Und nehmen was kommt
Flughafen in Prag abholen, beschließt er in seiner Erregung spontan, und er ändert nichts mehr daran, als er bei genauerer Überlegung einsieht, daß das eine Schnapsidee war. Da kommt es auf eine weitere auch nicht mehr an, denn er kauft sich wieder ein Auto, obwohl er doch damit spekuliert, auf Dauer in Thailand zu bleiben.
Zwei vermögende Briten, ein Schönheitschirurg und ein Urologe, die anläßlich einer ausgedehnten Bildungsreise durch Tschechien kürzlich im Incognito eingekehrt waren, haben Monika und Vera für neun Tage zu sich nach London eingeladen. Es soll ein reiner Urlaub werden, aber die Ärzte können sich schon am zweiten Tag mehr vorstellen. Die alten Konflikte brechen wieder auf, Monika hat ihre Prinzipien, die Freundin meint, einmal oder zweimal sei keinmal. Fürs Bumsen und Blasen ohne Gummi würden die Herren sogar je dreihundert Euro extra springen lassen. Wenn der Doktor selbst nicht gesund ist, argumentiert Vera weiter, wer bitte dann. Oxford Street und Camden Market sind voller urgeiler Fashion-Klamotten, das müsse sie doch überzeugen.
Du fällst mir eiskalt in den Rücken, ereifert sich Monika. Es war doch fix vereinbart, kein Sex, nur Party. Jetzt werd ich natürlich dumm dastehen vor diesen Blödmännern, und du kriechst ihnen derweil munter in den Arsch. Den ganzen Spaß an London versaust du mir. Und vor Wut durchbricht sie ein anderes ihrer Prinzipien, verlangt von Vera einen Joint, sie rauchen ihn wie eine Friedenspfeife. Monikas hektische und doch tiefe Lungenzüge tun ihre Wirkung, auch weil sie Cannabis überhaupt nicht gewohnt ist. Dann schreibt sie Philipp eine merkwürdige SMS , die erste von vielen in den kommenden Tagen.
Sie beginnen, darüber zu phantasieren, wie der Urologe und der Schönheitschirurg zusammen frischfröhlich ans Werk gehen, um eitlen Männern das kostbarste Teil aufzuputzen. Das Thema erheitert sie zusehends. Prustendes Gelächter begleitet zum Beispiel die Idee von Lifting-Operationen am abgeschlafften Schrumpelschwanz, der sich daraufhin bei nächster Gelegenheit vergeblich müht, auf Hautreserven zurückgreifen zu können. Sie stehen am offenen Fenster der Stadtwohnung des Beauty Surgeon, unterhalten sich lautstark auf tschechisch, quietschen dazwischen vor Lachen. Lachen steckt an, und eine alte Frau auf der anderen Straßenseite, die gerade das Zimmer lüftet, freut sich sichtlich an der guten Laune der beiden, winkt ihnen und lacht bei jedem Gag mit, obwohl nicht anzunehmen ist, daß sie auch nur ein Wort versteht. Gott sei Dank, denkt Monika.
Das war die bei weitem lustigste Erinnerung an London, erfährt Philipp auf dem Rückweg von Prag. Zwischen den Frauen herrscht immer noch dicke Luft. Vera bediente schließlich beide Herren und kassierte üppig, Monika blieb standhaft und mußte sich als Spielverderberin schief anreden lassen. Vera ist hinten eingestiegen und verliert die ganze lange Fahrt über kein Wort. Auch über dich redet sie bei jeder Gelegenheit nur schlecht, petzt Monika so, daß Vera es hören muß. Philipp fragt sich, welcher Teufel ihn geritten hat, sich das anzutun.
Nur wenige Tage später und ebenso wenige Tage vor der neuerlichen Thailand-Reise steht sein Auto aber schon wieder vor dem Incognito . Philipp holt Monika für eineinhalb Tage nach Wien, im Zeitraffer zeigt er ihr einen Gutteil von dem, was auf bunten Postkarten so abgebildet ist. Die Tour endet im Prater, sie scheint es genossen zu haben. Sie wirkt aufgekratzt, lüftet einen Zipfel der Decke und enthüllt ausgewählte Kapitel aus ihrem Leben, nicht die schlimmsten allerdings.
Als er im Bett das Kondom hervorkramt, winkt sie ab. Sie zählt ihn nicht länger zu den Kunden, soll das wohl bedeuten. Er freut sich, nicht weil er umsonst bekommt, wofür andere erst kürzlich dreihundert Euro auszugeben bereit waren – Monika behauptet sogar, von betuchten Gästen bis zu siebenhundert Euro dafür geboten bekommen zu haben und eisern geblieben zu sein –, sondern weil, ja, warum eigentlich?
Am nächsten Morgen schießt es ihm gleich nach dem Aufwachen durch den Kopf: Was, wenn sie doch angesteckt ist? Wenn sie doch nicht ganz so konsequent war, wie sie sagt? Joe fällt ihm ein, hat Monika gestern nicht des langen und breiten geschildert, daß er fast jeder Frau nachgestiegen ist, und das durch drei lange Jahre? Nervös hat er sich aufgesetzt, und jetzt starrt er sie minutenlang an, voll Staunen über sich selbst. Sie scheint noch zu schlafen, ein dunkler,
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