Und nie sollst du vergessen sein
die Kontrolle und tut Dinge, die man wenig später bereut.â âNein, so war das nicht, das können Sie jetzt nicht machen.â Sutherfolk stand die Panik ins Gesicht geschrieben. âIch habe mehr als 15 Jahre mit mir gerungen. Immer wieder habe ich mich gefragt, ob ich ihm etwas von unserer heimlichen Beziehung erzählen soll oder nicht. Ich hatte Angst, ihn zu verletzen und ihn als Freund zu verlieren, was jetzt ja nun passiert ist. Doch ich konnte den Druck meines Gewissens einfach irgendwann nicht mehr aushalten und so habe ich mein Herz in beide Hände genommen und bin zu ihm gefahren und habe mir einfach alles von der Seele geredet.â
âUnd nicht nur das.â Strittmatter lächelte süffisant.
âNein, wie oft denn noch? Ich habe ihn nicht überfallen und niedergeschlagen. So etwas könnte ich gar nicht.â Sutherfolk donnerte wutentbrannt seine Faust auf den Tisch. Hals, Wangen und Stirn wiesen bereits einige rote Flecken auf und er atmete schwer. Als er merkte, dass Alt und Strittmatter ihn hinsichtlich seiner ungebremsten Reaktion groà anstarrten, nahm er schnell die Hand vom Tisch und tupfte sich mit einem weiÃen Stofftaschentuch den Schweià von der Stirn.
âKommen wir noch einmal auf Charlotte zurück, schlieÃlich war sie ja auch der Anlass Ihres gestrigen Gesprächs mit Reinhold Nägele im Rathaus, richtig?â, fragte nun Stefan Alt und versuchte damit, die Vernehmung wieder auf eine sachliche Ebene zu heben.
âRichtig.â
âWann hatten Sie denn Ihre besondere Beziehung, wie Sie sie nennen?â
âVon Mitte 1996 bis zu dem Tag, an dem sie verschwand. Im Juli 1997 war das. Am Abend des Rosenballs hat sie mit mir Schluss gemacht, sagte, sie bräuchte mich nicht mehr und sie würde bald diesen Schweizer heiraten.â
âWie haben Sie reagiert?â
âWie meinen Sie das?â
âNa, was haben Sie ihr geantwortet? Und haben Sie danach einfach das Fest verlassen, oder was haben Sie dann gemacht?â
âEs ist lange her. Ich fühlte mich wie vor den Kopf gestoÃen.
Ja, ich war aufgebracht. Aber ich habe mir das nicht anmerken lassen und habe GröÃe gezeigt.â
âUnd seit diesem Streit ist sie verschwunden?â
âJa, ich meine, sie war wohl auf dem Weg zur Toilette, glaube ich, also sie wollte wieder in die Halle. Sie hat mich einfach stehen gelassen. Und ich war bedient, also bin ich zu meinem Wagen gegangen und nach Hause gefahren, denn was sollte ich noch in Nöggenschwiel? Etwa fröhlich und ausgelassen mitfeiern?â
âUnd Sie haben Charlotte seit diesem Gespräch nicht mehr gesehen?â
âNein, aber das habe ich Ihnen doch schon gesagt.â Richard Sutherfolk sah die beiden Beamten genervt an und wartete auf die nächste Frage. Doch Stefan Alt und Karl Strittmatter lieÃen für einen Augenblick die gespannte Ruhe auf sich wirken. Strittmatter wollte gerade mit einer neuen Frage beginnen, als er jäh vom melodischen Klingeln des Telefons unterbrochen wurde. Er stand auf und nahm den Anruf entgegen.
Stefan Alt und Richard Sutherfolk saÃen sich derweil gegenüber und belauerten sich wie zwei Raubkatzen in einem zu kleinen Gehege.
âWas sagt Ihnen eigentlich der Name Franz Marder?â, fragte nun Strittmatter, der während des Telefonats nur âIch versteheâ und âGeht in Ordnungâ gesagt und das Gespräch mit einem vielsagenden Lächeln schnell wieder beendet hatte.
âNichts, wieso? Muss ich den Mann kennen?â
âUnd Maria Reisinger?â
âAuch nicht.â
âAuch keine Erpresserbriefe, die sie Ihnen über die vergangenen Monate geschrieben hat?â
Richard Sutherfolk erstarrte. Sein Gesicht wurde ganz fahl und er schluckte schwer, ehe er erwiderte: âWoher wissen Sie das?â
âMaria Reisinger ist in der Nacht von Sonntag auf Montag ermordet worden. Die Frau schien sehr ordentlich zu sein, denn in ihren Unterlagen fanden wir einige Briefe in Kopie, in denen sie von Ihnen 50.000 Euro fordert, andernfalls würde sie jedem im Dorf und vor allem Reinhold Nägele von Ihrer Affäre mit Charlotte erzählen.â
âSie wolltet mich fertigmachen. Ich hatte ihr bereits 10.000 Euro Anfang dieses Jahres gezahlt, aber sie wollte mehr. Angeblich, um sich ein Haus im Süden zu kaufen oder so etwas. Sie wollte endlich ihr Leben genieÃen â auf meine Kosten.
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