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Und Nachts die Angst

Und Nachts die Angst

Titel: Und Nachts die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Norton
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natürlich kennen sie auch deinen jetzigen Namen nicht.«
    »Also nur altes Filmmaterial über Daryl Wayne Flint?«
    »Ähm, ja, aber …«
    »Aber?«
    »Aber sie haben Moody noch einmal interviewt.«
    »Diesen alten Spinner? Wieso das denn? Es muss doch allen klar sein, dass er ein Lügner und Opportunist ist. Seine Bücher taugen höchstens als Brennmaterial.«
    »Für das Feuerchen, über das man ihn rösten sollte, ich weiß. Aber dummerweise ist er ein studierter Spinner, daher sind die Leute geneigt zu glauben, was er von sich gibt.«
    »Verdammt. Die ganzen Jahre Therapie durchs Klo gespült!« Nach einem kurzen Moment der Stille fügt sie hinzu: »Das war ein Scherz, Dad. Entspann dich.«
    Ihr Vater lacht hustend. »Wie auch immer. Ich glaube jedenfalls nicht, dass dich irgendjemand heute wiedererkennen würde.«
    »Tilly auch nicht.« Sie erzählt ihrem Vater von Tillys neuer Frisur. Dann verabschiedet sie sich, legt auf und klettert erschöpft ins Bett.
    Dennoch kann sie nicht verhindern, dass in ihrem Kopf die ihr nur allzu bekannte Folge von 60 Minutes abläuft. Die erste Ausstrahlung damals war in eine kurze Phase der Entspannung eingebrochen: Sie war frei und geborgen zu Hause, und alles begann, langsam an seinen Platz zu rücken. Auch von der Krebserkrankung ihrer Mutter hatte noch niemand gewusst.
    Fast hatte sie vergessen, wie sehr Terrance Moody das Licht der Öffentlichkeit liebte. »Doktor Urgh«, spricht sie den Spitznamen in die Dunkelheit, stöhnt und fängt unweigerlich an, die Fieberkurve aller Ereignisse seit ihrer Entführung zu zeichnen. Das tiefe lange Tal der Gefangenschaft. Das schwindelerregende Hoch der Rückkehr zu ihrer Familie. Dann der Prozess und der Sturz in die Verzweiflung, die mit dem Tod der Mutter einherging.
    Darin wäre sie fast untergegangen.
    Aber nun hat sie die Gelegenheit, all das in etwas Gutes zu verwandeln. Ab jetzt kümmert sie sich um Tilly. Sie schwört sich, aufmerksam und mitfühlend zu sein und Tilly vor diesen verdammten Reportern zu schützen.
    Sie zieht sich die Bettdecke bis unters Kinn, und bevor sie in den Schlaf driftet, überlegt sie, ob es ihr nicht vielleicht gelingen kann, etwas über das Schicksal der anderen beiden vermissten Mädchen herauszufinden.

22. Kapitel
    Montag
    E ine arktische Kaltfront fegt aus Kanada herab, und die Einwohner von Jefferson County kuscheln sich aneinander, schüren das Feuer und sorgen sich über eingefrorene Rohre. Doch Deputy Nick Hudsons SUV ist warmgelaufen und wartet schon auf dem Parkplatz des Hotels, bevor Reeve und Dr. Lerner noch ihr Frühstück beendet haben.
    Reeve hastet hinter Dr. Lerner durch die Kälte und steigt hinten ein. Sie tauschen Begrüßungsfloskeln aus, doch Hudson schenkt ihnen kaum ein Lächeln, und sie verstummen alle recht schnell. Während sie nach Westen zu den Cavanaughs fahren, betrachtet Reeve die Berge, die die Stadt umgeben, und den grellweißen Schnee auf den Gipfeln, die vor dem harten Blau des Himmels wie geschliffene Diamanten aussehen.
    Es fällt auf, dass Hudson nicht wie üblich seinen Lieblingssender mit Country-Musik einschaltet, und nach ein paar Minuten schweigsamer Fahrt fragt Dr. Lerner: »Ist alles in Ordnung?«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich nicht ganz bei der Sache bin.« Hudson zuckt die Achseln. »Heute Morgen war ziemlich viel los.«
    »Wollen Sie es uns erzählen?«
    »Lieber nicht«, antwortet er und beschleunigt, um sich dem Tempo auf dem Freeway anzupassen.
    Reeve betrachtet von der Rückbank aus sein Profil. »Haben die Hunde etwas gefunden?«
    Er wirft ihr im Rückspiegel einen Blick zu, antwortet aber nicht.
    »Man hat doch beide Häuser von Vanderholt durchsucht«, hakt sie nach. »Das erste, in dem Tilly lange Zeit gefangen gehalten worden ist, und das zweite, in das er erst vor kurzem gezogen ist, richtig?«
    »Stimmt. Tja, es ist nichts dabei rausgekommen. Nada. Null.«
    »Sie haben also nichts, was Vanderholt mit den anderen vermissten Mädchen verbindet?«
    »Sieht nicht so aus.«
    »Und was ist mit DNA-Spuren vom Tatort?«
    »Noch keine Ergebnisse. Es ist nicht wie im Fernsehen, wo man innerhalb einer halben Stunde Bescheid weiß. Solche Sachen werden an Speziallabors geschickt, und die Leute dort sind ohnehin völlig überlastet. Wenn man also beispielsweise Zigarettenkippen einschickt, kann es eine Ewigkeit dauern, bis etwas zurückkommt.«
    »Also besteht noch eine Chance.«
    »Ja, vielleicht, aber es ist nicht gesagt, dass sie einen Treffer

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