Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und nehmen was kommt

Und nehmen was kommt

Titel: Und nehmen was kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Laher
Vom Netzwerk:
daran, aus dem ihren gleichzeitig bestimmte Sätze vernehmen zu dürfen, die sie in ihrer Substanz an Joes verbale Ausfälle ihr gegenüber erinnern. In neunundneunzig von hundert Fällen hätte sie die Behandlung an dieser Stelle sofort abgebrochen, ganz egal, welche Farbe der Geldschein haben mochte, mit dem ein solcher Freier winkte, um sie umzustimmen.
    Dieses eine Mal aber stellt sie sich mechanisch über ihn und nimmt Maß, soweit ihr Alkoholspiegel es zuläßt. Ihr ist nach Kotzen dabei, und statt der bestellten Strafpredigt entquillt ihr unversehens, ohne daß sie etwas dagegen unternehmen kann, ein magensäuregetränkter stinkiger Brei, der sich auf dem nackten Oberkörper des Mannes mit dem noch nicht ganz versiegten Harnstrahl verbindet, was ihn zu wahren Jubelschreien veranlaßt. Mit seinen Händen verteilt er genüßlich die Soße, während Monika entsetzt unter die Dusche flüchtet, scheinbar endlos warmes Wasser an sich herunterrinnen läßt und fürchtet, den Verstand zu verlieren.
    Nein, ihr ist lange schon nichts männlich Menschliches mehr fremd, und der Kerl, dem sie vor lauter Aufblicken hörig werden könnte, dieser Kerl muß erst noch erfunden werden. Joe ist also keinesfalls die Ursache, daß sie nicht über ihren Schatten springt. Aber er ist sehr wohl die Ursache, daß sie Georg vorläufig von der Bildfläche verschwinden läßt. Längst hat Joe nämlich von der besonderen Beziehung Monikas zu ihm Wind bekommen und prompt für einen ersten schmerzhaften Denkzettel gesorgt. Davon will sie Georg nichts mitteilen, wer weiß, wie er reagieren würde, und schämen tut sie sich auch. Andererseits kann es so nicht weitergehen.
    Wenn du zweimal in der Woche mit Blumen dastehst, über Gott und die Welt mit mir quatscht und dir insgeheim erwartest, ich würde im nächsten Moment zu dir ins Auto steigen, mitkommen und dich morgen heiraten, dann setzt mich das permanent derart unter Druck, daß es nie etwas werden kann aus uns beiden, versucht Monika ihm möglichst schonend beizubringen, warum er sie vorläufig nicht mehr aufsuchen soll. Gib mir bitte ein paar Monate Zeit, sei lieb, Georg, säuselt sie, ich bin innerlich einfach noch nicht so weit, mich zu entscheiden. Wenn du mich wirklich so magst, wie du behauptest, wirst du sicherlich die Geduld aufbringen zu warten, bis ich dich anrufe. Spätestens in einem halben Jahr, das verspreche ich dir.
    Georg muß schlucken, er hat mit diesem Ansinnen schwer zu kämpfen, das sieht man ihm an. Dennoch geht er ohne großes Murren darauf ein und hat nur eine einzige Bedingung. Einmal möchte er noch vorbeikommen dürfen und ihr ein kleines Geschenk machen, damit sie ihn sicher nicht vergißt. Rührend ist er, denkt sie, und als er nach dieser allerletzten Begegnung weg ist, geht sie hart mit sich ins Gericht. Das war’s dann wohl, hält sie sich vor Augen und starrt auf den filigranen Rosenquarzring an ihrem Finger, zugeschlagen die Tür, vorbei die große Gelegenheit zum Absprung. Die vor ihrer Angst kapituliert, ist dieselbe Frau, die sich dafür verachtet, verzweifelt ist, wütend, fassungslos, vor allem allein mit den beiden Monikas in ihr.
    Und sie streift den Ring gleich wieder ab, damit Joe ihn nicht sieht, und sie snieft gleich eine weitere Portion Speed, obwohl die vorhergehende noch Stunden wirken wird, und sie greift zur vollen Tequilaflasche, bis sie im Nu zu zwei Dritteln leer ist, und sie haut ab in eine Disco und tanzt sich die Füße wund, ekstatisch und ohne auf ihre Umgebung zu achten, und ihr steigt eine dumme Nuß mit hohem Absatz voll auf die Zehen, und sie legt ihr eine auf, daß sie der Länge nach hinfällt, und sie grinst, und der Begleiter der dummen Nuß dreht ihr den Arm auf den Rücken und liefert sie beim Türsteher ab, und sie hat keinen Begleiter, der ihr beistehen würde, und so landet sie unsanft vor dem Eingang zu dem Schuppen, und sie setzt sich auf die Gehsteigkante und spuckt in den Rinnstein.
    Joe fängt schon wieder ein neues Verhältnis an, mit einer von Monikas Arbeitskolleginnen aus dem Club diesmal. Adela ist schon lange in der Gegend, er verspricht sich von ihr, neben einer weiteren tiefen Kerbe auf dem imaginären Spazierstock der Eitelkeiten, der seine verschlungenen Pfade durch die Frauenherzen begleitet, vor allem nützliche Hinweise auf die lokale Unterwelt, denn ihr wird nachgesagt, sie pflege exzellente Kontakte. Nicht daß er vorhätte, hier weiß Gott wie groß ins Geschäft einzusteigen, solange der

Weitere Kostenlose Bücher