Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und morgen in das kühle Grab

Und morgen in das kühle Grab

Titel: Und morgen in das kühle Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
überrascht, als sie an seiner Tür klingelten. Jetzt
öffnete er ihnen sofort. Er wusste, dass er besser aussah als
beim letzten Mal. Nachdem er das Gewehr vergraben
hatte, am Dienstagnachmittag, hatten seine Kleider und
Hände vor Dreck gestarrt, aber das war ihm egal gewesen.
Als er nach Hause gekommen war, hatte er eine neue
Flasche Scotch aufgemacht und sich in seinen Sessel
fallen lassen und getrunken, bis er eingeschlafen war.
Während er das Gewehr vergraben hatte, hatte er immer
nur daran gedacht, dass er, wenn er tiefer grub, auf ihren
Sarg stoßen würde, ihn aufstemmen und sie berühren
könnte.
    Er hatte sich überwinden müssen, die Erde wieder zu
glätten und die Grabstätte zu verlassen. Annie fehlte ihm
einfach so sehr.
    Am nächsten Tag war er gegen fünf Uhr morgens
aufgewacht, und durch das verschmierte und trübe Fenster
hatte er gesehen, dass die Sonne gerade aufging.
Allmählich war es so hell im Zimmer geworden, dass ihm
seine verdreckten Hände aufgefallen waren. Auch seine
Kleider waren schmutzverkrustet.
    Wenn die Bullen in diesem Moment aufgetaucht wären,
hätten sie ihn bestimmt gefragt: »Hast du irgendwo was
vergraben, Ned?« Vielleicht wären sie auf den Gedanken
gekommen, in Annies Grab nachzusehen, und hätten sein
Gewehr gefunden.
    Deshalb hatte er gestern geduscht, hatte lange unter dem
Wasserstrahl gestanden und sich mit der langstieligen
Bürste geschrubbt, die Annie für ihn gekauft hatte. Dann
hatte er sogar seine Haare gewaschen, sich rasiert und
seine Fingernägel geschnitten. Annie hatte ihm ständig in
den Ohren gelegen, wie wichtig es sei, sauber und
ordentlich auszusehen.
    »Wer soll dich denn einstellen, Ned, wenn du dich nicht
rasierst und deine Kleider wechselst und dir die Haare
kämmst, damit sie nicht so strubbelig aussehen«, hatte sie
ihn ermahnt. »Ned, manchmal siehst du so fürchterlich
aus, dass die Leute es vermeiden, in deine Nähe zu
kommen.«
    Am Montag, als er in die Bücherei in Hastings gefahren
war, um die ersten beiden E-Mails an Carley DeCarlo zu
schicken, hatte er bemerkt, dass die Angestellte ihn
komisch angeschaut hatte, so, als ob er nicht dorthin
gehöre.
    Gestern, am Mittwoch, war er dann nach Croton
gefahren, um die neuen E-Mails zu senden, und er hatte
saubere Kleider angehabt. Niemand hatte ihn beachtet.
    Deshalb wusste er, obwohl er die letzte Nacht in seinen
Kleidern geschlafen hatte, dass er heute besser aussah als
am Dienstag.
    Es waren dieselben Bullen, Pierce und Carson, die vor
seiner Tür standen. Sofort bemerkte er, dass sie
registrierten, wie viel besser er aussah. Dann bemerkte er,
wie sie auf den Stuhl blickten, auf dem die schmutzigen
Kleidungsstücke gelegen hatten. Als sie am Dienstag
gegangen waren, hatte er alles in die Waschmaschine
gestopft. Er hatte gewusst, dass sie wiederkommen
würden, und er wollte nicht, dass sie die Kleider mit den
eingetrockneten Schlammspuren entdeckten.
    Ned folgte Carsons Blick und stellte fest, dass er auf die
schlammverschmierten Stiefel neben seinem Sessel starrte.
Verdammt! Er hatte vergessen, sie wegzuräumen.
»Ned, können wir uns einen Augenblick mit Ihnen
unterhalten?«, fragte Carson.
    Ned war klar, dass er versuchte, so zu klingen wie ein
alter Freund, der nur kurz vorbeischaute. Aber darauf fiel
er nicht herein. Er wusste, wie die Bullen arbeiteten.
Damals vor fünf Jahren, als er verhaftet worden war, weil
er in eine Prügelei mit diesem Blödmann in der Bar
geraten war, mit diesem Landschaftsgärtner, der für die
Spencers in Bedford arbeitete und ihm gesagt hatte, er
würde ihn nie wieder als Hilfskraft einstellen, damals
hatten die Bullen ihn auch zunächst scheißfreundlich
behandelt. Aber dann hatten sie behauptet, er sei schuld an
der Schlägerei gewesen.
    »Sicher, kommen Sie rein«, sagte er. Sie zogen sich
dieselben Stühle heran wie bei ihrem ersten Besuch. Das
Kissen und die Decke lagen immer noch auf der Couch,
genau so, wie sie schon neulich dagelegen hatten. Die
beiden letzten Nächte hatte er im Sessel geschlafen.
    »Ned«, sagte Detective Carson, »Sie hatten Recht mit
dem Mann, der an dem Abend in Browns Drugstore hinter
Ihnen stand. Sein Name ist Garret.«
    Na und, hätte Ned am liebsten gesagt. Aber er schwieg
und hörte nur zu.
»Garret sagt, er hätte Sie draußen vor dem Drugstore in
Ihrem Wagen gesehen, als er hinausging. Stimmt das?«
Soll ich zugeben, dass ich ihn gesehen habe? Du musst

Weitere Kostenlose Bücher