Und nehmen was kommt
bewußt. Künftig werde er die Finger endgültig aus allen zwielichtigen Geschäften lassen, er habe fix vor, sich irgendwo eine ehrliche Arbeit zu suchen, das Saufen, die Drogen aufzugeben und die Gewalt. Probierst du es noch einmal mit mir?
Monika kennt die frommen Sprüche alle auswendig. Und sie geriete nicht in die geringste Versuchung, ihm diesmal abzunehmen, worüber sie in vergleichbaren Situationen stets nur milde lächeln konnte, wenn sie überhaupt die Nerven dazu hatte, wäre da nicht, was er als Ursache für die erlittene Abreibung ins Treffen führt: Joe ist tatsächlich eingestanden für sie, hat sie mutig verteidigt und furchtbar dafür gebüßt. Für jemanden mit ihrer Geschichte muß das viel bedeuten, sehr viel. Gegen alle Vernunft ist sie daher bereit, sich an den dünnen Strohhalm zu klammern, und sie sieht dabei nicht, daß es ihm immer nur um ihn selbst gegangen ist. Sie zieht, so verrückt das für Außenstehende klingen mag, einen weiteren Versuch mit Joe trotz aller schlimmen Erfahrungen Georgs verlockendem Angebot vor, von dem sie, wenn sie jetzt mit Joe fortzöge, zugleich den nötigen geographischen Abstand gewänne, um es allmählich aus dem Hinterkopf zu vertreiben.
Dem Clubbetreiber, Joes Bekanntem aus früheren Zeiten, geht der fiese Typ nicht erst seit der Sache mit Adela gehörig auf den Geist. Ihm tut Monika leid, und er redet auf sie ein, ihm doch endlich den Laufpaß zu geben. Er sei es nicht wert, argumentiert er und zählt ihr der Reihe nach auf, was sie selbst am besten weiß. So eine hervorragende Gelegenheit würde nicht so schnell wiederkommen, Joe könne sich nach allem, was vorgefallen sei, in der Gegend garantiert nicht mehr blicken lassen, weswegen sie in Zukunft hier wie nirgendwo sonst vor seinen Nachstellungen gefeit wäre. Bleib doch bei mir, meint er fast flehentlich. Sie aber hat sich entschieden.
Jeder Tag länger, den die beiden nach Joes Entlassung aus dem Krankenhaus hier verbringen würden, brächte für den Chef und seinen Laden ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko mit sich. Er kommt mir nicht mehr über die Schwelle, stellt er klar und kämmt mit Monika die einschlägigen Inserate durch. Sogar ans Telefon klemmt er sich gemeinsam mit ihr, und schnell steht fest, ihr nächstes Ziel wird die ferne mährisch-niederösterreichische Grenze sein. Monika stellt Joe vor vollendete Tatsachen, und artig bedankt er sich für ihre tolle Unterstützung.
Auf Vermittlung ihres neuen Arbeitgebers beziehen sie eine nette, sonnige Zweizimmerwohnung, und solange er noch rekonvaleszent ist, frißt Joe ihr aus der Hand. Allzu rasch jedoch kommt es für Monika zum befürchteten, zum erwarteten Déjà vu: Genau einen Monat halten Joes Vorsätze diesmal, dann geht fast alles von vorne an: Die Schläge, die Frauengeschichten, mit der Alkohol- und Drogenabstinenz haben die beiden vorsorglich gar nicht erst angefangen. Daß er sich nach einem ordentlichen Job umsehen würde, bleibt ein unbewiesenes Gerücht. Monikas Geld verjuxt er wie gehabt, hier vorwiegend im Casino.
Immerhin, in der gleichalten Vera findet sie eine neue beste Freundin, und das Betriebsklima im Club, dem Incognito , läßt kaum etwas zu wünschen übrig. Monika weiß von Kolleginnen, daß das keineswegs selbstverständlich ist und sie wenigstens in dieser einen Beziehung bisher durchwegs Glück gehabt hat. So versucht sie, sich während der Arbeit zusammenzureißen, aber es fällt ihr von Woche zu Woche schwerer.
Vera ist impulsiv, fröhlich, romantisch, warmherzig und viel leichtlebiger als Monika, zu den Kunden hält sie weniger Distanz als ihr guttut, regelmäßig verliebt sie sich in einen, regelmäßig wird sie enttäuscht. Natürlich ist auch sie angewiesen auf Drogen, wählerisch gibt sie sich dabei nicht: Ecstasy, Speed, Kokain, zum Drüberstreuen ein Joint. Sie hat ein ausgeprägtes Faible für Esoterik und Aberglauben, ihr Zugang dazu ist eher kindlich naiv als vergeistigt, und Konsequenz scheint ihrer labilen Psyche in allen Belangen tatsächlich ein Fremdwort zu sein. Im Clubmilieu ist Vera für Monika die erste Frau ohne Romahintergrund, mit der sie sich über fast alles austauschen kann. Gesundheitlich ist sie ähnlich am Ende wie Monika, würde es aber weit von sich weisen, sagte man es ihr ins Gesicht.
Trotzdem wollen sie gemeinsam zum größten Abenteuer starten, das Monika sich je in Angriff zu nehmen getraut hat. Ein begüterter Kunde aus den Niederlanden hat die beiden zu einer Woche
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