Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
Vom Netzwerk:
vergeblichen Versuch den Hörer aufs Telefon knallte. Die meisten Kollegen waren längst gegangen, und seine Laune war so unterirdisch, dass Stefan Alt es nicht gewagt hatte, ihn anzusprechen, hatte er doch keine Lust gehabt, ebenfalls nur angeblökt zu werden. Der Dienstagabend gehörte Karl Strittmatter so wie der Montag-, Mittwoch-, Donnerstag- und Freitagabend. Gab es doch auch heute Abend wieder ein Fußballspiel und das sogar noch in der Königsklasse, der Champions League. Da waren Würstchen und Kartoffelsalat, kaltgestelltes Bier und sich gemütlich aufs Sofa lümmeln angesagt. Und eben nicht irgendwelchen reichen Bonzenkindern hinterhertelefonieren und sich andauernd von der Mailbox, unfreundlichen Bediensteten oder dem nur gebrochen Deutsch sprechenden Fitnesscoach eine Abfuhr einholen.
    â€žNun ist es schon nach 21 Uhr, die erste Halbzeit längst angepfiffen und ich bin immer noch hier“, grummelte Strittmatter vor sich hin und ertappte sich dabei, wie er gerade einen völlig unschuldigen gelben Bleistift in zwei Teile brach.
    Strittmatter wollte sich gerade aufmachen zu gehen – er hatte seinen etwas mitgenommen aussehenden Mantel mit dem eingetrockneten Senffleck bereits vom Kleiderbügel an der Garderobe genommen – da klingelte das Telefon. Stefan, der noch einige Dokumente abgeheftet, seinen Schreibtisch aufgeräumt und die Blumen gegossen hatte, tippte gerade angestrengt eine Mail und ließ keinen Zweifel daran, dass, wenn er noch arbeitete, Strittmatter gefälligst ans Telefon gehen könne.
    Mit vor Ärger zusammengezogenen Augenbrauen und einem verächtlichen Raunen machte dieser auf dem Absatz kehrt und stapfte zum Telefon.
    â€žKriminalpolizei Waldshut-Tiengen, Kriminalhauptkommissar Strittmatter.“ Ehe Stefan herüberschauen konnte, um zu erfahren, wer am anderen Ende der Leitung war, schnaubte Strittmatter schon in den Hörer: „Ja, wir warten hier auf Sie. Folgen Sie einfach Ihrem Navi.“
    Keine 20 Minuten später – die erste Halbzeit der Champions League war bereits vorbei – saß Strittmatter an einem fast quadratischen Metalltisch, der mitten im Raum stand. Zu seiner Linken hatte es sich Stefan Alt mit Block, Stift und dem obligatorischen Aufnahmegerät bequem gemacht. Auch der Videorekorder war bereits eingeschaltet. Das Licht im Vernehmungsraum war kalt, steril, fast schon unwirklich. Die Wände waren zwar hellblau gestrichen, doch der Farbton war so zart, dass er kaum auffiel und dem Raum eher den Charme einer Pathologie verlieh. Ein Zimmerfarn sollte ein wenig Gemütlichkeit verbreiten, aber in der hinteren Ecke und in einem weißen Übertopf stehend verfehlte die Pflanze ihre angedachte Aufgabe völlig.
    René Lusser schien sich auch merklich unwohl zu fühlen und er zeigte das, indem er sich den beiden Kriminalbeamten in seinem dicken schwarzen Mantel und mit demonstrativ verschränkten Armen gegenübersetzte.
    â€žSie wollten mit uns sprechen? Dann schießen Sie mal los.“ Karl Strittmatters Laune war unter dem Gefrierpunkt und das ließ er jeden im Raum auch mehr als deutlich spüren. Stefan Alt ärgerte sich über den unfreundlichen Umgangston seines älteren Kollegen, konzentrierte sich aber im nächsten Augenblick auf sein Gegenüber, das immer noch wie ein fröstelndes Häuflein Elend in seinem Stuhl saß.
    Nur zögerlich erzählte er den beiden Beamten von seinem Streit mit Charlotte, den er am Abend des Rosenballs vor 15 Jahren mit ihr hatte, kurz bevor sie verschwunden war. Er ließ kein Detail aus, sondern legte ihnen auch dar, wie sie sich kennengelernt und welch schöne Zeit sie miteinander verbracht hatten und vor allem – das hatte er zumindest über all die Jahre geglaubt – wie glücklich sie gemeinsam gewesen waren. Ein Glück, das an jenem Abend jäh zerstört wurde, als Charlotte ihn zutiefst verletzt hatte, indem sie ihm freudestrahlend von ihrer Affäre mit dem Rosenzüchter Richard Sutherfolk erzählt und ihn dabei mit ihrer hochnäsigen und arroganten Art bloßgestellt hatte.
    â€žDas war einfach zu viel.“
    â€žZu viel? Soll das etwa bedeuten, Sie haben sich an ihr gerächt, sie ermordet und irgendwo verscharrt?“ Karl Strittmatter wusste nicht genau, ob er sich freuen oder ärgern sollte, bezogen sich doch die für ihn eindeutig nach einem Geständnis aussehenden Worte auf

Weitere Kostenlose Bücher