Und morgen in das kühle Grab
wusste,
wer er war und was er wollte. Ich überreichte ihm meine
Visitenkarte mit der Bitte, mich Carley zu nennen, worauf
er bemerkte: »Aus Marcia DeCarlo und Dominick Salvio
sind Carley und Sal geworden. Da kann man mal sehen.«
Da ich wusste, dass meine Zeit mit der Stoppuhr
gemessen wurde, verschwendete ich keine Minute und
kam gleich zur Sache. Ich war absolut aufrichtig zu ihm.
Ich erzählte ihm, dass ich an einer Titelgeschichte
arbeitete und dass ich Nick Spencer persönlich begegnet
war. Dann erläuterte ich kurz meine Beziehung zu Lynn.
Ich sagte ihm, ich könne einfach nicht glauben, dass Nick
Spencer den Absturz überlebt hätte, sich jetzt irgendwo in
der Schweiz versteckt halte und sich über alle Welt lustig
mache.
Ab diesem Moment war klar, dass Sal und ich uns
verstehen würden. »Nick Spencer war ein großer Mann«,
sagte Sal pathetisch. »Einen besseren Kerl werden Sie
vergeblich suchen. Könnte ich diese ganzen Heuchler, die
ihn als Betrüger hinstellen, zu fassen kriegen, würden die
ihr blaues Wunder erleben. Am liebsten würde ich ihnen
die Zunge rausreißen.«
»Einverstanden, Sal«, sagte ich, »aber ich würde gerne
von Ihnen erfahren, welchen Eindruck Sie von Nick
hatten, als er an diesem Tag in das Flugzeug stieg. Er war
erst zweiundvierzig Jahre alt, aber nach allem, was ich
über ihn in Erfahrung gebracht habe, besonders über die
Ereignisse in den letzten Monaten, schien er unter einem
ungeheueren Stress zu stehen. Auch in jungen Jahren
können Männer einen Herzanfall erleiden, der so plötzlich
zum Tod führt, dass es unmöglich ist, noch auf irgendeine
Weise zu reagieren.«
»Das stimmt«, sagte er, »und möglicherweise ist genau
das passiert. Was mich aber wütend macht, ist, dass die
alle so tun, als ob Nick Spencer irgendein blutiger
Anfänger und Sonntagspilot gewesen wäre. Er war gut,
verdammt gut sogar, und außerdem war er nicht
leichtsinnig. Er hatte schon jede Menge Stürme erlebt und
wusste, wie man sich in solchen Situationen verhält – es
sei denn, er wurde von einem Blitz getroffen, und das ist
immer eine haarige Geschichte, für jeden Piloten.«
»Haben Sie ihn gesehen oder mit ihm gesprochen, bevor
er an jenem Tag startete?«
»Ich war immer derjenige, der sein Flugzeug gewartet
hat. Ja, ich habe ihn gesehen.«
»Ich habe erfahren, dass Lynn ihn hergefahren hat.
Haben Sie sie auch gesehen?«
»Ja. Sie saßen zusammen im Coffee Shop, ganz in der
Nähe des Bereichs, wo die Privatflieger stehen. Dann hat
sie ihn bis zum Flugzeug begleitet.«
»War ihr Umgang miteinander herzlich?« Ich zögerte
und sagte dann unverblümt: »Sal, es ist wichtig zu wissen,
in welcher seelischen Verfassung Nick Spencer war.
Wenn er niedergeschlagen und bedrückt oder abgelenkt
war, weil vielleicht irgendetwas zwischen den beiden
vorgefallen war, könnte sich das auf seine körperliche
Verfassung und sein Konzentrationsvermögen ausgewirkt
haben.«
Sal blickte an mir vorbei. Ich hatte das Gefühl, dass er
seine Worte sehr genau wählte, nicht so sehr aus Vorsicht,
sondern weil er ganz ehrlich sein wollte. Er schaute auf
seine Armbanduhr. Die Restzeit, die mir noch blieb,
schmolz unerbittlich dahin.
Schließlich sagte er: »Carley, diese beiden Menschen
sind nie ein glückliches Paar gewesen, so viel kann ich
Ihnen versichern.«
»Aber war an diesem Tag irgendetwas ungewöhnlich an
ihrem Verhalten?«, beharrte ich.
»Warum sprechen Sie nicht mit Marge? Das ist die
Bedienung im Coffee Shop, in dem die beiden saßen.«
»Arbeitet sie heute?«
»Sie arbeitet freitags bis montags. Sie müsste jetzt da
sein.«
Sal nahm mich am Arm und führte mich durch die Halle
Richtung Coffee Shop. »Das ist Marge«, sagte er und
deutete auf eine matronenhafte Frau um die sechzig. Er
gab ihr ein Zeichen, worauf sie sich lächelnd näherte.
Das Lächeln verschwand, als Sal ihr erklärte, warum wir
gekommen waren.
»Mr. Spencer war ein so netter Mann«, sagte sie, »und
seine erste Frau war wirklich reizend. Aber diese andere
da war ein kalter Fisch. Sie hat ihn an diesem Tag
ziemlich auf die Palme gebracht. Ich muss ihr zwar zugute
halten, dass sie sich entschuldigt hat, aber es war deutlich
zu spüren, dass er unheimlich wütend war. Ich konnte
nicht alles hören, was sie gesagt haben, aber es ging
irgendwie darum, dass sie es sich anders überlegt hatte
und nicht mit ihm nach Puerto Rico fliegen wollte, worauf
er gesagt hat, dass er Jack
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