Und Nachts die Angst
Observierungsjobs qualifiziert, was sie für Duke zur ersten Wahl macht, aber bevor er sich verabschiedet hat, hat er dennoch alle Spuren seiner persönlichen Projekte verwischt. Außerdem filtert er sensible Informationen von seinem Kontrollraum aus, so dass er recht präzise bestimmen kann, was sie erfährt und was nicht.
Weil er aber nicht jeden einzelnen Polizisten verwanzen kann, will er in einem lockeren Telefonat herausfinden, was ihm möglicherweise entgangen ist.
»Hey, Kim-bo. Alles im Lack?«
Duke hat kein Interesse an Büroklatsch, aber er lässt sie eine Weile vor sich hin plappern, bis er schließlich das Gespräch auf Vanderholt lenkt.
Benioff erzählt ihm, was er schon weiß. »Die Vorladung der aktenkundigen Triebtäter hat uns Abermillionen Verdächtige gebracht, die letztlich alle mit Alibis wieder gehen durften.« Beißend fügt sie hinzu: »Und stell dir vor – der FBI-Profiler sagt, wir suchen nach einem alleinstehenden männlichen Weißen zwischen fünfundzwanzig und fünfundfünzig Jahren. Also, ehrlich, da fällt mir keiner ein – dir etwa?«
Duke lacht leise. »Und der Scharfschütze? Gibt es Neues über den?«
Benioff gibt ihm ein Update des Ballistikberichts und schließt mit: »Überraschung. Der Täter ist schießerprobt.«
Als Duke nicht antwortet, fragt Benioff: »Lange Nacht mit Blackjack gehabt?«
»Poker.«
»Und? Was gewonnen?«
»Klar.«
»Hast du ein Glück.«
»Kein Glück. Talent.«
»Meinetwegen.«
»Also – sonst noch was?«
»Hm, mal sehen … Oh. Die Staatsanwältin will eine Liste von Vanderholts Telefonverbindungen.«
»Die habe ich ihr doch schon gegeben«, gibt er verärgert zurück. »Es war nichts zu finden. Nada. Nichts und wieder nichts.«
»Tja. Burke steht unter Zugzwang. Die Eltern der anderen vermissten Mädchen drehen langsam durch. Verständlich.«
»Das ist nichts Neues.«
»Jedenfalls versuchen wir, den Radius zu erweitern. Da ja auch Vanderholt nicht wegen einer Sexualstraftat bekannt war.«
»Stimmt. Und was heißt das jetzt?«
»Na ja, er hat zwar gesessen, aber für Autodiebstahl, also gucken wir uns jetzt Ex-Knackis mit gewissen ›Neigungen‹ an.«
Duke grunzt. »Das müssen Tausende sein.«
»Jep. Wir haben gerade richtig viel Spaß.«
»Hey, ist Montoya da? Kannst du mich mal eben zu ihm durchstellen?«
»Der ist auch weg, erinnerst du dich? Musste ja genau wie du vor Jahresende seinen Resturlaub nehmen. Ich arme Socke halte die Stellung und schufte mich hier dumm und dämlich, während ihr …« Ihr Tonfall ändert sich abrupt, und sie sagt: »Jedenfalls muss ich jetzt auflegen. Dir noch viel Spaß.«
Die Leitung ist tot, und Duke schaltet die Geräuschkulisse aus. Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und denkt nach, was er in Hinblick auf verschiedene ungelöste Probleme unternehmen soll.
50. Kapitel
R eeve fährt erneut rechts ran, um das Navigationsgerät ihres Handys zu Rate zu ziehen. Keine Verbindung. Sie befindet sich in einem Gebiet, das auf jeder Karte seltsam vage zu sein scheint.
Sie reibt sich die Augen und flucht frustriert. Nachdem sie Dr. Lerner am Flugplatz abgesetzt hat, hat sie beschlossen, Emily Ewings Liste abzuklappern. Aber obwohl die Maklerin sagte, Häuser mit Keller seien in diesem Gebiet recht selten zu finden, wurden laut Liste allein in den vergangenen drei Jahren sechsunddreißig solcher Objekte zum Verkauf gelistet. Reeve hat sich die Daten genau angesehen, weil sie auf eine Übereinstimmung mit den Entführungen von Hannah Creighton, Abby Hill und Tilly Cavanaugh gehofft hat, aber es ist kein erkennbares Muster sichtbar geworden.
Nachdem sie fast zwei Stunden lang herumgefahren ist, hat sie gerade mal vier der Adressen gefunden, und alle Häuser standen leer und immer noch zum Verkauf.
Sie wirft die nutzlose Karte aus dem Hotel zur Seite und blickt genervt auf die aus dem Maklerbüro. Der Maßstab lässt Jefferson winzig erscheinen, wie eine Briefmarke in einem Planquadrat, das durch dicke Adern gespeist wird – die Interstate 5, die von Nord nach Süd reicht, und ein paar Arterien, die sich in der umgebenden Wildnis verästeln. Die Bergstraßen sehen aus wie Kritzeleien. Hier verlaufen sich bestimmt sogar die Holzfäller.
Die waldigen Hänge geben ihr keinen Hinweis auf ihren Standort, und die wenigen Schilder, die sie passiert, stehen in keinem Zusammenhang mit irgendetwas, das sie auf der Karte entdecken kann. Resigniert wendet sie und fährt einige Meilen zurück, bis sie eine
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