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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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nicht zu viel ein. Falls er wieder aufwacht.“
    Was für ein hochnäsiger Kerl, dachte Bannholzer und schaute für einen Augenblick zu seinem Kollegen herüber, der, nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, anscheinend das Gleiche dachte.
    â€žFür meinen Alten, müssen Sie wissen, war ich irgendwie nur das Anhängsel, das Zweitkind. Bei uns zählte nur meine geliebte Schwester. Selbst, als sie vor 15 Jahren plötzlich verschwand. Und dann soll ich trauern? Für wen? Für was? Pfhhh.“ Verächtlich zog Gerald den Boxhelm ab und schleuderte ihn durchs Wohnzimmer, bis dieser rumpelnd an der Dekorationsleiste aus hellem Marmor und der aus einem gläsernen Hängeelement bestehenden Wohnwand liegenblieb. „Apropos Charlotte. Sie haben auch keine Vermutung, was mit ihr passiert sein könnte? Immerhin wird sie seit dem Rosenfest vor 15 Jahren von Ihrem Vater als vermisst gemeldet.“
    â€žIch sage doch, sie wollte unserem Alten eins auswischen. Sie hatte genug von seiner ganzen Art, dass er sie behandelte, als sei sie aus Zucker oder Watte oder was weiß ich. Viel gesprochen haben wir ja nie, aber ich wusste, dass sie auf das Leben hier oben keinen Bock mehr hatte. Weder auf den Alten noch auf ihren versnobten Freund und erst recht nicht auf diesen notgeilen Lustmolch.“
    â€žUnd wer soll das sein?“
    â€žDer Lustmolch? Richard Sutherfolk, ein Rosenzüchter aus Cornwall und der beste Freund des Alten. Der war übrigens erst heute Nachmittag hier, wollte zu ihm und irgendwas mit ihm besprechen.“
    â€žUnd was?“ Bannholzer war ganz Ohr.
    â€žEr druckste rum, wollte nicht so recht mit der Sprache rausrücken, und da habe ich ihn zum Alten geschickt, der im Rathaussaal die Gemeinderatssitzung vorbereitete. Anträge kopieren, Stühle zurechtrücken, Dokumente auslegen und so ein Zeug. Und dann ist er abgedampft. Hat sich noch tausendmal bedankt und weg war er.“
    Nachdem er die Beamten durch den Flur in Richtung Haustür begleitet hatte, blieb Bannholzer vor einem großen Porträt stehen.
    â€žEin schönes Lachen“, sagte er zu sich selbst, ganz so, als wäre er alleine.
    â€žMädchen lachen doch alle gleich“, erwiderte Gerald Nägele und stapfte in seinen Sparringschuhen zur Tür. Wenn du dich da mal nicht irrst, dachte Bannholzer und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er an seine Tochter und ihr Zahnspangenlachen denken musste. Ein Tochterlachen, authentisch, kindlich, fröhlich, das ganz sicher. Aber nicht mit dieser Anziehungskraft, mit der Charlottes Lächeln die Betrachter in ihren Bann zog. So, wie die Motten ums Licht kreisen, um dann in einem ungeschickten Moment an der Quelle des Lichts zu verglühen.
    Doch es war nicht nur das überdimensional große Porträt, das dem Kriminalrat auffiel. Überall hingen Aufnahmen der Tochter des Hauses: als Kleinkind, im Pool plantschend, bei der Kommunion und der Einschulung, als Geburtstagskind mit Freunden und allein vor sich hin sinnierend in der Hängematte. Er muss seine Tochter ja wirklich sehr geliebt haben. Fast schon ein wenig zu viel, dachte Bannholzer. Und nirgendwo ein Bild des Bruders. Er schaute sich im großen und hell beleuchteten Eingangsbereich der Nägeleschen Villa um. Aber ganz gleich, wohin er seinen Blick auch schweifen ließ, es gab kein Bildmotiv, auf dem auch Gerald mit zu sehen war.
    Da muss man ja einen Zorn, eine Wut auf seine Schwester bekommen, dachte Bannholzer und hätte sich nicht gewundert, wenn sämtliche Boxsäcke des Hauses Charlottes Konterfei zeigen würden.
    â€žGeht es in den anderen Räumen noch so weiter?“, fragte er nun seinen Gastgeber.
    â€žNoch so weiter? Ich kann ja gern eine Hausführung mit Ihnen machen. Es gibt kein Foto in diesem Haus, auf dem nicht Charlotte abgebildet ist. Dagegen ist selbst Paris Hilton eine graue Maus.“

vierundfünfzig
    Sie hatten es schon seit Stunden probiert – auf dem Mobiltelefon, bei seinen Eltern, in der Firma, im Golfclub und im Fitnessstudio – aber René Lusser war einfach nicht zu erreichen. Die Nachfrage bei der Schweizer Kantonspolizei hatte Erfolg gehabt. Innerhalb weniger Stunden wussten Strittmatter und seine Kollegen so ziemlich alles über René. Nur eins nicht – wo er sich gerade aufhielt.
    â€žSehr verdächtig“, hatte Karl Strittmatter andauernd geraunzt, als er nach einem weiteren

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