Und nehmen was kommt
Supergelegenheit kannst du dir einfach nicht entgehen lassen.
Monika schluckt. Soll sie Zuzana gestehen, noch nie im Leben etwas mit einem Mann gehabt zu haben? Sowas unter keinen Umständen machen zu wollen, machen zu können? Unten durch wäre sie bei den Schwestern. Unten durch sein aber heißt ausgeliefert sein, bloßgestellt, schwach, bei nächster Gelegenheit würden sie sie übers Ohr hauen, wie Kristyna und Emil es getan haben. Lustig machen würden Zuzana, Tereza und Jana sich über sie, oder sie würden böse werden, du bist dir wohl zu vornehm, würden sie sagen, aber du bist dir nicht zu vornehm, hier umsonst zu wohnen, zu essen, zu trinken, von deiner Speedration gar nicht zu reden. Monika geht kurz ins Bad, setzt sich aber keine Spritze, weil sie sich unter Kontrolle haben will. Sie wird es bereuen.
Der Mann ist freundlich, sitzt im korrekten dunklen Anzug etwas verloren auf der Kante des frisch bezogenen Bettes inmitten eines nur dürftig kaschierten Chaos, ein witziger Anblick eigentlich, wäre da nicht sein Begehren. Er fängt gleich an zu reden, von den beachtlichen Gemälden da draußen, dem ursprünglichen Grund seines Besuches, auf die er sich aber gar nicht konzentrieren habe können, seit sie aufgetaucht sei in der Tür, ein zauberhafter Engel, viel beeindruckender als alle Engel auf den Bildern zusammen. Zu Besuch sei sie also hier? Monika, ein klingender Name, wunderschön, Mo-ni-ka, ein wunderschöner Name für eine wunderschöne Frau.
Jetzt erwartet er sich wohl eine Antwort, spürt sie ihre Hände feucht werden, irgendetwas Belangloses, Routiniertes, etwas für die Stimmung, was man halt so sagt in diesem Geschäft, um das Eis zu brechen. Aber ihr fällt nichts ein. Sie ist einen Schritt zu weit in den Raum getreten, kann sich nirgendwo anlehnen, nirgendwo hinsetzen außer neben ihn auf das Bett, was sie nicht will. Wie bestellt und nicht abgeholt steht sie da, Gott sei Dank hat sie die Zigaretten mitgenommen und das Feuerzeug. Sie steckt sich eine zwischen die Lippen, muß dreimal Anlauf nehmen, bis sie es zu einer Flamme bringt, unbedingt will sie ihr Zittern beim Anzünden verbergen, keine Chance.
Geht es Ihnen nicht gut? fragt da der Mann irritiert und steht auf, ohne sich zu nähern. Da bricht es aus Monika heraus, der Krampf löst sich, sie schluchzt los, gleitet nieder auf ihre Luftmatratze, die Beine angezogen und aneinandergepreßt, den Kopf zwischen den Knien vergraben. Sie schlingt die Arme fest um die Beine, ein Haufen aus rotem Stoff und dunklem Fleisch, das schwarze, glänzende Haar strahlenförmig über den hingekauerten Körper gebreitet, den es in kurzen Abständen von innen her schüttelt. Bläulich steigt der Rauch auf, die Zigarette wird Asche.
Eine Minute oder zehn ändert sich nichts an dieser Szene. Irgendwann räuspert sich der Mann vernehmlich und sagt mit belegter Stimme leise: Ich werde dann gehen. Er holt ein paar Scheine aus seiner Geldbörse und legt sie neben Monika auf den Boden.
Als er weg ist, vergeht noch viel Zeit, bis Monika endlich aufsteht. Der Schwindel läßt sie das Fenster öffnen. Sie atmet tief durch und schaut hinaus in den alten Innenhof voller Gerümpel, aber sie sieht nichts. Irgendwann kommt Zuzana ins Zimmer, sieht das Geld liegen, greift sich die Hälfte und meint: Hab ich dir zu viel versprochen? Als Monika sich nicht umdreht, bückt sie sich noch einmal und hebt einen weiteren Schein auf.
Von diesem Moment an braucht Monika ihre Dosis täglich. Die Schwestern geben ihr allerdings zu verstehen, so könne es auf Dauer nicht weitergehen, sie müsse sich in Zukunft selbst versorgen. Monika macht sich also auf den Weg zu dem Dealer, der das Zeug auch selbst herstellt. Er hat sich zu diesem Zweck daheim eine veritable Speedküche eingerichtet, Monika ist beeindruckt von seinem Wissen. Sie versteht zwar kein Wort von den komplizierten Erklärungen, hört die Namen der Chemikalien zum ersten Mal, aber sie nimmt ihm seine Beteuerungen gern ab, daß bei ihm die Qualität stimme, daß nur abhängig werde, wer seine Probleme nicht in den Griff bekommt. Die Probleme ruinieren die Leute, nicht die Designerdrogen, sagt er. Es kommt vor, und gar nicht so selten, daß ich kaputte Typen wieder wegschicke, zu ihrem Besten, so leid es mir tut. Ich mache Geschäfte, aber nicht um jeden Preis.
Monika versucht, sich nicht anmerken zu lassen, daß sie Probleme hat. Auf der Bank hat sie sich beraten lassen, wie das mit den gebundenen Einlagen genau
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