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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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vor allem an seine muskulösen, kräftigen Arme, die jederzeit ein zartes Geschöpf wie Charlotte hätten erwürgen können. Ob er damals zu weit gegangen war? Vielleicht hatte er ihr nur wehtun, ihr einen Denkzettel verpassen wollen. Doch als er merkte, dass sie sich nicht mehr rührte, nicht mehr bewegte, da hat er Panik bekommen und musste sie verscharren. Und dabei hat ihn jemand beobachtet.
    Sie erstarrte. Wenn Maria es schaffte, Reinhold Nägele zu erpressen, vielleicht hat sie dann auch René unter Druck gesetzt, weil sie damals etwas gesehen hat, das sie besser nie hätte sehen sollen. Oder der alte Bauer hat etwas mitbekommen und es ihr gesteckt, als er durch Zufall René auf dem Friedhof hat stehen sehen. Und so musste René auch diese beiden beseitigen, da sie ihm hätten gefährlich werden können.
    Sie schluckte erneut. Wie sehr hatte sie sich gewünscht, dass René unschuldig war. Doch mehr und mehr musste sie erkennen, dass nur er es sein konnte, der Charlotte, Franz Marder und Maria Reisinger auf dem Gewissen hatte.
    Und Reinhold Nägele? Hatte er ihn auch töten wollen, weil er jahrelang Charlottes Geheimnis um ihre Affäre mit dem Rosenzüchter gedeckt hatte? Hatte Reinhold auch deshalb diese verleumderischen Geschichten – wie René es genannt hatte – erzählt?
    â€žJa, wusstest du das nicht? Das ist ein offenes Geheimnis bei uns. Aber anscheinend war er auch nicht der Richtige. So hat Franz Marder am Abend des Rosenballs einen Streit zwischen Richard und Charlotte mitbekommen, bei dem es heftig zur Sache gegangen sein muss. Letztendlich hat sie ihm wohl gesagt, sie beende diese Beziehung, denn sie werde demnächst Renés Frau.“
    â€žWas sie aber nie geworden ist“, erwiderte Emma, die die ganze Zeit vor Spannung an einem Stückchen Haut am Nagelbett ihres Daumens gekaut hatte.
    â€žDas sagt René, und ich glaube ihm.“
    â€žUnd wo ist sie dann?“ Roswitha Villinger saß immer noch wie versteinert am Tisch und schaute mit großen, leeren Augen Emma an. Doch bevor Emma irgendetwas erwidern konnte, antwortete Roswithas Schwester, die mit einer neuen Flasche Wasser aus der Küche kam.
    â€žIch sag’s ja: Sie liegt irgendwo vergraben und wartet darauf, endlich wachgeküsst zu werden.“

einundsechzig
    Es war einer dieser frustrierenden Abende, die man am besten ganz schnell vergessen möchte. In der Nöggenschwieler Mordserie kein entscheidendes Stück weitergekommen, das Landeskriminalamt im Nacken, die Presse vor der Brust und zu allem Überfluss hatte sich seine Mutter heute auch noch für das kommende Wochenende zum Besuch angemeldet. Mit Übernachtung natürlich.
    Franz-Josef Bannholzer saß an seinem Schreibtisch, spielte mit seiner Brille – die Büroklammern hatte seine Sekretärin vorsichtshalber weggeschlossen – und er wünschte sich, er wäre sein eigener Hund. Das Problem war nur, dass er gar keinen hatte und selbst die Verwandlung in ein anderes Wesen ihn nicht vor den sich immer stärker anwachsenden Problemen schützen würde.
    Dabei ging es ihm eigentlich noch ganz gut. Wenigstens körperlich. Denn als er heute Abend seinen Sohn im Krankenhaus besucht hatte, der dort wegen des Verdachts auf Blinddarmentzündung zur Beobachtung war, hatte er sich auf der Intensivstation auch nach Reinhold Nägele erkundigt, dessen Zustand stabil, aber nicht besser geworden war. „Wir müssen die nächsten 48 Stunden abwarten, dann können wir mehr sagen“, hatte ihm ein junger Stationsarzt mitgeteilt, der übernervös mit seinem blauen Kittel am Türgriff hängengeblieben war und sich dabei die Schutzbekleidung der Intensivmedizin so unglücklich aufgerissen hatte, dass er mit hochrotem Kopf davongerauscht war. Leute gibts, hatte Bannholzer gedacht und sich gefragt, ob er auf seine Mitarbeiter ähnlich hektisch wirkte und ob er sich dabei genauso trottelig anstellte wie dieser Assistenzarzt.
    Reinhold Nägele. Dieser Name ließ ihn schon seit Tagen nicht mehr los. Nur hatte er immer noch kein eindeutiges Bild von dem Mann, der diesen Namen bereits seit 61 Jahren trug. Und wie er so hilflos, fast schon leblos von Maschinen am Leben gehalten, in diesem klinisch sterilen Zimmer mit geschlossenen Augen dalag, dies hatte Bannholzer auch nicht weitergeholfen, Reinhold Nägele besser charakterisieren oder einschätzen zu

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