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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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Jahrhundertwende kaum aufgefallen, wenn ein moderner Glaseingang nicht weit in den Bürgersteig hineingeragt hätte. Schon seit mehr als 60 Jahren war das ehemalige Kaufmannshaus der Redaktionssitz des „Hochrhein-Kuriers“, einer der meistgelesenen Lokalzeitungen Baden-Württembergs.
    Der Eingang zur Redaktion befand sich am Seitenflügel des dreistöckigen Patrizier-Gebäudes. Die Tür war nicht verschlossen, und mit einem kräftigen Ruck stand Emma im halbdunklen kleinen Flur, an dessen hinterem Ende ein schweres hölzernes Treppengelände thronte. Die Treppe knarzte unter ihren Schritten, als sie die Stufen in den ersten Stock emporstieg. Schon auf dem Mittelabsatz empfing sie neben kaltem Zigarettenrauch verschieden lautes Stimmengewusel, schrilles Telefonklingeln und diffuse Geräusche von Druckern, Kopierern und Faxgeräten.
    â€žHier also arbeitest du!?“, begrüßte Emma, nachdem sie sich bei der Sekretärin, zwei Grafikern und einem Praktikanten – der gerade den Toner an einem Kopierer auswechselte – nach dem Büro von Thomas Albiez durchgefragt hatte, den zuständigen Redakteur für den Gemeindeverbund Weilheim, zu dem auch Nöggenschwiel und das angrenzende Witznautal gehört.
    â€žDas ist ja mal eine Überraschung“, antwortete Thomas Albiez mehr als erstaunt. „Was machst du denn hier?“
    â€žIch ...“ Doch weiter kam Emma nicht, als ein Mann in den Kopf zur Tür hineinsteckte. „Du, der Nägele macht es wohl nicht mehr lang. Wie ich gerade erfahren habe, wird der wieder notoperiert.“
    â€žDanke, Klaus, dass habe ich mir fast schon gedacht. Ich hole mir gleich noch ’ne Stellungnahme vom behandelnden Arzt ab und dann ist der Bericht für morgen fertig.“
    â€žThe show must go on, nicht wahr?“, fragte Emma, die aus eigener Erfahrung wusste, dass es längst die Zeit war, die bestimmte, welches Schicksal gerade welche Aufmerksamkeit verdiente.
    â€žAuch wenn einen der feige und hinterhältige Überfall auf Reinhold Nägele nicht kalt lässt, so muss morgen wieder eine neue Zeitung erscheinen. Und die Leute wollen wissen, wie es im Fall des Serienkillers vom Rosendorf weitergeht.“
    â€žMan spricht wohl gerade von nichts anderem mehr, oder?“, fragte Emma, die sich interessiert umschaute. Auf dem unauffälligen Metallschreibtisch thronte neben einer schwarzlakkierten Schreibtischlampe ein Computer-Monitor. Ansonsten waren außer der dazugehörigen Tastatur und Maus nur noch Thomas’ Schreibblock und ein genau dazu rechtwinklig angeordneter Kugelschreiber, der am Block angeklemmt war, zu sehen. Eingehende Faxe, Dokumente und Unterlagen zu aktuell recherchierten Fällen lagen in einer Ablage, die auf einem halb mannshohen Aktenschrank stand. Emma konnte weder einen Mülleimer noch eine Kaffeetasse oder ein Wasserglas erkennen. Sie sah auch keine Grünpflanze auf der Fensterbank stehen und auch die Wände waren nackt. Kein einziges Bild, Plakat, Poster oder das Titelbild einer besonders gut gelungenen Zeitungsausgabe schmückte den Raum, der in seiner tristen Anordnung kühl, steril und wenig einladend wirkte, wie Emma fand.
    So ein aufgeräumtes Büro habe ich noch nie gesehen, vor allem nicht bei einem Journalisten, wunderte sie sich, ehe sie von Thomas Albiez aus ihren Gedanken gerissen wurde.
    â€žJa, und wir haben auch noch nie eine so gute Auflage gehabt. Bisher waren die Ausgaben zum Rosenfest immer die mit der höchsten Auflage, weil auch viele Touristen sich die Ausgabe mit den Sonderseiten zum Fest und den vielen Fotos an den Kiosken und in den Geschäften kaufen.“
    â€žGibt es eigentlich Bilder von Charlottes Krönung zur Rosenkönigin und dem Rosenfest 1997?“, fragte Emma.
    â€žJa, sicherlich. Aber wie kommst du jetzt darauf?“
    â€žIch war heute bei Gerald, weil ich mit Reinhold Nägele sprechen wollte, als ich die vielen Bilder in der Galerie gesehen habe, und da ...“
    â€žHast du das Medaillon immer noch?“, unterbrach sie Thomas, der sah, wie Emma das kleine Schmuckstück vorsichtig aus der Tasche ihrer Jacke gefischt hatte.
    â€žIch wollte es Reinhold Nägele zurückgeben, schließlich gehörte es Charlotte.“
    â€žIch habe dir doch gesagt, dass es ihr niemals gehört haben kann. Aber wenn du mir nicht glaubst ...“ Thomas ging zum Metallschrank, zog kräftig an

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