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Und Nachts die Angst

Und Nachts die Angst

Titel: Und Nachts die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Norton
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dann einmal quer durch die Stadt fahren. Er hat noch eine Verabredung mit Edgy Reggie.

38. Kapitel
    R eeve rechtfertigt sich damit, dass sie Dr. Lerner nicht wirklich anlügt. Sie beantwortet seine Frage mit einer Gegenfrage, was ihr gerade noch vertretbar erscheint. »Denken Sie nicht, dass Tilly durch die ganzen Reporter und die Cops vollkommen durcheinander ist?«, erwidert sie mit hämmerndem Herzen, als er sie auf Tillys seltsames Verhalten anspricht. »Glauben Sie nicht, dass sie deshalb darauf beharrt, unbedingt umzuziehen?«
    Zu ihrem Glück steht Dr. Lerner unter Zeitdruck, so dass das Gespräch abgebrochen werden muss. Sobald er sich verabschiedet hat, rafft sie den Umschlag an sich und geht damit auf ihr Zimmer.
    Reeve weiß sehr gut, dass sie das nicht tun darf, aber sie kann nicht widerstehen. Sie öffnet den Umschlag, zieht die Blätter heraus, überfliegt sie, setzt sich im Schneidersitz auf das Bett und breitet die Seiten um sich herum aus. Sie entdeckt detaillierte Beschreibungen beider Häuser und Einzelheiten zur Spurensuche, aber das wenigste davon ist hilfreich. Die Akte ist eindeutig unvollständig, manche Stellen sind geschwärzt, und zwischen den Seitenzahlen bestehen große Lücken, aber es ist unmöglich zu sagen, was genau herausgenommen worden ist.
    Vanderholts Geständnis ist jedoch wortwörtlich wiedergegeben, und sie liest es zweimal. Nicht ein einziges Mal taucht irgendein Hinweis auf einen Mittäter oder Partner auf. An einer Stelle sagt Vanderholt: »Ich wirke vielleicht nicht besonders clever, aber so eine Sache, wissen Sie, muss man mit Hingabe tun.«
    Bildet sie sich nur ein, dass das ziemlich gestelzt klingt? Sie reibt sich die Augen und fragt sich, ob Vanderholt vielleicht instruiert worden ist.
    Und hat Tilly nicht auch etwas Merkwürdiges gesagt? Was war das noch?
    Aber sie kann den Gedanken nicht festhalten. Wahrscheinlich ist es gar nichts gewesen.
    Sie steht auf, streckt sich und läuft hinunter zur Rezeption, wo der Angestellte ihr eine Karte von Jefferson gibt. Die lächerlich ungenaue Zeichnung ist mit Anzeigen durchsetzt, aber sie wird genügen. Zurück im Zimmer, fährt sie den Computer hoch, liest, sucht nach einem Zettel und macht sich Notizen, die mit Fragen durchsetzt sind. Ein paar Minuten später schiebt sie die Akte zurück in den Umschlag, nimmt ihre Jacke und verlässt den Raum.
    Die Kälte beißt ihr in die Wangen, als sie aus dem Hotel tritt und das Gebäude umrundet. Als sie um die Ecke auf den Parkplatz biegt, sieht sie etwas, das sie stutzig macht: Neben ihrem Jeep steht ein bärtiger Mann mit Baseballkappe. Die Härchen in ihrem Nacken richten sich auf.
    Der Bärtige beugt sich vor, sieht offenbar zu Boden, und dann ist er weg.
    Sie läuft los. Als sie näher kommt, sieht sie, dass er mit dem Rücken zu ihr am Boden hockt. »Hey«, sagt sie in einem Tonfall, der irgendwo zwischen Gruß und Warnung liegt.
    Er steht auf und dreht sich um. Ein großer Bursche, verengte Augen, zusammengepresste Lippen. »Oh, hey, Entschuldigung. Ist das Ihr Auto?« Hilflos gestikuliert er mit seinen großen, eckigen Händen in Richtung Boden. »Tut mir leid. Ich bin ein totaler Trottel.«
    Der Mann geht wieder in die Hocke und sammelt Münzen auf, die, wie Reeve nun sieht, überall auf dem Boden verstreut liegen. »Ich bin sofort weg«, murmelt er und wendet sich ab.
    »Warten Sie, ich helfe Ihnen.« Reeve bückt sich, um das Geld aufzusammeln. Sie nimmt einen leichten Geruch nach Knoblauch und Zigaretten wahr, hat den Mann aber in dem Moment, in dem er sich umwendet und geht, schon vergessen.

    Laut Karte ist die Redrock Road nicht weit, deshalb dreht Reeve die Heizung des Jeeps voll auf und steuert zunächst dorthin.
    Das Haus, in dem Tilly zuerst festgehalten wurde, ist nicht schwer zu finden: Jemand hat »Perverses Schwein« quer über den Zaun gesprayt, und das ganze Grundstück ist mit gelbem Polizeiband abgesperrt.
    Reeve parkt den Jeep auf der Straße, steigt aus und bleibt auf dem Gehweg stehen, um das Gesamtbild auf sich wirken zu lassen. Das Haus ist klein, weiß und nicht mehr neu, im Garten wuchert das Unkraut. Das Panoramafenster weist einen Sprung auf, an der Eingangstür hängt ein nach offiziellem Bescheid aussehender Zettel, und das Haus wirkt so leer wie ein ausgeblasenes Ei.
    Neben dem Briefkasten hängt ein »Zu verkaufen«-Schild, und das fröhliche Plakat der Maklerin wirkt fehl am Platz.
    Reeve duckt sich unter dem Flatterband durch und umrundet den

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