Und nie sollst du vergessen sein
herunterzukullern.
âIch weiÃ, sie hatte auch so ihre Macken, war vorwitzig, überaus neugierig und wollte immer das letzte Wort haben. Und sie hat sich auch liebend gern in alles eingemischt und die Leute auch schon mal anonym unter Druck gesetzt. Aber muss man sie deswegen gleich umbringen?â
âAnonym unter Druck gesetzt?â, fragte Emma, die sich augenblicklich an Geralds Worte erinnerte. Er hatte ihr vor einigen Tagen von den erpresserischen Liebesbriefen der Lädele-Verkäuferin erzählt. Wie sich nun also herausstellte, hatte er auch hier nicht übertrieben oder gar gelogen. Anscheinend hatte jeder im Dorf von ihren Erpressungsversuchen gewusst, und doch hatte sie niemand daran gehindert, geschweige denn ihr Einhalt geboten.
AuÃer einem.
Emma schluckte, als ihr bewusst wurde, dass sie ihre Intuition mal wieder nicht im Stich gelassen hatte. Maria war also â wie sie sich schon seit Tagen sicher war â dem Mörder und seinem schrecklichen Geheimnis sehr nahe gekommen, weswegen dieser sie â wie auch schon Franz Marder â hatte beseitigen müssen.
Und dennoch war da etwas, das nicht ganz zusammenpassen wollte. Denn der Einzige, der ein Interesse daran haben musste, dass der alte Bauer und die vorwitzige Lädele-Verkäuferin nicht mehr unter den Lebenden weilten, war Reinhold Nägele. Doch der lag mit schwersten Kopfverletzungen auf der Intensivstation des Waldshuter Krankenhauses.
âNa jaâ, Silvia schnäuzte sich ausgiebig und nahm einen kräftigen Schluck Wasser, ehe sie weitersprach: âIch habe vor einigen Tagen einmal nach ihrer Wohnung gesehen. Die Katze gefüttert, Blumen gegossen, die Post reingeholt. Das Ãbliche halt. Und als ich dann die Briefe auf ihre Kommode legen wollte, da ist mir ein von ihr geschriebener Brief aufgefallen, der am Telefon lag. Sie wollte ihn wohl nicht abschicken, auf jeden Fall hatte sie mir nicht gesagt, dass ich ihn in ein Kuvert stecken und zur Post bringen sollte.â
Silvia Trötschler hielt inne. Sie wischte sich eine weitere Träne aus ihrem Auge, räusperte sich und nahm erneut einen groÃen Schluck aus ihrem Wasserglas. âAuf jeden Fall war der Brief an Reinhold Nägele adressiert. Und da ich â wie sie eben auch â im Gemeinderat bin, ich meine, warâ, sie schniefte erneut, âhabe ich ihn gelesen. Es hätte ja sein können, dass man mich vergessen hat, hab ich mir gedacht. Doch als ich die ersten Zeilen las, da ist mir ganz anders geworden. Sie hat ihn nämlich erpresst. Sie hat wohl herausgefunden, dass der Reinhold krumme Geschäfte mit seinen Versicherungen und Aktien treibt und dass viele Leute im Dorf auf ihn hereingefallen sind. Mit am schlimmsten muss es aber den Franz erwischt haben, der dem Reinhold nämlich, so gutgläubig, wie er ja gewesen war, sein ganzes Geld anvertraut hatte. Auf jeden Fall, so konnte ich dem Brief entnehmen, muss sie ihm wohl ein letztes Ultimatum gestellt haben, indem er alles den Leuten und eben auch dem Franz in doppelter Höhe des Einsatzes zurückzahlen sollte, andernfalls würde sie zur Polizei gehen.â
âAber dann hätte doch eher Herr Nägele ein Motiv gehabt, sie umzubringen.â
Silvia schaute Emma mit groÃen Augen an.
âIch bin sicher, dass sie auch René erpresst hat. Die Polizei wird das schon herausfinden und dann ist er dran.â
âSie scheinen ihn nicht sonderlich zu mögen â¦â
âWie auch. Erst macht er meiner bildschönen Tochter den Hof, um sie dann wegen dieser Schlampe sitzen zu lassen.â
âSilvia.â Roswitha schrie fast auf, so ungehalten war sie über die Wortwahl ihrer Schwester.
âWas denn?â, schnaubte Silvia Trötschler verächtlich.
âUnd wenn das nicht schon genug wär. AnschlieÃend betrügt Charlotte René dann mit diesem alten Rosenzüchter. Da müssen ihm ja alle Sicherungen durchbrennen.â
Sie stockte. René. Natürlich. Wie er ihr erzählt hatte, wusste er bereits seit der Nacht des Rosenballs von Charlottes Affäre mit dem Engländer. SchlieÃlich war es Charlotte selbst gewesen, die René ihre Beziehung mit Richard Sutherfolk gebeichtet hatte. Ob er deswegen ausgerastet war und sich an ihr rächen wollte?
Und vielleicht dabei übers Ziel hinausgeschossen war?
Emma schluckte. Sie erinnerte sich an seinen entschlossenen Blick, die sportliche Figur und
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