Und Nachts die Angst
sich, und sie fährt durch. Für einen kurzen Clip in den Abendnachrichten wird das Material, das der Kameramann aus Sacramento gemacht hat, dennoch reichen.
Reeve parkt den Jeep und klingelt. Nach einem Augenblick bittet Mrs. Cavanaugh sie herein und fragt sie, wie es ihr geht.
»Ganz gut«, antwortet sie und tritt ein. »Aber ich bin gerade am Tor von Paparazzi bestürmt worden.«
»Reizend«, erwidert Mrs. Cavanaugh tonlos. »Reeve, es tat uns sehr leid, Ihr Bild in der Zeitung zu sehen. Haben Sie eine Ahnung, welcher schreckliche Mensch Ihren neuen Namen enthüllt hat?«
»Leider nein. Aber offensichtlich jemand, der in Poes Blog postet.«
»Es tut uns so leid. Dr. Lerner ist ebenfalls entsetzt über diese Geschichte.«
»Ist er hier?« Sie sieht sich um. »Bei Tilly?«
»Ja. Der Ermittler hat sie ziemlich aus der Fassung gebracht.«
»Welcher Ermittler?«
»Er heißt Krasny. Kennen Sie ihn noch nicht? Er kommt von der Staatsanwaltschaft und ist vor etwa einer Stunde wieder gegangen.«
»Was wollte er denn? Und warum hat er Tilly aus der Fassung gebracht?«
»Na ja, vorgeblich wollte er nur Dr. Lerner herfahren, aber eigentlich ging es ihm darum, Tilly zu befragen.«
»Sie befragen?«
»Oder verhören, das trifft es besser.«
»Wieso denn jetzt?«
»Es ging um den Entführer. Und um die armen anderen Mädchen, die vermisst werden. Er wollte wissen, ob sie eine Ahnung hat, was den beiden zugestoßen ist.«
»Aber das hat sie nicht.«
»Leider nein. Möchten Sie ein Stück Bananenbrot? Heute Morgen frisch gebacken.«
Reeve lässt sich schwer auf einen Küchenstuhl sinken, versucht, die neuen Entwicklungen einzuordnen, und überlegt, ob Tilly unter diesem Druck doch zusammengebrochen ist. Erst die tote Ratte im Auto, dann der skrupellose Ermittler. Das Kind schleppt ein Geheimnis mit sich herum, das selbst Reeve, Meisterin des Verschweigens, zu schwer vorkommt. Nachdenklich kaut sie an einem Stück Bananenbrot, als Tilly und Dr. Lerner hereinkommen.
Das Mädchen hat die Schultern eingezogen und presst die Lippen zusammen.
»Dr. Lerner sagt, ich muss mit niemandem reden, wenn ich nicht will«, erklärt sie wütend und setzt sich auf einen der Barhocker an der Theke. »Und ich weiß ja sowieso nichts, womit man den anderen Mädchen helfen kann.« Sie wirft Reeve einen eindringlichen Blick zu.
Dr. Lerner hat noch kein Wort gesagt. Nun tritt er neben Reeve, berührt sie leicht am Arm und murmelt: »Könnte ich Sie einen Moment sprechen?«
Sie spürt sofort, dass etwas nicht stimmt, kommt auf die Füße und folgt ihm ins Nebenzimmer. Sie hat ein schlechtes Gewissen, dass sie ihn in Hinblick auf Tillys geheimen Peiniger belogen hat, und bereitet sich darauf vor, sich zu rechtfertigen.
Er bleibt am Kamin stehen und dreht sich zu ihr um. »Es tut mir leid, dass ich Ihnen das sagen muss«, beginnt er grimmig. »Es sind keine guten Nachrichten. Setzen Sie sich.«
Sie gehorcht und verschränkt trotzig die Arme vor der Brust, aber er bleibt stehen.
»Ich weiß nicht, warum sie uns das erst auf den letzten Drücker mitteilen, und es ist höchst unfair«, fährt er verbittert fort, »aber ich habe es soeben erfahren. Daryl Wayne Flints Anhörung ist vorverlegt worden. Sie findet morgen statt.«
»Morgen?«, würgt sie hervor.
»Es kommt noch schlimmer.«
»Oh.« Sie inhaliert tief und wappnet sich innerlich. »Sie können es natürlich nicht mehr schaffen.«
»Nein, ich denke, es klappt noch. Wenn Sie mich zum Flugplatz fahren könnten, melde ich den Flug an und starte sofort.«
»Wow. Okay. Aber in welcher Hinsicht kommt es dann noch schlimmer?«
»Ich werde nicht der einzige forensische Psychiater bei der Anhörung sein.«
»Was? Sie wollen mir doch nicht sagen, dass Dr. Urgh auch wieder mitmischt?«
»Doch, leider. Aber ich fürchte, es kommt sogar noch schlimmer.«
»Oh, verdammt, was soll denn schlimmer sein als Terrance Moody?«
49. Kapitel
B evor Duke Kim Benioff – angeblich aus Reno – anruft, wendet er sich vom GPS-Suchdisplay ab und schaltet das Hintergrundgeräusch ein, das er für solche Fälle zusammengestellt hat: Verschiedene übereinandergelegte Aufnahmen undefinierbarer Unterhaltungen, Fahrstuhlmusik und das unaufhörliche Trillern und Dudeln von Spielautomaten. Die vierzigminütige Aufnahme ist eine Dauerschleife und wird hin und wieder unterbrochen vom Dingding des Jackpots.
Benioff vertritt ihn in seinem Urlaub. Sie ist im Grunde höchstens für mindere
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