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Und Nachts die Angst

Und Nachts die Angst

Titel: Und Nachts die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Norton
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blickt aufs Display, dann wieder zu ihr. »Tut mir leid, aber das war noch nicht alles. Es gefällt mir gar nicht, Sie damit zu belasten, aber da Vanderholt getötet wurde, hat sich mein Status etwas geändert. Logischerweise werde ich nicht mehr als Gutachter vor Gericht gebraucht, daher hat die Staatsanwaltschaft den Vertrag mit mir aufgekündigt.«
    Ein überraschter Laut entwischt ihr.
    »Aber machen Sie sich keine Gedanken. Die Cavanaughs und ich haben bereits über die zukünftige Handhabung gesprochen, und von nun an werden diese Dinge über mein Büro abgewickelt. Sie können also hierbleiben, ohne dass sich etwas für Sie ändert – wir belassen alles so wie ausgemacht, falls es Ihnen recht ist. Und bevor ich es vergesse …« Er greift in die Brusttasche, zieht einen schmalen weißen Umschlag hervor und legt ihn vor Reeve auf den Tisch. »Das ist von Tillys Eltern. Um Ihre Ausgaben zu decken. Wie besprochen.«
    Sie blinzelt und murmelt einen Dank.
    »Aber ich hätte noch eine Bitte.« Er holt einen dicken DIN-A4-Umschlag aus seiner Aktentasche. »Ich hoffe, es macht Ihnen keine allzu großen Umstände, aber könnten Sie das hier für mich in Jackie Burkes Büro abgeben? Sie hat mir die Akte zukommen lassen, aber ich bin ein wenig knapp in der Zeit.«
    Sein Handy plingt erneut, und als sein Blick zum Display wandert, beäugt sie den dicken, versiegelten Umschlag und muss sich beherrschen, um ihn sich nicht zu schnappen und aufzureißen.
    »Ich muss mich wirklich entschuldigen«, sagt Dr. Lerner nach einem Moment und legt das Telefon zur Seite. »Jedenfalls wollte ich Sie unbedingt noch eine Sache fragen.« Er verschränkt die Arme auf dem Tisch und beugt sich vor. »In den vergangenen Tagen sind ziemlich viele Dinge passiert, aber mir kommt es so vor, als täte sich Tilly ungewöhnlich schwer damit, sich wieder an zu Hause zu gewöhnen. Sie scheint Angst zu haben und sich emotional zurückzuziehen. Was denken Sie, Reeve – wovor könnte sie sich fürchten?«

37. Kapitel
    S ein Kinn juckt, aber Duke achtet peinlich darauf, sich nicht an seinem falschen Bart zu kratzen, während er fährt. Er trägt trotz des bedeckten Himmels eine Sonnenbrille, außerdem eine Baseballkappe, so dass ihn niemand erkennen wird. Den weißen Van hat er mit einem falschen Ausweis gemietet. Behutsam steuert er ihn durch den dichten Verkehr nur wenige Wagen hinter Mrs. Cavanaugh und Tilly.
    Die Ampeln scheinen sich auf seine Wünsche einzustellen und werden dann rot oder grün, wenn er es gerade braucht. Eigentlich läuft alles glatt, aber Duke ist sich bewusst, dass er leicht Fehler machen kann, müde und gereizt, wie er ist. Er muss unbedingt wachsam bleiben. Nachdem er das gestrige Gespräch zwischen Little Miss Tilly und Reeve gehört hat, ist ihm klargeworden, dass er keine Zeit verschwenden darf. Die Entwicklung gefällt ihm nicht.
    Mrs. Cavanaugh steuert ihren goldenen Infiniti auf den Supermarktparkplatz, und Duke folgt ihnen und fährt um den Platz herum, bis sie den Wagen eingeparkt hat. Als die beiden im Geschäft verschwunden sind, wird eine Lücke in der Nähe frei, und Duke fährt hinein. Wunderbar.
    Er macht den Motor aus, zieht die schwarzen Lederhandschuhe über und nimmt die Plastiktüte aus dem Fußraum. Er ist froh, dass er sie loswird, bevor sie zu riechen beginnt.
    Er steigt aus dem Van: ein ganz normaler Kerl im Holzfällerhemd, der mal eben schnell noch etwas besorgen muss. Aber auf dem Weg zum Supermarkt bleibt er plötzlich stehen und schlägt sich mit der universellen Geste einer Person, der etwas einfällt, mit dem Handballen gegen die Stirn. Er dreht um, kehrt über den Parkplatz zurück, nimmt den Autoschlüssel und zielt mit der Fernbedienung auf einen Wagen. Der goldene Infiniti tschirpt, als die Türen entriegelt werden.
    Beiläufig öffnet er die Fahrertür, steigt ein und stellt die Plastiktüte auf den Boden. Dann sieht er sich um, schaut in die Rückspiegel. Niemand beobachtet ihn. Mit einer raschen Handbewegung öffnet er die Tüte und kippt das tote Tier genau dorthin, wo Tilly ihre Füße plazieren wird. Er schiebt es gerade weit genug unter den Beifahrersitz, dass nur ein Stück Schwanz hervorlugt. Dunkler Schwanz, dunkle Fußmatte. Nicht sichtbar, sofern man nicht genau hinschaut.
    Zufrieden steigt er aus, lässt die Türen absichtlich unverschlossen und sieht sich nicht einmal um, als er davongeht. Er wird die Tüte in den Müll werfen, schnell eine Packung Marlboro Lights besorgen und

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