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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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Stunden und Tage. Über die Menschen, die sie kennengelernt, über die Geschichten, die sie gehört, und die Sachen, die sie entdeckt hatte.
    Entdeckt, das war das Stichwort. Charlottes Affäre, Marias Erpressungen, den Verrat und die dadurch entstandene Illoyalität gegenüber Georg Villinger, Geralds Hass auf seine Familie, das Gewächshaus, das wie aus dem Nichts kommend in diesem Garten vor ihr aufgetaucht war und sich als ein Altar, als eine letzte Ruhestätte entpuppt hatte.
    Ruhestätte. Emma richtete sich abrupt in ihrem Bett auf. Das wars. Natürlich. Das Gewächshaus ist gar kein Treibhaus für Pflanzen oder ein Pavillon für empfindliche Rosen, damit diese den strengen Winter gut überstehen.
    Das Gewächshaus war ein Grab. Ein Grab mit unzähligen Rosen, ihrer Rose. „Remember me“.
    Emma fasste sich an den Kopf. Eine Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht und kitzelte sie an der Nase.
    Ein Grab der Erinnerung. Ein Grab für einen besonderen Menschen, den man unglaublich geliebt, verehrt, vergöttert haben muss.
    Ein Grab für eine Königin.

dreiundsechzig
Donnerstag, 22. November 2012
    Der Parkplatz hinter dem Direktionsgebäude war fast leer, als Franz-Josef Bannholzer seine silberne Limousine abstellte. Außer den Fahrzeugen der Kollegen von der Nachtschicht stand noch kein Wagen auf dem geteerten Platz, der zu Stoßzeiten gut und gerne 30 Fahrzeuge fassen konnte.
    Noch etwas schwerfällig stieg der Kriminalrat aus seinem Wagen. Er war hundemüde, brauchte dringend einen Kaffee und sah einfach nur fürchterlich aus. Die ganze Nacht hatte er neben seiner Frau am Bett ihres Sohnes gewacht, der gegen 2 Uhr endlich aus dem OP in den Aufwachraum geschoben worden war. Frederik war jedoch nach kurzem Erwachen wieder eingeschlafen und Bannholzer hatte es gegen 5.30 Uhr endgültig satt, zum Nichtstun verdammt zu sein. Vorsichtig hatte er sich aus dem Raum gestohlen. Der Kopf seiner Frau, die zwischenzeitlich eingeschlummert war, ruhte auf ihren Unterarmen. Frederiks Atem ging gleichmäßig und ruhig. Dabei hatten die Ärzte besorgte Gesichter gemacht, als Bannholzer gegen 23 Uhr in die Chirurgie gerannt gekommen kam.
    Es war Rettung in letzter Sekunde gewesen. Denn die Entzündung hatte sich bereits weit in den Blinddarm hineingefressen, wie man ihm mitgeteilt hatte, um ihn anschließend zum Warten zu verdammen. So war er ins Wartezimmer gegangen, immer noch aufgebracht vom Sprint durch die Klinik und die spärlichen Informationen der Mediziner, in dem er seine in Tränen aufgelöste Frau vorgefunden hatte. „Wie konnte das nur passieren? Was haben wir nur übersehen? Und was ist, wenn er nun ...?“ Diese und ähnliche Fragen hatte sie sich unentwegt gestellt, während er bemüht war, sie zu trösten. Dabei hätte auch er Worte des Beistands mehr als nötig gehabt, doch daran war in diesem Moment einfach nicht zu denken gewesen.
    So hatte er sich mit der Frage herumgeschlagen, wieso das gerade jetzt passieren musste, wo er alle Kraft und Energie in die aufzuklärenden Mordfälle und den aktuellen Mordversuch investieren musste. Ihm war klar, dass es darauf keine irdische Antwort gab. Also bemühte er sich mithilfe mehrerer Tassen wässrigen Kaffees aus dem Automaten im Foyer des ersten Stocks seine Gedanken zu ordnen, während er sich abwechselnd das friedliche, engelsgleiche Antlitz seines Sohnes und die angestrengten und verweinten Gesichtszüge seiner leise schlafenden Frau angesehen und dabei über den Sinn und vor allem über die Endlichkeit des Lebens nachgedacht hatte.
    Nun saß er in seinem Büro und schaute mit leerem Blick seine Tasse mit dem Schriftzug „Für Papa“ an, die ihm sein Sohn zum Nikolaustag des vergangenen Jahres geschenkt hatte. Was ist, wenn es dieses Jahr gar kein gemeinsames Nikolausfest mehr gibt?, dachte er und presste die Lippen zusammen, als sich eine Träne in seinem rechten Auge verlor.
    Er musste sich ablenken. Zwar hatten die vor ihm liegenden Mappen nicht den Reiz, dies auch nur annähernd zu schaffen, aber da er im Moment keine Alternative besaß, nahm er sich die oberste Akte vom Stapel.
    Es war erneut die Akte von Gerald Nägele. Ganz oben war der Ermittlungsbericht über das jüngste Verhör eingeheftet, bei dem der Kriminalrat selbst zugegen gewesen war. Die Vernehmung hatte nichts wirklich Neues ergeben und so wollte er die Akte

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