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Und nehmen was kommt

Und nehmen was kommt

Titel: Und nehmen was kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Laher
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wissen, sie zögert kurz und erzählt dann doch vom Speed. Philipp erkundigt sich vorsichtig, ob sie ihm vielleicht etwas davon verschaffen könne. Er befinde sich in einer Umbruchphase seines Lebens, bleibt er vage, in der er Verschiedenes ausprobieren wolle, Grenzen ausloten, spüren lernen, in welche Richtung es gehen solle mit ihm.
    Ob sie gar einmal einen Tag zu haben wäre für so ein Speedexperiment, irgendwo außerhalb des Clubs und ohne Hast? Er würde sich in diesem Fall ein Auto leihen und alleine herkommen. Das läßt sich machen, meint Monika und nennt gleich den Preis, eine ordentliche Gewinnspanne für die Droge eingerechnet. Geld aber kümmert ihn momentan wenig, und sie werden sofort handelseins. Und jetzt wolle er den Freund unten nicht länger warten lassen, erklärt Philipp dann, um der Veranstaltung ein Ende zu setzen. Auf der Heimfahrt denkt er an alles Mögliche, an Thailand vor allem, in einem Monat wird er im Flieger sitzen, endlich weg. Monika kommt nur am Rand vor. Das wird sich ändern.
    Kaum eine Woche später kauft er sie für einen ganzen Tag aus, am frühen Abend fährt er vor und holt sie im Incognito ab, in vierundzwanzig Stunden wird er sie wieder abliefern. Zunächst einmal gehen sie gepflegt essen. Philipp kommt schnell auf sich zu sprechen, aber wie er es heute tut, bringt eine Saite in Monika zum Klingen, die längst gerissen schien. Sie wehrt sich dagegen, vehement sogar, und ehe sie es sich versieht, bekommt ihre professionelle Glätte, ihre Unnahbarkeit gerade deswegen feine Risse.
    Kann aber auch sein, daß er nur deshalb so redet, weil er, vielleicht nur an diesem einzigen Tag und nur zu dieser Stunde, ein seismologisches Sensorium für die durch ihn in Monika ausgelösten, kaum wahrnehmbaren Erschütterungen entwickelt, die jene ersten Faserrisse in ihrem Schutzpanzer zur Folge haben. Am wahrscheinlichsten freilich ist, daß beides gleichzeitig passiert, nicht als Ergebnis von Ursache und Wirkung, sondern blitzartig aus einem Himmel, der sich im übrigen alles andere als heiter gibt.
    Und weil sie beide mit der Situation, mit den wechselseitig ausgelösten Irritationen zu kämpfen haben, werden Getränke in kurzen Abständen geordert, und weil der Alkohol wirkt, wird alles noch komplizierter, denn Monikas Abwehr kommt eruptiv, immerhin war ihr Adrenalinspiegel schon vor der Begegnung mit Philipp auf höchstem Speedniveau. Je mehr sie strampelt, desto spürbarer wird für ihn, daß hier etwas nicht stimmt, und der Schwerpunkt des Gespräches verlagert sich allmählich in Richtung Monika, er will etwas wissen, sie will nichts preisgeben, er ärgert sich, daß er überhaupt etwas wissen will, daß er von sich geredet hat, als säße ihm jemand gegenüber, der wirklich Anteil nehmen wollte, nicht eine Dienstleisterin im Dienst.
    Alle paar Sätze ist er nahe daran aufzustehen, das Lokal zu verlassen und Monika, weil es ihm zu viel wird. Er ist schließlich nicht hergekommen, um bleischwere, ernsthafte Diskussionen zu führen, sich mit ihr in die Haare zu kriegen, ruft er sich in Erinnerung, sondern um sich dieses verdammte Pulver in die Nase zu ziehen und darauf zu warten, wie es wirkt. Er zahlt, und auf dem kurzen Fußweg zum Motel gehen sie schweigend nebeneinander her.
    Etwas später, als er die Probedosis intus hat, zieht er eine vorläufige Bilanz. In gewissem Sinne geht es ihm gut, er spürt sich wie lange nicht, eine trunkene Klarheit hat sich eingestellt, zutreffender noch: eine klare Trunkenheit. Aus diesem wogenden Meer ragen unsympathisch die Spitzen ihrer merkwürdigen Konversation, die längst wieder begonnen hat, schroffe, unzugängliche Felsmonolithen sind das, darauf niemand haust als die Trottellumme und der Blaufußtölpel. Er muß schmunzeln über seine schrägen Assoziationsketten und gleichzeitig den Kopf schütteln. Dann hört er nur noch fragmentarisch, was sie sagt, daß Speed geil sei oder scheiße oder beides oder gar nichts, denn Monikas Ausstrahlung nimmt ihn wundersam ein, schön ist sie, diese Augen, dieser Mund, dieses volle schwarze Haar, in das er in diesem Moment seine Finger eintauchen sieht. Komisch, daß ihm das nicht schon beim letzten Mal aufgefallen ist. Philipp würde sie gern ungeschminkt sehen.
    Nur Minuten später streiten sie wieder, sie hat zu einer Beschimpfung der Männer im allgemeinen angesetzt, er hält dagegen, ihm gehe es mit den Frauen akkurat genauso. An dieser Stelle werde ich einen Punkt machen, beschließt Philipp, es

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