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Und nehmen was kommt

Und nehmen was kommt

Titel: Und nehmen was kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Laher
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Dank Speed vermehrt ausgeschüttete Neurotransmitter wie Adrenalin, Norepinephrin und Dopamin lassen ihr Gehirn den Plan sogar lustig und abenteuerlich finden. Wenn sie sich durch diese Aktion bei den Schwestern revanchieren und so den finanziellen Engpaß im Haus überwinden helfen kann, warum nicht. Zuzana hat angedeutet, für die Möbel in Filips Garage sei das die letzte Chance.
    Das Ziel der Reise liegt noch näher an der deutschen Grenze. In einer Welt, die mit der von Monika nichts zu tun hat, rühmt man an der Stadt ihre Thermalquellen, die ausgedehnten Kurparkanlagen mit altem Baumbestand, die vielen Jugendstilgebäude, den Schloßplatz mit der Pestsäule. Ein schweres Unglück in den nahen Kohlegruben hätte irgendwann im neunzehnten Jahrhundert beinahe das Aus für die Heilwässer bedeutet, weil sie in den geborstenen Stollen spurlos verschwanden, statt in den zehn Badehäusern der Stadt betuchten Kurgästen die Gicht und den Rheumatismus erträglicher zu machen. Nach den Einbrüchen, die etliche Dekaden realsozialistischer Verwaltung mit sich brachten, hat man in letzter Zeit viel Geld in die Hand genommen, um den gehobenen Tourismus wieder anzukurbeln, von dem auch der neue Besitzer Monikas profitieren zu wollen scheint.
    Petr hat die ganze Fahrt kaum geredet, wie es eben seine Art ist. Vergebens müht sich die ewig gutgelaunte Stimme im Autoradio, die beiden zu erheitern. Monika döst mit offenem Mund, sie hat wieder nicht geschlafen letzte Nacht. Es nieselt, die Scheibenwischer quietschen, aber nicht regelmäßig. Sie sind in seinem klapprigen Kastenwagen unterwegs, er will sich bis zum nächsten Tag in der Gegend umsehen, ein paar kleine Geschäfte machen. Als Treffpunkt wählen sie eine unauffällige Seitenstraße, zu Fuß keine zehn Minuten von der Adresse, an der er Monika abliefern soll.
    Sie hat sich keine rechten Vorstellungen davon gemacht, was sie erwarten wird, aber damit hat sie nicht gerechnet. Als sie anläuten, öffnet ihnen eine relativ junge, etwas dickliche Frau, hinter der sich mehrere neugierige Kindergesichter zeigen. Ich werde gleich anrufen, sagt sie, in ein paar Minuten wird mein Mann hier sein. Setzt euch inzwischen doch zu mir in die Küche. Etwas zu trinken? Anna freut sich sichtlich über Monikas Ankunft, sie soll ein eigenes kleines Zimmer bekommen, mit Familienanschluß, meint sie augenzwinkernd, sie hätten nämlich drei Söhne und zwei Töchter zwischen fünf Monaten und zwölf Jahren. Neben der Arbeit auf der Straße werde von ihr auch erwartet, die Kinder gelegentlich zu beaufsichtigen, beim Putzen zu helfen undsoweiter undsofort. Als der Hausherr Monika inspiziert hat, macht er ein ziemlich zufriedenes Gesicht. Die beiden Männer ziehen es dann allerdings vor, an einem anderen Ort handelseins zu werden. Bis später, sagt Petr zum Abschied, ohne Monika die Hand zu geben.
    František, ein untersetzter Mann mit hoher Stirn, schwarzem Kraushaar und einer kreisrunden Glatze am Hinterkopf, stellt sich vor, daß sie noch am selben Abend anfangen soll. Monika redet von der Regel und Leibschmerzen, in zwei Tagen aber könne es aller Voraussicht nach losgehen. Ich kann ungemütlich werden, sobald du largierst, verstehen wir uns, steckt der Mann die Fronten ab, aber wenn du ordentlich arbeitest, soll es dir an nichts fehlen. Sie sei übrigens das einzige Pferd im Stall, er mache das ja eigentlich nur nebenbei, der schlechten Zeiten wegen. Um die Vorgängerin tue es ihm ehrlich ein wenig leid, sie sei problemlos gewesen und so was von clever, unterstreicht er, doppelt und dreifach hat sie die Kosten hereingebracht, ohne sich dabei zu überanstrengen. Ein Deutscher habe sie schließlich unbedingt heiraten wollen, da habe er ihr natürlich nichts in den Weg gelegt. Sogar eine Einladung zur Hochzeit sei ihm ins Haus geflattert.
    Monika will sich gar nicht recht einlassen, morgen schon liegt das alles ja weit hinter ihr, denkt sie sich. Sie würde sich gern ein wenig ausruhen, sagt sie, die Bauchschmerzen, und zur Bekräftigung leiht sie sich eine Wärmflasche. Sie zieht sich in ihr Zimmerchen zurück, erkundet an diesem trüben Spätnachmittag kurz die Aussicht aus dem sechsten Stock des Plattenbaus und legt sich dann aufs Bett. Der alte Koffer, den Petr ihr aus seinem Fundus gegeben hat, ist fast leer. Sie wird ihn als Andenken zurücklassen.
    Wenn die Blutungen so stark sind wie diesmal und nicht und nicht aufhören wollen, erklärt sie anderntags, hilft mir am ehesten ein

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