag. Das war ein Vermögen! Nicht dass Romeo irgendetwas über die Zubereitung von Cocktails gewusst hätte. Jemand hatte kürzlich auch erzählt, dass man ähnlich gut verdiente, wenn man in London Hotelzimmer putzte.
    »Ich kann Cocktails machen. Und ich kann auch gut putzen.«
    »Hast du Freunde in London, Romeo?«
    Artur jaulte, als wollte er noch mehr fressen.
    Die Frau öffnete die Handtasche und holte ein dickes Portemonnaie heraus. Sie zog einen 100-Lei-Schein hervor und gab ihn Romeo. »Ich möchte, dass du Artur Futter kaufst, okay?«
    Er nickte feierlich.
    Dann gab sie ihm noch einen Geldschein, diesmal 500 Lei. »Davon kannst du dir kaufen, was du möchtest, einverstanden?«
    Er schaute auf das Geld und dann wieder zu der Frau. Er stopfte sich den Schein rasch in die Hosentasche, als hätte er Angst, sie könnte ihn zurückverlangen.
    »Sie sind nett.«
    »Ich möchte dir helfen«, erwiderte sie.
    »Wie heißen Sie?«
    »Marlene.«
    Obwohl sie lächelte und so großzügig war, blieb Romeo doch misstrauisch. Er wusste von anderen, dass es Organisationen gab, die den Leuten auf der Straße halfen, aber er hatte sich nie dafür interessiert. Man hatte ihn nämlich gewarnt, dass man manchmal in einem Heim endete, wenn man sich mit ihnen einließ. Vielleicht aber wollte ihm diese Frau wirklich helfen, nach England zu kommen.
    »Sind Sie von irgendeinem Hilfsverein?«, wollte er wissen.
    Sie zögerte

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